Nachhaltig wirtschaften, ohne den unternehmerischen Erfolg aufzugeben: Viele Firmen handeln mittlerweile verantwortungsbewusster. Für sie ist dies mehr als öffentlichkeitswirksame Imagepflege, sondern ein Schlüssel für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Auch bei Investoren findet nachhaltiges Anlegen immer mehr Anklang - sicher auch, weil es sich lohnt: War vor Jahren die Meinung weit verbreitet, dass Nachhaltigkeit Rendite kostet, beweisen zahlreiche Studien das Gegenteil.

Firmen, die etwa ressourcenschonend arbeiten, sind langfristig erfolgreicher und liefern an der Börse die bessere Performance. Längst befinden sich nachhaltige Geldanlagen auf der Überholspur. Nach jüngsten Erhebungen der Ratingagentur Scope stieg das Volumen 2017 in Deutschland um 29 Prozent auf rund 419,5 Milliarden Euro.

Insgesamt können Anleger aus etwa 460 Publikumsfonds wählen. Diese orientieren sich an bestimmten Kriterien, wie sie Ratingagenturen wie MSCI, Imug, Oekom Research oder RobecoSAM definieren. Hierfür fließen neben wirtschaftlichen Daten auch Informationen über Umwelt- und Sozialstandards ein.

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Transparenter und ökologischer



Die Nachhaltigkeit zeigt sich in verschiedenen Facetten, etwa wie Unternehmen endliche Ressourcen im Produktlebenszyklus oder bei der Wiederverwertung einsetzen oder welche Auswirkung unternehmerische Entscheidungen auf Umwelt und Gesellschaft haben. Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch die Frage, welche Technologien und Produkte Firmen entwickeln, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen.

Als Nachhaltigkeitsfilter für Firmen und Investoren haben sich die sogenannten "Environment Social Governance"(ESG) Kriterien etabliert. Sie stehen für ökologische und soziale Parameter und für eine gute Unternehmensführung. Dazu zählt etwa, dass Unternehmen Korruption zu unterbinden versuchen und langfristiges Wachstum im Auge haben, auch wenn das bedeutet, dass kurzfristige Gewinnchancen nicht immer umgesetzt werden.

"Die Governance steht am Anfang der Wertschöpfungskette für nachhaltiges Investieren. Setzt die Unternehmensführung hier die richtigen Prioritäten, so hat das auch auf soziale und ökologische Aspekte positive Auswirkungen", meint Eric Wiegand, Leiter Xtrackers ETF Strategie Europa und Asien bei der DWS. Dass Investieren nach ESG-Kriterien kein kurzlebiger Trend ist, verdeutliche laut Wiegand auch, dass die Regulierungsbehörden die Firmen zu Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet hätten, in denen diese den Stand ihrer ESG-Aktivitäten darlegen müssen.

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Erfolgsfaktoren für Fondsmanager



Doch wie lässt sich mit diesen Kriterien überdurchschnittlich hohe Rendite erzielen? "Es kommt auf die richtige Anwendung des ESG-Qualitätsfilters an", erklärt Rupini Deepa Rajagopalan, Head ESG bei der Berenberg Bank. Entscheidend sei der "Best in Class"-Ansatz, also die Auswahl jener Firmen, die bei den positiven Kriterien am besten abschneiden.

Bei Berenberg läuft das Auswahlverfahren für die Fondsportfolios in drei Schritten. Sämtliche Firmen, die die interne Datenbank im Anlageuniversum führt, werden einer Fundamentalanalyse unterzogen. Als zweiter kontinuierlicher Filter folgen die Ausschlusskriterien. Dabei bedient sich das Berenberg-Team eines Benchmark-Index, des MSCI ESG. Aus den verbliebenen Kandidaten werden dann die "Klassenbesten" identifiziert.

Für Roger Merz, Fondsmanager bei Vontobel Asset Management, sind ESG-Standards die vierte Säule im Auswahlverfahren. In die engere Auswahl gelangen nur Firmen, die eine überdurchschnittlich hohe Kapitalrendite haben, in ihrer Branche führend und beim Börsenwert einen Sicherheitspuffer zum Unternehmenswert mitbringen. Die Führung bei ESG-Kriterien gibt für Merz den Ausschlag, ob das Unternehmen in der Lage ist, Marktführerschaft und Finanzkraft zu bewahren.

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Anlageklassen und Themenfelder



Die Fondsprodukte lassen sich in zwei verschiedene Segmente unterteilen: Anleger haben die Wahl zwischen Fonds mit Firmen, die bei genau definierten Nachhaltigkeitskriterien ganz oben stehen, und Spezialfonds, welche in den unterschiedlichen Geschäftsfeldern der Umwelttechnologie unterwegs sind. Solche Themenfonds haben Unternehmen auf dem Radar, die marktreife Produkte aus Zukunftstechnologien entwickeln. Die Bandbreite der Themen ist groß. Sie reicht von Ökostrom und E-Mobilität über eine digital gesteuerte effiziente Stromversorgung und Verkehrstechnik bis zu Wasserversorgung und Müllrecycling.

Für Alexander Funk, Fondsmanager bei Ökoworld, zählt neben Elektromobilität und Speichertechnologien die Gebäudetechnik zu den global wachstumsstärksten ökologischen Geschäftsfeldern. Vor allem Unternehmen in Schwellenländern wie China dürften in den kommenden Jahren von der Entwicklung in Richtung Elektromobilität profitieren (siehe Infografik Seite 10). Die Entwicklung bei alternativen Energietechnologien wie der Solarwirtschaft, Windenergie, Biomasse oder Geothermie ist hingegen den größten Marktschwankungen ausgesetzt. Der Preisdruck in den einzelnen Branchen ist zum Teil sehr hoch.

Andere Marktsegmente wie die Wasserversorgung und die damit verbundenen Technologien zeichnen sich wiederum durch stabile Geschäftsmodelle aus und dienen deshalb eher der defensiven Beimischung. Wer auf einzelne Umweltaktien setzt, sollte Kenntnisse von der jeweiligen Branche mitbringen.

Ein weiteres Vehikel für Investitionen in unterschiedlichste Nachhaltigkeitsthemen sind ETFs. Eine Reihe von Indizes bilden hier die Grundlage. Auch die Zahl von Zertifikaten, die sich an bestimmten Indizes mit ethischen und ökologischen Kriterien orientieren, wird immer größer. Letztlich ist absehbar, dass das Feld für nachhaltige Investments noch umfangreicher werden wird - mit den entsprechenden Renditechancen. Einige Unternehmen und Produkte stellt BÖRSE ONLINE auf den folgenden Seiten vor.

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Aktien: Bluechips mit grünen Produkten



Viele Unternehmen aus dem Bereich Umwelttechnik haben in den letzten zwölf Monaten schlechter performt als das Gros der Technologie- und Konsumaktien. Anleger finden deshalb gute Einstiegskurse, vor allem bei Firmen, die ihr traditionelles Geschäftsmodell um ökologische Produkte erweitert haben.

Zwei Traditionskonzerne starten durch



Ein Beispiel ist der US-Konzern Ecolab. Die Firma ist mit ihren Reinigungs- und Desinfektionsmitteln global präsent. Krankenhäuser, Hotels und Unternehmen sind die Hauptkunden - und die haben laut Firmenangaben mit den Ecolab-Produkten allein 2016 rund 610 Milliarden Liter Wasser und 24 Millionen Kilogramm Abfall eingespart.

Nach einem Durchhänger hat auch der Aktienkurs in diesem Jahr wieder Fahrt aufgenommen. Den Ausschlag geben mehrere Erfolgsfaktoren. So hat Ecolab die Umstrukturierung abgeschlossen und seine Kostenstrukturen erheblich verbessert. Zugleich investiert die Gesellschaft kräftig in Forschung und Entwicklung. Ein Durchbruch gelang etwa bei den Puraten, also umweltfreundlichen Ersatzstoffen für Chlor. Avanciert Ecolab hier zum Marktführer, könnte das auch den Durchbruch in Europa mit sich bringen; hier erzielt die Firma bislang weniger als ein Fünftel ihrer Erlöse.

In Japan hat Panasonic zum 100. Firmenjubiläum in diesem Jahr die Metamorphose zum Ökokonzern geschafft. Statt Kameras und Waschmaschinen zählen jetzt Brennstoffzellen und Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos zu den Aushängeschildern im Produktsortiment. Vor allem der Markt für Batteriespeicher boomt. Nach Schätzungen der Boston Consulting Group können 2030 weltweit fast 300 Milliarden Euro mit dem Verkauf von Energiespeichern umgesetzt werden.

Hier hat sich Panasonic als Marktführer etabliert, unter anderem als Partner für den Autobauer Tesla. Dazu entwickelt Panasonic neue, "grüne" Produkte, etwa Autobatterien, die ohne den Rohstoff Kobalt auskommen. Die Investitionen beginnen sich auszuzahlen: Im Geschäftsjahr 2017/18 legte Panasonic beim operativen Gewinn um 38 Prozent auf fast 3,4 Milliarden US-Dollar zu. Die Aktie ist im Branchenvergleich günstig bewertet.



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Umwelt- und Nachhaltigkeitsfonds: Ethisch und ökologisch top



Firmen, die mit ihren Ressourcen ökologisch wirtschaften, höhere soziale Standards einhalten als international vorgeschrieben sind und dabei eine Rendite erzielen, die weit über dem Branchenschnitt liegt: Was auf den ersten Blick wie eine simple Vorgabe erscheint, lässt den Fondsmanagern von Nachhaltigkeitsprodukten großen Spielraum.

Anleger sollten neben den Kosten und der langfristigen Performance deshalb genau studieren, was die einzelnen Fondsgesellschaften unter "nachhaltig" verstehen. Rüstungsgüter, Kinderarbeit und Atomenergie fallen in der Regel aufgrund der jeweiligen ESG-Filterkriterien flach. Wie nachhaltig ein Unternehmen wirtschaftet, erkennt man am Ende jedoch daran, wie transparent die Informationspolitik ist: Wer nichts zu verbergen hat, legt alles offen.

Um das Chance-Risiko-Profil der auf Umwelttechnologien spezialisierten Fonds richtig einzuschätzen, gilt es, auf die Gewichtung der einzelnen Branchensegmente zu achten: Je höher der Anteil von kleineren Firmen, die mit neuen Technologien vor der Marktreife stehen, desto größer ist der Kurshebel nach oben - und natürlich auch nach unten.

Generalisten und Spezialisten



Der Fonds LBBW Nachhaltigkeit verbindet strenge ethische Ausschlusskriterien mit einem "Best in Class"-Ansatz bei ökologischen und sozialen Kriterien. Die Titelauswahl ist auf europäische Firmen beschränkt. Zu den größten Positionen zählen Bluechips wie BMW und Henkel, aber auch Nischenplayer wie die Recyclingfirma Tomra Systems.

Der vom Franziskanerorden gegründte terrAssisi Aktien hat die Verantwortung für die Natur, wie sie vom Ordensgründer Franz von Assisi gelebt wurde, als Richtschnur für die Anlage- und Ausschlusskriterien. Das rund 70 Titel umfassende Fondsportfolio ist nach Ländern und Branchen breit gestreut. Wer bei Schwellenländer-Investments den Nachhaltigkeitsaspekt sucht, ist beim First State Asia Pacific Sustainability gut aufgehoben. In dem aus 50 Titeln gebildeten Portfolio ist Indien mit rund einem Drittel am höchsten gewichtet. Technologie und Basiskonsumgüter bilden die am stärksten vertretenen Branchen.

Bei den Spezialfonds zeichnet sich der Vontobel Clean Technology durch eine langfristige Top-Performance aus, die mit vergleichsweise hohen Verwaltungsgebühren bezahlt wird. Der GreenEffects NAI Wertefonds setzt bei seiner Anlagestrategie auf Firmen, die in verschiedenen ökologischen Marktnischen top sind. Berücksichtigt werden hier nur Gesellschaften, die auch im Natur-Aktien-Index (NAI) vertreten sind.

Dessen Branchenspektrum ist breit gefasst und reicht von Windturbinen und Biolebensmitteln bis zu Elektroautos und Umweltfinanzierung. Der RobecoSAM Smart Energy zählt zu den Fondspionieren bei energiesparenden Technologien und Produkten. Zu den größeren Positionen im Fonds zählen Infineon und Wacker Chemie, die USA sind mit rund 50 Prozent übergewichtet.



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ETFs und Zertifikate: Spezialitäten auf Ökobasis



ETFs und Zertifikate sind die kostengünstigere Alternative zu aktiv gemanagten Ökoprodukten. Anleger sollten hier allerdings aufpassen: Nicht alle Indizes, die sich ein ökologisches Etikett anhängen, sind beim Nachhaltigkeitsgedanken tatsächlich konsequent - beispielsweise wenn sie auch solche Firmen berücksichtigen, die sich weiterhin am Raubbau der Rohstoffressourcen beteiligen.

Auf Nischenindizes setzen



Das französische Geldhaus Société Générale ist Pionier bei den ETFs, die Indizes auf ökologische Nachhaltigkeitskriterien abbilden. Deren Lyxor World Water UCITS ist der Klassiker unter den ETF-Produkten auf den wichtigsten Index, der den Rohstoff Wasser abbildet. Unspektakulär wie der Kursverlauf ist auch die Aufbereitung und Versorgung mit Wasser  aber eben auch unentbehrlich. Der ETF ist günstig, zudem schüttet er jährlich eine Dividende aus.

Einen eher puristischen Ansatz verfolgt der Deka Oekom Euro Nachhaltigkeit, welcher den Solactive Eurozone Sustainability Index abbildet. Der Index enthält die 30 nachhaltigsten Unternehmen der Eurozone. Die entsprechenden Kriterien werden ebenso von der Agentur Oekom festgelegt, wie beim Nord/LB Global Challenges ETF. Als Grundlage dient hier der Global Challenges Index, kurz CGI. Hier werden nur Firmen berücksichtigt, die sich auf insgesamt sieben Handlungsfelder von globaler Reichweite konzentrieren.

Die Bekämpfung der Armut zählt dazu, aber auch Maßnahmen gegen den Klimawandel sowie für den Erhalt der Artenvielfalt. Die besten 50 Firmen kommen in den Index und werden zweimal im Jahr, im März und September, auf ihre weitere Zugehörigkeit hin überprüft.

Schwieriger als bei ETFs gestaltet sich die Suche nach geeigneten Produkten auf der Grundlage nachhaltiger Parameter jedoch bei Zertifikaten. So bemängelt Lars Brandau, Geschäftsführer des Deutschen Derivate-Verbands (DDV), weiterhin fehlende etablierte Nachhaltigkeitsstandards bei Finanzprodukten. Eine gute Wahl ist das von Société Générale aufgelegte Endloszertifikat auf den European Renewable Energy Index. Höher gewichtet sind darin die Bereiche Solar, Wind, Wasser sowie Bioenergie.

Das Geldhaus BNP Paribas hat unter dem Markennamen BNP Paribas Easy eine Reihe von Nachhaltigkeitsindizes für Derivate entwickelt. Der MSCI KLD Social 400 Index ist der älteste seiner Klasse und beinhaltet 400 nordamerikanische Firmen, die bei ESG-Kriterien hohe Maßstäbe anlegen. Im Index finden sich Schwergewichte wie etwa Microsoft, Alphabet, Facebook, Coca-Cola und auch Intel.