Die Standardwerte am deutschen Aktienmarkt haben nicht gerade den besten Jahresstart erwischt. Der Dax tut sich bisher jedenfalls schwer, richtig in die Gänge zu kommen. Bei Metzler Capital Markets gehen die Strategie-Analysten Uwe Hohmann und Hendrik König aber davon aus, dass ein starker Binnenkonsum und die Abwertung des Euro derzeit vielen deutschen Unternehmen in die Hände spielen.

Zudem stehe die Wirtschaft Deutschlands innerhalb der Eurozone vergleichsweise gut da. Das bestätigen mehrere wichtige Wirtschaftsindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex, die Konjunkturerwartungen des ZEW Mannheim sowie der GfK-Konsumklimaindex. Die starke Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar und der rasche Verfall des Ölpreises wirkten stimulierend auf die deutsche Wirtschaft. Hinzu kämen eine relativ geringe Arbeitslosigkeit und eine sinkende Sparquote - beides habe dem Konsumklima zu dem höchsten Stand seit acht Jahren verholfen. Überdies dürfte die niedrige Inflationsrate zusammen mit steigenden Löhnen die Konsumneigung weiter anfachen.

Weniger optimistisch sind die Metzler-Analysten für die übrige Eurozone. Namentlich in Italien und Frankreich erhole sich die Wirtschaft wegen des Reformstaus kaum, und auch das Misstrauen in die politische Führung in mehreren Euroländern erschwere eine Rückkehr zu einem soliden Wachstumskurs. Dennoch schließen die Metzler-Analysten eine leichte zyklische Erholung für die Eurozone im ersten Quartal nicht aus, ebenfalls begünstigt vom schwachen Euro und vom niedrigen Ölpreis. "Reformen anzustreben, darf aber nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben. Erst wenn sie wirklich umgesetzt werden, kann sich die Wirtschaft in der Eurozone nachhaltig erholen", so Hohmann und König.

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Die derzeitigen rollierenden 12-Monats-Konsensusschätzungen für den Gewinn je Aktie lassen auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis für den DAX 30 von 12,6 schließen. Mit Blick auf den durchschnittlichen Wert seit 2007 von 11,2 dürfen nun aber weder die Gewinnentwicklung noch die von den Marktteilnehmern erwarteten geldpolitischen Maßnahmen der EZB enttäuschen, geben Hohmann und König zu bedenken. Insbesondere eine konkrete Ankündigung weiterer unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen (zum Beispiel der Erwerb von Staatsanleihen) könne jedoch das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf 13,5 steigen lassen.

Die größten Kurschancen im ersten Quartal 2015 sieht Metzler Capital Markets bei zehn DAX-Unternehmen. Die Liste der "Top Ten" enthält in erster Linie Unternehmen, die zumindest von einem der beiden Trends profitieren dürften, die laut Hohmann und König im ersten Quartal des neuen Jahres eine wichtige Rolle spielen: die ungebrochene Konsumlaune im Heimatmarkt Deutschland und die laufende Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Ein starkes Standbein in den USA sei zudem von Vorteil, da die USA unverändert der Motor der Weltwirtschaft bleiben dürften.

Zurückhaltung empfehlen die Metzler-Strategie-Analysten hingegen für die Titel der Deutschen Telekom, der Linde Group, der Software AG, von Symrise und Talanx. Wir konzentrieren uns aber auf die Favoriten von Metzler und stellen auf den nächsten fünf Seiten jene fünf Titel vor, denen das größte Kurspotenzial zugebilligt wird. Die Kursziele liegen dabei zwischen 18 und fast 39 Prozent über den aktuellen Kursen. Neben den fünf Werten mit den besten Kursaussichten werden auch K+S, MTU Aero Engines, Axel Springer, Deutsche Börse und Hugo Boss weitere Kursavancen zugetraut.

Auf Seite 3-7: Die Favoriten im Überblick



Bayer AG



Zu einer der Kursraketen am deutschen Aktienmarkt hat sich in den vergangenen Jahren die Aktie der Bayer AG gemausert. Die Kurssteigerungen haben sogar dazu geführt, dass die Gewichtung dieses Titels im Dezember leicht über der für DAX-Mitglieder gültigen Kappungsgrenze von zehn Prozent lag und die Bayer-Gewichtung auf diese zehn Prozent-Obergrenze zurückgesetzt werden musste.

Gefragt ist das Unternehmen an der Börse deshalb, weil beim Umbau des Gesundheits- und Agrarchemiekonzern schon viele Fortschritte erzielt werden konnten. Der Vorstand zählt das Pharmageschäft zu einem der am schnellsten wachsenden Unternehmen weltweit mit führenden Marktpositionen in Schlüsselindikationen. So belege man beim Geschäft mit rezeptfreien Produkten weltweit Platz zwei. Im Agrargeschäft werde Erfolge unter anderem mit Mitteln gegen pilzliche Erkrankungen wie Mehltau und Lagerfäule verbucht und einem Unkrautvernichtungsmittel, das das weltweit wichtigste Getreide Mais schützen soll. Im Pflanzenschutz sieht man sich weltweit auf Rang zwei, im Saatgutgeschäft auf Platz sieben. Auch im CropScience-Bereich sei das Unternehmen eines der wachstumsstärksten weltweit.

Die Anleger sehen das ähnlich und mit ihren Käufen haben sie die Bayer-Aktien in der jüngeren Vergangenheit von einem Rekordhoch zum nächsten gehievt. Das Ende der Rekordjagd sieht auch Analyst Peter Steiner von Metzler Capital Research trotzdem noch immer nicht erreicht. Basierend auf einem Bewertungsansatz, der aus einem abgezinsten Cash-Flow-Modell besteht sowie aus der Summe der Einzelteile errechnen sie ein Kursziel von 134,00 Euro. Gemessen am aktuellen Kurs ergibt sich daraus ein Kurspotenzial von 18,4 Prozent.

Die bestehende Kaufempfehlung basiert dabei auf der Annahme von einem anhaltenden Wachstum. Der Umsatz soll demnach von 2013 bis 2016 kontinuierlich von 40,157 Milliarden Euro auf 47,940 Milliarden Euro steigen. Beim Gewinn je Aktie wird im gleichen Zeitraum mit einer Verbesserung von 5,61 Euro auf 8,11 Euro gerechnet. Für 2016 würde sich das KGV damit bei knapp 14 bewegen. Gefallen findet Steiner außerdem am Transformationsprozess hin zu einem reinen Life Science-Unternehmen. Phantasie beinhalte die bis Mitte 2015 geplante Trennung von der Kunststoffsparte Material Science, sowohl auf der Kauf- als auch auf der Verkaufsseite sei aber auch noch mit weiteren Aktivitäten zu rechnen.



Volkswagen AG



Ganz anders als Bayer hat sich die Aktie der Volkswagen AG zuletzt als Ladehüter erwiesen. Der Kurs der im Dax enthaltenen Vorzugsaktien bewegt sich derzeit lediglich auf einem bereits Ende Januar 2013 gültigen Niveau. Erklären lässt sich das mit der zuletzt allgemein eher zurückhaltenden Einstellung der Marktteilnehmer gegenüber dem Autosektor. Bei Volkswagen kommt aber auch noch eigene Probleme hinzu wie eine operative Marge in der Kernmarke Volkswagen Pkw, die sich zum Ende des dritten Quartals mit 2,3 Prozent auf einem nicht zufriedenstellenden Niveau bewegte.

2014 hat der Konzern mit der Marke Volkswagen zwar im zehnten Jahr in Folge einen Absatzrekord erzielt. Konkret wurden 6,12 (6,02) Millionen Fahrzeuge mit dem Volkswagen-Emblem verkauft. Der Vertriebsvorstand bezeichnete das Marktumfeld aber trotzdem als herausfordernd und daran dürfte sich auch 2015 nichts ändern. Er vertrat aber auch die Meinung, mit dem Klassiker Golf und dem neu aufgelegten Passat sei die Marke bestens vorbereitet auf die schwierige Lage.

Das ist eine Haltung, die auch der erfahrene Metzler-Auto-Analyst Jürgen Pieper teilt. Er setzt auf neue Produkte und Kosteneinsparungen (das Unternehmen hat sich für die nächsten drei Jahre Einsparungen von rund fünf Milliarden Euro zum Ziel gesetzt). Beides solle dabei helfen, die Gewinnspannen zu verbessern. Er selbst geht in seinem Zahlenwerk von 2013 bis 2016 von einem Anstieg der operativen Marge von 5,9 Prozent auf 7,0 Prozent aus. Nach einem aus seiner Sicht überzeugend ausgefallenen dritten Quartal 2014 hatte Pieper das Kursziel für die VW-Vorzugsaktien von 220 auf 230 Euro erhöht. Damit hätte der Titel bei Zielerreichung 27,1 Prozent Luft nach oben.

Beim Gewinn je Aktie geht Pieper von einer Verbesserung von 18,65 Euro auf 26,00 Euro im Zeitraum von 2013 bis 2016 aus. Für 2017 errechnet sich daraus ein KGV von knapp sieben. Laut dem Metzler-Analysten weist VW damit einen deutlichen Bewertungsabschlag gegenüber den Branchenkonkurrenten auf, der über dem Durchschnittsniveau der vergangenen fünf Jahre liege.



Wacker Chemie AG



Ähnlich wie Volkswagen bewegt sich auch der Aktienkurs von Wacker Chemie mittelfristig gesehen im charttechnischen Niemandsland. Zuletzt ist die Notiz des Spezialchemiekonzerns, dessen Produkte in der Solarenergie, bei elektronischen Gütern sowie bei Pharma- und Pflegeprodukten Einsatz finden, sogar wieder etwas unter Druck gekommen. Dabei sind die Zahlen für das dritte Quartal 2014 ganz gut ausgefallen. Dank höherer Absatzmengen in vielen Produktbereichen und teilweise besserer Preise konnten die Münchner darauf aufbauend die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr 2014 sogar anheben.

Noch im Dezember hatten J.P. Morgan und die Commerzbank ihre Kursziele für den MDAX-Vertreter auf 96 Euro und 125 Euro erhöht. Geholfen hat das der Notiz zuletzt aber nicht. Denn es gibt am Markt auch kritische Stimmen. Für Verunsicherung sorgten zuletzt strengere Vorgaben der japanischen Regierung für die Einspeisung von Solarstrom. Diese könnten zu einem Risiko für die Solarbranche werden du es drohe möglicherwiese ein Rückgang der Nachfrage nach Polysilizium, verbunden mit Preisrückgängen.

Metzler-Analyst Lars Hettche hält aber an dem im Oktober von 107 auf 130 Euro erhöhten Kursziel fest. Behält er damit Recht, winkt Anlegern bei Zielerreichung ein Kursplus von 40,6 Prozent. Zur Begründung verweist Hettche auf das gut verlaufene dritte Quartal. Dazu hätten nicht nur alle Bereiche eine starke Performance beigetragen, sondern der Vorstand habe auch die EBITDA-Prognose von 904 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro erhöht. Auch er hat daraufhin seine Gewinnschätzungen erhöht und dabei die Annahme einer höheren Profitabilität im Bereich Polysilizium sowie geringere Steuersätze mit einfließen lassen.

Für den Metzler-Analyst ist Wacker-Chemie der Top-Tipp aus dem Chemiesektor. Dazu machten den Titel ein anhaltend hohes Gewinnwachstum sowie eine attraktive Bewertung. Hettche sieht in seinen Vorhersagen den Umsatz von 2013 bis 2016 von 4,479 Milliarden auf 5,542 Milliarden Euro steigen und den Gewinn je Aktie im gleichen Zeitraum von 0,05 Euro auf 5,65 Euro. Daraus errechnet sich für 2016 ein KGV von 15,1.



Hochtief AG



Nicht viel zu erben gab es für Anleger in den vergangenen Jahren bei Hochtief, dem viertgrößten Baudienstleister weltweit, der mehrheitlich zum spanischen Baukonzern ACS gehört. Die Investoren halten sich vermutlich auch deshalb zurück, weil man unsicher ist, wie schnell und wie gut sich die eingeleitete strategische Neuausrichtung bezahlt machen wird.

In den ersten neun Monaten des Vorjahres stieg der um Einmaleffekte bereinigte Vorsteuergewinn aber um 17 Prozent auf 476 Millionen Euro und netto wurden bereinigt mit knapp 186 Millionen Euro rund 36 Prozent mehr verdient. Allerdings lag der Auftragseingang mit 17,5 Milliarden Euro deutlich unter dem Vorjahreswert von 20,2 Milliarden Euro. Zur strategischen Neuausrichtung sagte der Vorstand aber, man komme voran. Das scheint auch nach wie vor der Fall zu sein. Zumindest spricht dafür die jüngste Meldung, wonach die wichtigste Tochter Leighton aus Australien den Verkauf von 50 Prozent des Servicegeschäfts vollzogen hat und somit offenbar zügig mit den Verkäufen von Nicht-Kerngeschäftsaktivitäten vorankommt.

Zuversichtlich in Sachen Restrukturierung ist auch Metzler-Analyst Stephan Bauer gestimmt. In dieser Einschätzung sieht er sich auch durch die Drittquartalszahlen bestätigt, die aus seiner Sicht besser als erwartet ausgefallen sind. Er verweist zudem auf den erfolgreichen Abbau von Schulden, ein Trend, der sich aus seiner Sicht weiter fortsetzen sollte. Er rechnet jedenfalls mit weiteren Asset-Verkäufen und zudem mit einer Wende zum Besseren bei den Aktivitäten in Europa. Geht diese Rechnung auf, könnte sich dies als Kurskatalysator für die Aktie erweisen.

Seine Kaufempfehlung für den MDAX-Vertreter hat Bauer mit einem Kursziel von 75 Euro versehen. Verglichen mit der aktuell gültigen Notiz ergibt sich daraus theoretisch ein Kurspotenzial von 29,0 Prozent. Die Kaufempfehlung basiert auf der Annahme deutlicher Gewinnsteigerungen in den kommenden Jahren. So soll der Gewinn je Aktie von 2013 bis 2016 von 2,37 Euro auf 4,69 Euro steigen. Mit Blick auf die Ergebnisprognose für 2016 ergibt sich daraus ein KGV von 12,4.



E.ON SE



Eines der größten Sorgenkinder unter den DAX-Mitgliedern war in den vergangenen Jahren der Versorger EON. Der Titel musste seit Ende 2007 massive Kursverluste hinnehmen und die Erklärung dafür ist leicht. Wie dem Konkurrenten RWE hat dem Unternehmen die Energiewende in Deutschland arg zugesetzt. Bisher haben die Branchenvertreter auf die dadurch für sie komplett veränderte Ausgangslage keine passende Antwort gefunden. EON versucht sein Glück jetzt mit der Anfang Dezember angekündigten Aufspaltung in zwei Teile. Das Geschäft mit Gas, Kohle und Atomkraft soll demnach in eine neue Gesellschaft ausgegliedert werden. Stattdessen will sich der Konzern auf das Geschäft mit Erneuerbaren Energien konzentrieren.

In einer ersten Reaktion kam dieser Schritt trotz einer gleichzeitig angekündigten Dividendenkürzung auf 0,50 Euro je Aktie (Dividendenrendite 3,83 Prozent) an der Börse zwar gut an, in der Zwischenzeit sind die Kurse aber wieder abgerutscht. Damit spielt auch eine Rolle, dass im Inland trotz der Pläne noch längst nicht alle Probleme bereinigt sind, vor allem aber hat EON auch im Ausland mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. So musste die brasilianische Beteiligung des Energiekonzerns Gläubigerschutz zur wirtschaftlichen Restrukturierung beantragen, in Russland macht der schwache Rubel zu schaffen und auf das Südeuropa-Geschäft mussten Milliarden Euro abgeschrieben werden.

Bei der ältesten deutschen Privatbank im ununterbrochenen Familienbesitz ist der zuständige Analyst Guido Hoymann von den Aufspaltungsplänen aber weiterhin sehr angetan. Aus seiner Sicht ändert sich dadurch das Risikoprofil der Gesellschaft erheblich und es werde ein Mehrwert geschaffen. In Reaktion auf das Vorhaben erhöhte er sein Kursziel basierend auf einer Berechnung des Wertes der Einzelteile von 12,80 auf 18,10 Euro. Nach einem deutlichen Verlust im abgelaufenen Jahr hält er 2016 ein Ergebnis je Aktie von 1,06 Euro für möglich (KGVe: 11,99). Behält Hoyman mit seiner Kursprognose Recht, hätte der Titel ein Kurspotenzial von 38,7 Prozent.