"Neben Reisewarnungen ist es vor allem die Gefahr von Lockdowns, welche die Wirtschaft ausbremsen könnte", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Der Dax verlor am Freitag 1,4 Prozent auf 12.426 Punkte und steuert damit auf einen Wochenverlust von mehr als fünf Prozent zu - das ist das größte Minus seit mehr als drei Monaten. Der EuroStoxx50 gab 1,3 Prozent nach auf 3119 Zähler. In den USA signalisierten die Futures ebenfalls einen schwächeren Handelsstart.

Für Gesprächsstoff sorgten die Bemühungen um ein weiteres Konjunkturpaket in den USA. "Die Demokraten wollen einen neuen Vorschlag präsentieren und Verhandlungen starten", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Die Chancen auf einen Deal vor der Präsidentenwahl im November sind zwar weiterhin gering, aber die Börsen reagieren positiv auf jeden noch so kleinen Fortschritt." Vom billionenschweren Corona-Hilfspaket sind nach Angaben von Finanzminister Steven Mnuchin und Notenbankchef Jerome Powell immer noch etwa 380 Milliarden Dollar ungenutzt.

Allerdings machen es die wachsenden Spannungen zwischen regierenden Republikanern und den oppositionellen Demokraten unwahrscheinlich, dass sich beide Seiten noch vor der Präsidentenwahl am 3. November auf ein neues Hilfspaket einigen. Ricardo Evangelista, Analyst beim Brokerhaus ActivTrades verwies auch auf die langsamere Erholung der Wirtschaft. "Kurzfristig lässt diese Unsicherheit den Dollar als sicheren Hafen attraktiver werden." Zu einem Währungskorb wertete der Greenback 0,2 Prozent auf und steuert auf seinen stärksten Wochengewinn seit Anfang April zu. Der Euro verlor im Gegenzug 0,4 Prozent an Wert auf 1,1626 Dollar.

Das parteipolitische Gezänk um ein neues US-Konjunkturpaket mache auch Anleihe-Anleger zu schaffen, schrieben die Analysten der Bank Unicredit. Daher würden sich die Bonds vorerst nicht aus ihrer engen Handelsspanne der vergangenen Wochen befreien können. Die zehnjährigen Bundesanleihen rentierten etwas niedriger bei minus 0,526 Prozent.

NIEDRIGZINSEN LASTEN AUF BANKAKTIEN


Die Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen und geringe Gewinnmargen im Kreditgeschäft vertrieb Anleger aus Finanzwerten. Der europäische Banken-Index fiel um 1,7 Prozent auf ein Rekordtief von 78,89 Punkten, die Papiere der Deutschen Bank notierten 2,2 Prozent schwächer. "Neue Restriktionen in Europa, geringere Unterstützung des Staats, auslaufende Liquiditätsimpulse und Wahl-Risiken sollten auf der Wirtschaft im vierten Quartal lasten", schrieben die Europa-Experten der Bank Barclays.

Am Pariser Aktienmarkt sorgte ein gut 30-prozentiger Kurssprung von Lagardere für Aufsehen. Damit steuerten die Aktien des Herausgebers der Zeitschrift "Paris Match" auf den größten Tagesgewinn seit mehr als 33 Jahren zu. Zuvor hatte Bernard Arnault, der reichste Mann Frankreichs, seine direkte Beteiligung an dem Unternehmen öffentlich gemacht. Darüber hinaus sei er über ein Investment-Vehikel des Firmenchefs Arnaud Lagardere mit knapp 13 Prozent an dem Konzern beteiligt. Damit stellte sich Arnault gegen den Milliardär Vincent Bollore, der den Medienkonzern Vivendi kontrolliert und das Unternehmen zerschlagen will.

In Deutschland legte Hensoldt ein enttäuschendes Börsendebüt hin. Die Aktien des Rüstungselektronik-Anbieters notierten mit 10,57 Euro zeitweise zwölf Prozent unter ihrem Ausgabepreis von zwölf Euro, der schon am unteren Ende der Angebotsspanne gelegen hatte.

rtr