Das so genannte Value-Investing, bei dem es vereinfacht und verkürzt ausgedrückt um den Kauf von als günstig eingestuften Aktien geht, hatte in den vergangenen Jahren keinen leichten Stand. Seit einem Jahrzehnte konnte die Wertentwicklung der Value-Aktien mit jener der Wachstums-Aktien jedenfalls nicht mithalten.

Der Ansatz, dem unter anderem auch Anlage-Guru Warren Buffett folgt, hat aber trotzdem nach wie vor viele Anhänger und es wird unverändert sehr viel Geld basierend auf den zu diesem Stil gehörenden Anlagegrundsätzen in die Aktienmärkte gesteckt. Die US-Investmentbank Jefferies hat wegen der wie erwähnt seit einem Jahrzehnt vorherrschende Value-Schwäche auf der Suche nach interessanten Value-Aktien in Europa den Radius auf Titel erweitert, die auch noch andere Kaufargumente mit bringen.

Bei dem Ausleseprozess sind am Ende neun Werte hängen geblieben, denen man einiges an Kurspotenzial zutraut sowie außerdem im Schnitt auch noch über ansehnliche Dividendenrenditen verfügen, so dass sich unter dem Strich ein aus der Sicht von Jefferies günstiges Chance-Risiko-Profil ergibt. Berücksichtigung fanden dabei unter anderem Faktoren wie KGV, frei Cash-Flow-Rendite, die Summe der Einzelteile im Vergleich zum aktuellen Börsenwert, das Vorhandensein einer Anlagestory sowie die Aussicht auf zusätzlich Wertschöpfung auf Sicht von zwölf Monaten.

Wir stellen auf den nachfolgenden Seiten fünf dieser Value-Favoriten vor. Zwei Aktien kommen aus Deutschland, zwei aus Großbritannien und eine aus Frankreich. Die Kursziele von Jefferies bewegen sich bei diesen Titeln um 19 Prozent bis 67 Prozent über den aktuellen Aktiennotierungen.

Auf Seite 2: Total





Total-Aktie



Unter den europäischen Value-Favoriten von Jefferies befindet sich die Aktie von Total. Dem französischen Öl- und Gas-Produzenten wird ein Kursanstieg bis auf 62,00 Euro zugetraut. Das heißt, es handelt sich bei einem aktuellen Kurs von 52,21 Euro um ein Aufwärtspotenzial von 18,8 Prozent.

Die Anlagestory besteht für den zuständigen Analysten Jason Gammel hier darin, dass er Total durch die aktive Umgestaltung des Portfolios für gut positioniert hält, um bis 2020 auf einem Wachstumskurs zu steuern. Das hochwertige Downstream-Geschäft mit einem stabileren Ertragsprofil und einem bis zum Geschäftsjahr 2019 deutlich rückläufigen Verschuldungsgrad könnte nach seiner Ansicht als Katalysator dienen, um die aktuelle Bewertungslücke zu den Wettbewerbern zu schließen.

Zudem verweist Gammel auf eine robuste Rendite beim freien Cash Flow, die er von 2018-2020 bei durchschnittlich 9,2 Prozent sieht, was sich mit einem weltweiten Durchschnitt von 8,4 Prozent vergleiche. Das Management sei aktiver als die meisten anderen Konkurrenten bei der Neugestaltung des Portfolios gewesen und das dürfte den bereits erwähnten Wachstumskurs stützen.

Dank der wie erwähnt voraussichtlich sinkenden Schulden eröffne sich vermutlich die Möglichkeit, mehr Geld an die Aktionäre zurückzugeben. Sei es durch steigende Dividendenzahlungen oder durch den Rückkauf eigener Aktien, wobei eventuell auch beides denkbar sei.

Ein im September anstehendes Strategie-Update und die Integration von Maersk Oil könnten als wichtige Kurskatalysatoren fungieren, heißt es. Die Aktie handele mit Blick auf 2019 beim Verhältnis von Unternehmenswert zum angepassten abgezinsten Cash Flow beim 5,5-fachen, während die großen Wettbewerber im Schnitt auf einen Multiplikator von 6,4 kämen. Das KGV von Total bewege sich zudem auf Basis der Schätzungen für das kommende Jahr bei 8,6, während die Konkurrenz im Schnitt auf 11,3 komme. Die Dividendenrendite wird auf 4,9 Prozent beziffert.

Charttechnik



Der Aktienkurs von Total bewegt sich letztlich seit vielen Jahren nur in einem breiten Seitwärtstrend. Zuletzt ist es der Notiz aber gelungen, sich an den oberen Rand der in der jüngeren Vergangenheit gültigen Seitwärtsspanne vorzuarbeiten. Wichtig wäre dabei nun ein Sprung über das Zwischenhoch aus dem Jahr 2014 bei 54,52 Euro, weil dadurch dann der Weg frei wäre für einen Anstieg in Richtung Rekordhoch von 63,05 Euro aus dem Jahr 2007.



Profil



Total S.A. ist ein global operierendes Unternehmen, welches Öl- und Gasförderung, Weiterverarbeitung und Vermarktung betreibt. Auch Kohle und Uran werden zur Energiegewinnung genutzt. Die Petrochemie-Produkte finden in Weiterverarbeitungsprozessen zahlreicher anderer Industriezweige Anwendung. Über ein Netz von Tankstellen, die unter den Namen Total oder Elf laufen, vertreibt das Unternehmen Treibstoffe an Endverbraucher, während eigene Service-Stationen auf den Flughäfen Lyon und Toulouse unterhalten werden. Das Unternehmen produziert außerdem Petrochemikalien wie Plastik, Polymere und Spezial-Chemikalien und handelt mit Rohöl und weiterverarbeiteten Produkten, darunter Benzin und Flüssiggas, Heizöl, Asphalt und Schmiermitteln. Total S.A. plant, die Öl- und Gassparte der dänischen Reederei A.P. Moeller-Maersk für 7,45 Milliarden Dollar zu übernehmen.

Auf Seite 3: Anglo American





Anglo American-Aktie



Auch Anglo American zählt zu den Value-Favoriten aus Europa von Jefferies. Das Kursziel für den britischen Bergbau-Konzern ist auf 24,00 Pfund festgezurrt. Das heißt, rein theoretisch verfügt dieser Wert bei einem aktuellen Kurs von 16,44 Pfund über 46 Prozent Luft nach oben.

Der zuständige Analyst Chris LaFemina begründet die Anlagestory, die er hier wittert, wie folgt: Der neue Vorstandschef, der zuvor bei ARM sowie Rexam und somit bei zwei Unternehmen arbeitete, die übernommen wurden, dürfte zusammen mit den Großaktionären Maßnahmen ergreifen, um den Bewertungsabschlag zu verringern, der sich zu Lasten von Anglo Amercican auf Basis der Summe aller Einzelteile ergibt. Zu den denkbaren Maßnahmen zähle dabei eventuell eine Abspaltung von Geschäftsaktivitäten in Südafrika.

Zudem rechnet LaFemina weiterhin mit einer starken Generierung von freiem Cash Flow. Eine Prognose, die auch für die Aussichten hinsichtlich der erwarteten Preisentwicklung bei Kupfer-, Nickel- und Kohle gestützt werde. Steigende Kapitalrenditen und Restrukturierungsmaßnahmen dürften dabei helfen, den erwähnten Bewertungsabschlag gegenüber Wettbewerbern wie Rio Tinto, BHP und Glencore zu verringern.

Bei Jefferies erwartet man zwar ein sich verlangsamendes chinesische Wachstum und eine dort weniger metall-intensiv werdende Wirtschaft. Doch in den USA, Europa und anderen Weltregionen sieht man eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen. Ein moderates Nachfragewachstum und große Angebotsengpässe dürften dazu führen, dass die Preise für die meisten Rohstoffe von Anglo American länger als erwartet steigen werden.

Dem Management wird zugetraut, weitere operative Verbesserungen zu erzielten, wobei man weiterhin dabei sei, Schulden abzubauen und Kapital an die Aktionäre zurückzuzahlen. Die Gesellschaft verfüge über eine starke Bilanz (Verhältnis von Nettoverschuldung zum Ebitda 2018 beim 0,4-fachen), über eine günstige Bewertung (geschätztes KGV für 2018 von unter zehn, EV/EBITDA von 4,5x und freie Cash-Flow-Rendite von zehn Prozent) und es handele sich um einen möglichen Fusionskandidaten.

Charttechnik



Nach einer zuvor langen und steilen Talfahrt hat sich der Aktienkurs von Anglo American von Januar 2016 bis Mai 2018 deutlich erholt. Die Notiz kletterte da gleich von 2,21 Pfund auf 19,26 Pfund. Allerdings konnte das zuletzt erwähnte Mehrjahreshoch nicht mehr weiter ausgebaut werden und insgesamt hat sich in diesem Jahr ein Seitwärtstrend breit gemacht. Für einen Ausbruch daraus nach oben bedarf es neuer Mehrjahreshochs, wobei es momentan aber eher darum geht, das Jahrestief von 15,80 Pfund zu verteidigen.



Profil



Anglo American zählt weltweit zu den größten Minenbetreibern. Zu den geförderten Produkten gehören Eisenerz, Mangan, Kohle, Kupfer und Nickel. Im Mineralienbereich gehört das Unternehmen zu den führenden Förderern von Diamanten. Außerdem gilt es als größter Platinförderer weltweit. Produktionsstätten befinden sich in Asien, Afrika, Australien, Nord- und Südamerika und Europa. Die Tätigkeiten von Anglo American umfassen neben der Förderung, Aufbereitung und Verhüttung der Bodenschätze auch die Erschließung neuer Förderstandorte und die Entwicklung neuer Technologien.

Auf Seite 4: Taylor Wimpey





Taylor Wimpey-Aktie

Beim britischen Hausbauer Taylor Wimpey beziffert Jefferies das Kursziel auf 2,54 Pfund. Das heißt, dieser von der US-Investmentbank als Value-Wert eingestufte Vertreter aus dem britischen Leitindex FTSE 100 müsste bei einem aktuellen Kurs von 1,7515 Pfund um 45 Prozent zulegen, damit die Rechnung aufgeht.

Zu diesem Mitfavoriten heißt es, man verfüge über einen ganzheitlichen Blick auf den britischen Wohnungsmarkt, was Hausbauer, Immobilienmakler, Immobilienportale, Baufirmen, Bauproduktfirmen und Händler umfasse. Basierend auf den dabei gemachten Beobachtungen ist man bei Jefferies der Ansicht, dass der britische Wohnungsmarkt ein grundlegendes Unterangebot an neuen Häusern aufweist und dass Engpässe auf dem Markt für bereits existierende Wohnungen das Unterangebot verschärfen. Taylor Wimpey verfüge über eine der stärksten Landbanken der Branche und man geht davon aus, dass die Breite und Tiefe dieser Grundstücksreserven Aufwärtsrisiken bezüglich der Ergebnisschätzungen birgt.

Nachdem andere Aufgaben erledigt seien, könne sich das Unternehmen jetzt auf Effizienzsteigerungen und die Generierung eine als bescheiden bezeichnetes Volumenwachstum von rund 3,6 Prozent p.a. konzentrieren. Die Schätzungen gehen von stagnierenden Volumen im Jahr 2018 aus, trotzdem sollte es aber von 2017 bis 2023 gelingen, die Zahl der gebauten Häuser von 14.451 auf 18.000 zu erhöhen.

Zudem gehen die Schätzungen davon aus, dass Taylor Wimpey in der Lage sein wird, die 600 Millionen Pfund für die Dividendenzahlung aus den erwirtschaften Barmitteln zu finanzieren und gleichzeitig den Grundsatz einzuhalten, bei den Barmitteln nie mehr als sechs Monate von einer Netto-Cash-Position entfernt zu sein. Insgesamt traut der zuständige Analyst dem Unternehmen in den nächsten drei Jahren die Ausschüttung einer Dividendensumme von 1,7 Milliarden Pfund, was umgerechnet rund 28 Prozent der aktuellen Marktkapitalisierung entspreche.

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis gibt Codling für 2018 mit dem 1,6-fachen an (Sektor 1,5x) und die Dividendenrendite beziffert er auf 8,4 Prozent, wobei diese für 2019 sogar auf zehn Prozent steigen dürfte. Das genannte Kursziel basiere unter anderem auf der Annahme einer als fair einzustufenden KGV-Bewertung mit dem elffachen für 2018.

Charttechnik



Im Zuge der Finanzkrise war der Kurs von Taylor Wimpey 2007 und 2008 sehr stark unter Druck geraten. Ausgehend von einem am 25. November bei 0,044 Pfund markierten Rekordtief reichte es anschließend bis Anfang 2018 zu einem Anstieg auf 2,112 Pfund. Damit konnte ein Zwischenhoch auf dem Jahr 2016 aber nur leicht überboten werden und weil die Notiz zuletzt wieder etwas zurückgefallen ist, muss letztlich ein seit Mai 2015 bestehender Seitwärtstrend konstatiert werden. Auch weil sich nach oben hin eine sehr hartnäckig wirkende Widerstandszone breit gemacht hat, vermittelt der Chart den Eindruck, als ob momentan die Risiken nach unten etwas größer sind als die Chance auf einen Ausbruch nach oben.



Profil



Taylor Wimpey plc ist ein Bauunternehmen mit Fokus auf Wohnimmobilien in Großbritannien und Projekten in Spanien. Der Konzern unterhält 24 regionale Büros in England, Schottland und Wales wie auch Niederlassungen in Spanien und auf Mallorca. Taylor Wimpey biete eine breite Palette an Wohneigentum von 1 - 2 Zimmer-Wohnungen bis hin zu 5 Zimmerwohnungen und freistehenden Einfamilienhäusern in unterschiedlichen Preisklassen an. Jährlich baut und verkauft das Unternehmen über 10.000 Wohnimmobilien. Taylor Wimpey plc entstand im Jahr 2007 durch die Fusion von George Wimpey mit Taylor Woodrow und hat seinen Hauptsitz in Buckinghamshire, UK.

Auf Seite 5: Covestro





Covestro-Aktie



Als einen der europäischen Valeu-Favoriten stellt Jefferies auch Covestro heraus. Dem DAX-Mitglied trauen die Amerikaner einen Anstieg bis auf 126,00 Euro zu. Bei einem aktuellen Kurs von 75,24 Euro verspricht das Kursgewinne von 67,5 Prozent.

Covestro profitiert nach dem Urteil des zuständigen Analysten Laurence Alexander von säkularen Themen wie Automobil- und Baunachfragetrends, wobei die Volumina vom bestehenden Nischenmix profitieren würden.

Die aktuelle Schwäche der Aktie spiegelt aus unserer Sicht die Befürchtung wider, dass das stärkere erste Quartal einen "steileren Rückgang" der Margen und des EBITDA im zweiten Halbjahr und damit ein höheres Risiko für die Konsensschätzungen mit Blick auf 2019 bedeutet. Seine Prognosen implizieren ein EBITDA im zweiten Halbjahr von 21 Prozent unter dem ersten Halbjahr 2018, aber die Vorhersagen für 2019 und 2020 bewegen sich weitgehend auf dem Niveau der Schätzung für das zweite Halbjahr 2018.

Seine Schätzungen für den Gewinn je Aktie seien höher als die der anderen Analysten, weil er erwartet, dass die Nachfrage auf den Endmärkten gesund bleibt. Er unterstellt für die Fiskaljahre 2018 und 2019 Aktienrückkäufe im Volumen von 1,0 Milliarden und 4,5 Milliarden Euro. Das entspreche zusammengerechnet rund 35 Prozent der derzeitigen Marktkapitalisierung. Diese Annahme sei ein Grund für die relativ hohe Gewinnschätzung der Aktie, wobei Alexander trotz der unterstellten Aktienrückkäufe weiterhin von einer Nettoverschuldung gemessen am EBITDA vom 1,0-fachen ausgeht.

Die Aktie handele derzeit mit dem 4,8-fachen Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITDA und dem 6,5-fachen KGV. Auf Höhe des Kursziels wird für 2019 aber ein KGV von 7,1 als fair bezeichnet.

Charttechnik



Die Aktie von Covestro hat seit dem Börsengang im Jahr 2015 einen Tiefstkurs von 24,50 Euro vorzuweisen und einen Höchstkurs von 95,00 Euro. Wobei der Höchstkurs vom 19. Januar 2018 stammt und der Tiefstkurs vom 19. Oktober 2016. Insgesamt hat der Titel somit eine gute Bilanz seit dem IPO vorzuweisen, allerdings hat sich in den vergangenen Monaten ein Abwärtstrend entfaltet und aktuell geht es erst einmal darum, das Jahrestief von 71,88 Euro nicht weiter auszubauen.



Profil



Covestro zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Hightech-Polymerwerkstoffen. Die Produkte und Anwendungslösungen des Unternehmens stecken in nahezu allen Produkten des modernen Lebens. Zu den Kunden gehören Unternehmen aus den Sektoren Automobil, Bauen und Elektronik sowie aus der Möbel-, Sport- und Textilindustrie. Covestro bietet über 2.000 Werkstoffe und Lösungen; dazu gehören beispielsweise der Hochleistungskunststoff Polycarbonat sowie verschiedene Klebstoffe, Lacke oder Bindemittel. Das Unternehmen betreibt etwa 30 Standorte in Europa, Asien und Amerika. Covestro entstand 2015 durch die Abspaltung des Geschäftsbereichs Bayer MaterialScience aus der Bayer AG.

Auf Seite 6: Siemens





Siemens-Aktie



Als fünften und letzten Wert unter den Value-Favoriten von Jefferies stellen wir Siemens vor. Das Kursziel für die Aktien des deutschen Industriekonzerns beziffert die US-Investmentbank auf 140,00 Euro. Das ist eine Vorgabe, die bei dem DAX-Vertreter bei einem aktuellen Kurs von 112,58 Euro einen Anstieg von 24,4 Prozent verspricht.

Die Kaufempfehlung für Siemens basiert auf der Einschätzung des zuständigen Analysten Peter Reilly, dass sich Siemens in mehrere Teile aufteilen wird und dies in der aktuellen Bewertung nicht berücksichtigt wird. Jüngste Kommentare aus dem Unternehmen deuteten darauf hin, dass strategische Klarheit geschaffen werden könnten, sobald die Ergebnisse des dritten Quartals am 2. August vorgelegt worden sind. Insgesamt sei das Chancen-Risiko-Verhältnis hier weiterhin sehr günstig.

Wie es allgemein heißt, komme es bei Siemens unter dem derzeitigen Vorstandschef zu vielen Veränderungen. Mit seiner Einschätzung zum Potenzial für weitere unternehmerische Veränderungen sei er optimistischer als der Analystenkonsens, räumt Reilly ein. Für ihn besteht das zukünftige Kerngeschäft aus der Digital-Fabrik, dem Bereich Energiemanagement, Gebäudetechnik und Prozessindustrie. Dies seien erfolgreiche und profitable Einheiten mit hohen Margen, wobei die strukturell wachsende Digitalfabrik das Kronjuwel sei.

Das Segment Strom & Gas habe dagegen große strukturelle Probleme. Der Einbruch der Nachfrage nach großen Gasturbinen bereite Siemens enorme strategische Kopfschmerzen. In seiner Bewertung geht Reilly davon aus, dass dieser Bereich nur noch fünf Milliarden Euro wert ist, also weniger als das 0,5-fache des Umsatzes. Das Segment steuere aber nur noch vier Prozent zum EBIT im Geschäftsjahr 2018 bei.

Gemessen an seinen Prognosen für 2019 bewege sich Siemens bei einem 9-3-fachen Verhältnis beim Unternehmenswert zum EBIT. Dem Sektor-Durchschnitt werde aber das 12,0-fache zugestanden. Dieser Bewertungsabschlag sei nicht gerechtfertigt, insbesondere dann nicht, wenn sich Siemens wie unterstellt in verschiedene Bereiche aufteilt.

Charttechnik



Das Urteil, das man über die Siemens-Aktien fällt, hängt auch viel von der Auswahl des Betrachtungszeitraumes ab. Meint man es nicht gut mit dem Unternehmen, verweist man darauf, dass sich die Notiz aktuell unter einem bereits im Jahr 2000 erreichten Niveau bewegt. Kurzfristiger betrachtet ist es so, dass der Kurs seit Ende 2016 unter dem Strich auf der Stelle tritt und komplett überzeugend sieht das Chartbild somit auch unter diesem Blickwinkel nicht aus.



Profil



Die Siemens AG ist ein weltweit führendes Unternehmen der Elektronik und Elektrotechnik. Der Konzern bedient mit seinen Produkten Kunden aus der Industrie-, Energie- und Gesundheitsbranche. Weltweit entwickelt und vertreibt das Unternehmen Produkte und Dienstleistungen für das Produktions- und Transportwesen, für Gebäudetechnik und Energieverteiler, die Gas- und Ölindustrie oder die städtische Infrastruktur. Siemens ist führender Produzent in der Energie- und Automatisierungstechnik sowie der Prozessleittechnik für Kraftwerke. Mit der US-amerikanischen Tochter Dresser-Rand ist Siemens außerdem als Ölindustrieausrüster tätig.

Die Produkte von Siemens finden weltweit bei Großunternehmen wie auch Privathaushalten Anwendung und sind in beinahe allen elektrotechnischen Industriezweigen anzutreffen. 2015 zog sich das Unternehmen aus der Haushaltsgerätesparte zurück und verkaufte seinen 50-prozentigen Anteil am Joint-Venture BSH an Bosch. Das Medizintechnikgeschäft wurde 2018 als eigenes Unternehmen unter dem Namen Siemens Healthineers AG börsennotiert.