Thyssenkrupp steht vor einem unverhofften Geldsegen: Durch einen cleveren Deal mit TK Elevator und die Abspaltung der Marinesparte könnten Milliarden in die Kasse fließen – mehr als zwei Drittel des aktuellen Börsenwerts! Doch nicht überall läuft es rund: Auch harte Einschnitte stehen bevor. Was Anleger jetzt wissen müssen.
Bei Fußballtransfers erhalten die abgebenden Vereine oft Jahre später noch Nachschläge, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind: etwa wenn der verkaufte Spieler in die Nationalmannschaft berufen wird oder sein neuer Klub einen internationalen Wettbewerb erreicht. Nicht direkt vergleichbar, aber ähnlich könnte es nun bei Thyssenkrupp laufen. Dem MDAX-Konzern werden aller Wahrscheinlichkeit nach unverhofft vier Milliarden Euro in die Kasse fließen.
Thyssenkrupp hatte seine Aufzugssparte 2020 für 17,2 Milliarden Euro an ein Konsortium aus den Beteiligungsgesellschaften Advent, Cinven und der deutschen RAG-Stiftung (ehemals Ruhrkohle) verkauft. Was kaum jemand auf der Rechnung hat: Der Konzern behielt einen Minderheitsanteil von rund 19 Prozent an TK Elevator, wie die Aufzug- und Rolltreppensparte mittlerweile heißt. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters wollen die neuen Mehrheitseigentümer TK Elevator im nächsten Jahr verkaufen oder an die Börse bringen und dabei mindestens 20 Milliarden Euro erlösen. Wenn der Plan aufgeht, würde das für Thyssenkrupp Einnahmen von mindestens 3,8 Milliarden Euro bedeuten, in einem positiven Marktumfeld möglicherweise auch mehr als vier Milliarden Euro. Die Börse bewertet den Essener Stahl- und Technologiekonzern insgesamt nur mit knapp sechs Milliarden Euro. Die Restbeteiligung an TK Elevator steht mit einem Wertansatz von rund einer Milliarde Euro in der Bilanz.
Abspaltung der Marinesparte noch 2025
Zudem will Vorstandschef Miguel López noch in diesem Jahr die Rüstungstochter Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) an die Börse bringen, die U-Boote und andere Kriegsschiffe baut. Allein TKMS könnte nach Einschätzung von Analysten im aktuellen Marktumfeld so viel wert sein wie die Marktkapitalisierung des Gesamtkonzerns. Erst kürzlich hatte die in Kiel beheimatete Marinesparte angekündigt, gemeinsam mit der führenden italienischen Werft Fincantieri U-Boote zu bauen, die dem philippinischen Militär zum Kauf angeboten werden sollen. Insgesamt beschäftigt Thyssenkrupp Marine Systems 8000 Menschen an den Standorten Kiel, Wismar und Itajaí (Brasilien). Unterstützung bei den IPO-Plänen erhält TKMS-Chef Oliver Burkhard vom neuen Finanzchef Axel Hamann, der vor Jahren für Bayer den Börsengang des Kunststoffkonzerns Covestro organisiert hatte. Gelingen die beiden Transaktionen, dürfte Hamann kein Problem haben, die Kasse zu füllen. Er folgt zum 1. Mai auf Jens Schulte, der nach nicht mal einem Jahr auf eigenen Wunsch zur Deutschen Börse wechselt.
Weg mit den Hüttenwerken
Im Zuge der Restrukturierung will sich Thyssenkrupp auch von dem 50-prozentigen Anteil am Zulieferer für Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) trennen. Die Stahlsparte Thyssenkrupp Steel hat bereits angekündigt, den Ende 2032 auslaufenden Liefervertrag nicht zu verlängern, was heftige Proteste der HKM-Belegschaft in Duisburg zur Folge hatte. Sollte ein Verkauf von HKM (etwa an die Miteigentümer Salzgitter oder Vallourec) nicht gelingen, sei auch die Schließung denkbar, hieß es seitens Thyssenkrupp Steel.
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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Thyssenkrupp.