Lenkt man den Blick auf das Positive in dieser Niedrigzinsphase, gelangt man direkt zu den Bauherren und Immobilienkäufern. Baugeld ist extrem billig. Einen Immobilienkredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren gab es im November unter Umständen schon für etwas mehr als 0,5 Prozent. "Wer sein Traumobjekt gefunden hat, sollte nicht auf noch niedrigere Konditionen spekulieren, sondern die Finanzierung ruhig festzurren und die Zinsen möglichst langfristig sichern", rät Mirjam Mohr, Vorständin beim Baugeldvermittler Interhyp. Ganz klar: Selbst ein Zinsanstieg um wenige Zehntelprozentpunkte kann ein Immobiliendarlehen - abhängig von der Kredithöhe - um mehrere Tausend Euro verteuern. Die Expertin warnt aber auch, dass kein Anlass für einen übereilten Kauf bestehe. Es ist wohl nicht absehbar, dass sich das Zinsniveau ändert. "Zinserhöhungen durch die Notenbanken sind nicht zu erwarten. Die Leitzinsen bleiben niedrig", sagt denn auch Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Er geht davon aus, dass der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) am Jahresende 2021 weiterhin bei null Prozent stehen wird. Während angehende Immobilienkäufer sich über solche Prognosen wohl freuen, sind konservative Sparer zunehmend frustriert. Spareinlagen werfen also auch künftig kaum Rendite ab.

Keine gute Nachricht für die Deutschen, denn sie gehören zu den eifrigen konservativen Sparern. 2019 lag die Sparquote bei knapp elf Prozent. Im Jahr 2020 werde sie auf 16 Prozent steigen, prognostizieren die Analysten der DZ Bank. "Auf vielen Girokonten wachsen die Guthaben", heißt es beim Deutschen Giro- und Sparkassenverband. Die Gründe dafür sind vielfältig: Während des Lockdowns haben die Menschen generell weniger ausgegeben, teure Reisen waren kaum möglich. Hinzu kommt, dass größere Anschaffungen in unsicheren Zeiten lieber verschoben werden. Mittlerweile soll hierzulande über eine Billion Euro nur auf Girokonten liegen. Das Problem: Parken die Banken Geld bei der EZB, zahlen sie Strafzinsen. Zwar haben die Währungshüter mit der letzten Zinssenkung auf minus 0,5 Prozent einen gewissen Freibetrag für die Geschäftsbanken eingeführt, aber angesichts der hohen Sparquote befinden sich die Geldhäuser in einem Dilemma. Das bekommen nun die Kunden zu spüren. Etwa 240 Institute würden mittlerweile Negativzinsen im Privatkundenbereich kassieren, schreibt das Finanzportal Biallo. Banken und Sparkassen berechnen Privatkunden mit höheren Guthaben auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto oft sogenannte Verwahrentgelte. Meist verlangen sie 0,5 Prozent. In der Regel existieren Freibeträge, nur einzelne Geldhäuser sollen schon ab dem ersten Euro Strafgeld berechnen.

Kleiner Gewinn. In den vergangenen Jahren knabberte die Inflation zusätzlich am Ersparten. Fachleute der Direktbank Comdirect berechnen regelmäßig den Realzins, den konservative Sparer erwirtschaften - es ist der tatsächliche Zins nach Abzug der Inflation. "Durch die im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise eingeführte Mehrwertsteuersenkung ist die Inflationsrate im dritten Quartal ins Negative gerutscht", erklärt Matthias Hach, Vorstand bei der Comdirect Bank. Sie lag bei minus 0,09 Prozent. In Kombination mit den Zinsen auf die Ersparnisse der Deutschen führte dies immerhin zu einem positiven Realzins von 0,21 Prozent, dem höchsten Wert seit fünf Jahren. Wenn die Umsatzsteuer wieder steige, dürfte die Inflation anziehen, sagen Experten.

Wer sein Erspartes konservativ anlegen möchte, kann eigentlich nur als Neukunde von Lockofferten profitieren. Zuletzt zahlten etwa die OpenBank und die Renault Bank direkt 0,5 Prozent auf ihre Tagesgeldkonten. Die italienische FCA Bank, ein Gemeinschaftsunternehmen des italienisch-amerikanischen Autoherstellers Fiat Chrysler und der französischen Bank Crédit Agricole, zahlt für ein einjähriges Festgeld ein Prozent. Die Beispiele zeigen, dass meist Töchter ausländischer Institute mit besseren Konditionen aufwarten. Internetplattformen wie Zinspilot, Savedo und Weltsparen agieren als Vermittler, wenn jemand Vermögen bei verschiedenen Banken im In- und Ausland anlegen möchte. "Das Interesse ist groß, unser Kundenstamm wächst kontinuierlich", sagt Matthias Klaubert, verantwortlich für den Bereich Partnerbank Management & Operations beim Portal Weltsparen. "Trotz der Corona-Krise hat es keine auffälligen Umschichtungen bei den Sparern gegeben", berichtet er. Das wichtigste Kriterium für die Kunden bleibt die Höhe des offerierten Zinses. "Schon leichte Zinsbewegungen führen dazu, dass Anleger die Bank wechseln, was über die Plattform leicht möglich ist", sagt er. Wer sein Geld zwischen den Banken hin- und herschiebt, sollte sich das jeweilige Land gut anschauen. Generell gilt: Wenn ein Geldhaus insolvent wird, haben Kontoinhaber in der Europäischen Union einen Rechtsanspruch darauf, bis zu 100000 Euro - für Ehepaare 200000 Euro - zurückzubekommen. Das gilt für Guthaben auf Giro-, Tages- und Termingeldkonten. Je schlechter die Kreditwürdigkeit eines Staates ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Sicherungssysteme nicht funktionieren. Wer sich vor unliebsamen Überraschungen schützen will, muss aufpassen. Das gilt auch bei der Wahl des Girokontos. Die Konten haben sich deutlich verteuert. "Von 2015 bis 2019 summierten sich die Preissteigerungen auf 25 Prozent", teilte das Statistische Bundesamt kürzlich mit.

Service kostet. Verbraucher können nur schwer vergleichen, welches Konto wirklich günstiger ist. Die Preise für Serviceleistungen variieren von Bank zu Bank. Bei vielen Konten entfällt zum Beispiel der monatliche Grundpreis, wenn regelmäßig ein Mindestbetrag an Gehalt, Rente, Arbeitslosengeld oder BAföG eingeht. Vor einem Wechsel sollte man am besten das eigene Nutzerverhalten unter die Lupe nehmen und überlegen, auf welche Leistungen man besonders angewiesen ist. Die sollten bei dem neuen Anbieter möglichst gar nichts kosten oder günstig ausfallen.

Die FMH-Finanzberatung hat für die Redaktion von €uro einen Überblick über die Konditionen verschiedener Girokonten erstellt (siehe Tabelle unten). Um einen möglichst breiten Querschnitt zu zeigen, sind die Gebühren von überregionalen Banken, Direktbanken, Regionalbanken und nachhaltigen Instituten aufgelistet. Umfragen und Untersuchungen belegen immer wieder: Für viele Verbraucher werden Umweltkriterien und ethische oder soziale Aspekte immer wichtiger. Das Einlagevolumen bei Nachhaltigkeitsbanken sei noch klein, nehme aber stetig zu, teilte der Verband Forum Nachhaltige Geldanlagen kürzlich mit. Der Fokus der Tabelle liegt aber auf den Angeboten ohne monatliche Gebühr. Die Auflistung zeigt, dass sich dabei regionale Anbieter und Direktbanken besonders hervortun. Einzelne Institute knüpfen die Beitragsfreiheit an einen Mindestgeldeingang. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Girocard und die Kreditkarte möglichst nichts kosten.

Mitunter locken Anbieter mit Extras. Die Hypovereinsbank bietet neuen Kunden ihr PlusKonto für fünf Jahre umsonst an und offeriert zusätzlich einen Prämiengutschein über 100 Euro. Andere Geldhäuser bieten sogenannte Startguthaben an. Bei der 1822direkt bekommen Kunden 100 Euro, wenn monatlich mindestens 1000 Euro Gehalt aufs Konto fließen. Bei der Postbank zahlen Kunden bis 31. März 2021 für das Giro direkt keine monatlichen Gebühren, wenn sie gleichzeitig ein anderes Produkt nutzen. Die Beispiele zeigen, wie vielfältig die Tarife sind. Egal wie die Zinsen sich entwickeln, Verbraucher müssen vor dem Kontowechsel ins Kleingedruckte schauen. Das gilt für alle Banken.