Der weltbeste Aktienstratege, Mike Wilson von Morgan Stanley, warnt Anleger vor zu viel Euphorie. Warum er die Börsen nochmal nachgeben sieht, und warum der Bärenmarkt bald dennoch vorbei ist.

„Die Endphasen des Bärenmarktes sind immer die schwierigsten, und wir sind in höchster Alarmbereitschaft wegen falscher Signale“, schrieb Mike Wilson von Morgan Stanley in einer Notiz an Anleger. Und er fügt hinzu: „Es genügt zu sagen, dass wir nicht auf diese jüngste Rallye aufspringen, weil unsere Arbeit und unser Prozess so überzeugend bärisch auf sinkende Gewinne hinweisen.“

Der beste Aktienstratege der Wall Street

Dabei ist Mike Wilson nicht nur irgendwer. Jüngst wurde er als Aktienstratege Nr. 1 in der neuesten Institutional Investor-Umfrage ausgezeichnet. Und Wilson warnte bereits Ende 2021, als die meisten Analysten noch von kräftig steigenden Kursen für 2022 ausgingen, dass die Kombination aus hohen Zinsen der Notenbanken und einem sich verlangsamenden Wachstum bärisch auswirken. Und er hatte Recht. Zudem warnte er US-Anleger bei jeder Zwischenrally davor, zu optimistisch zu werden. Und er hatte Recht, weil jede Rallye im S&P 500 und im Nasdaq wieder abverkauft wurden. Doch was denkt Mike Wilson zum jetzigen Marktgeschehen? Und was sollten Anleger tun?

Das ist Wilsons Szenario

Die Wall Street erwartet einen Gewinn je Aktie von 228 Dollar für den S&P 500 in 2023. Dies würde ungefähr zu einem KGV von 17,7 führen. Doch Mike Wilson von Morgan Stanley geht eher von einem Gewinn je Aktie von 195 Dollar aus. Und dann wäre der S&P 500 aktuell mit einem KGV von 20,6 bewertet, was durchaus etwas hoch ist. „Unsere Arbeit zeigt eine weitere Erosion der Einnahmen, wobei die Kluft zwischen unserem Modell und den Schätzungen so groß ist wie nie zuvor“, schrieb er. „Die letzten beiden Male, als unser Modell so weit unter dem Konsens lag, fiel der S&P 500 um 34 Prozent und 49 Prozent", warnt Wilson.

Der Morgan Stanley geht sogar davon aus, dass der S&P 500 auf rund 3000 Punkte im ersten Halbjahr 2023 einbrechen kann. Vom jetzigen Niveau aus wäre dies ein Einbruch von rund 25 Prozent. Doch er sieht auch Chancen für Anleger. Denn dadurch ergäben sich "hervorragende Kaufgelegenheiten", denn dann sei der Bärenmarkt vorüber und der neue Bullenmarkt würde beginnen. Bis Ende 2023 sollte der S&P 500 dann Wilsons Meinung nach bis auf 3.900 Punkte steigen. Und auch die Zinsen machen Hoffnung:

Das Zins-Szenario

Bank of America

Denn die obige Grafik zeigt, das der Markt einen Zinsgipfel im Juni 2023 bei 4,90 Prozent in den USA erwartet. Deswegen klingt es durchaus plausibel, dass die Märkte bis dahin unter Druck stehen und sinken. Doch danach sollen wiederum die Zinsen sinken, was eine Rallye im zweiten Halbjahr befeuern könnte. 

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