Gegen die dortigen Bewohner, die sich ethnisch von den paschtunisch dominierten Taliban unterscheiden und die bereits bei deren Herrschaft von 1996 bis 2001 gegen die Islamisten kämpften, werde es keine "diskriminierenden Maßnahmen" geben. "Sie sind unsere Brüder und werden für ein gemeinsames Ziel und das Wohlergehen des Landes zusammenarbeiten", sagte Mudschahid.

Er kündigte zudem an, dass die Taliban in Kürze eine neue Regierung vorstellen würden. Er bestritt, dass es innerhalb der Bewegung Unstimmigkeiten über die Bildung gebe. Die Taliban hatten vor drei Wochen die Kontrolle über den größten Teil Afghanistans und am 15. August auch die Macht in der Hauptstadt Kabul übernommen, nachdem die vom Westen unterstützte Regierung zusammengebrochen und Präsident Ashraf Ghani geflohen war. Bilder auf Internet-Plattformen zeigten nun Taliban-Kämpfer, die nach Gefechten mit der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans (NRFA) unter Führung von Ahmad Massud vor dem Tor des Gouverneurs der Provinz Pandschir standen.

Massud, der Reste der regulären afghanischen Armee und Spezialeinheiten sowie lokalen Milizkämpfern vereint hatte, ist eigenen Angaben nach in Sicherheit. Er nannte in einem Twitter-Beitrag aber keine Einzelheiten. Den Taliban zufolge sollen Massud und der ehemalige Vizepräsident Amrullah Saleh ins benachbarte Tadschikistan geflohen sein. Der NRFA-Vertreter Ali Maisam Nasary schrieb, die Opposition werde weiter kämpfen. "Die NRF-Kräfte sind in allen strategischen Positionen im Tal präsent, um den Kampf fortzusetzen", erklärte er via Facebook.

"DEUTSCHLAND KANN UNS HELFEN"


Das Pandschir-Tal ist in dem Vielvölkerstaat eine Hochburg der Tadschiken. Massud ist der Sohn einer der wichtigsten Anführer im Krieg gegen sowjetische Truppen in den 80er Jahren, die das Tal nicht unter ihre Kontrolle bringen konnten. Während der ersten Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 war es Massuds Vater gelungen, Angriffe der Islamisten abzuwehren.

Die Taliban hoffen darauf, dass Deutschland auch künftig Afghanistan finanziell hilft. "Erstens möchten wir, dass eine gute Beziehung zu Deutschland entsteht", sagte Sprecher Mudschahid der "Bild". "Zweitens möchten wir, dass Deutschland uns im humanitären Bereich unterstützt und hilft, soweit die deutsche Regierung dies kann." Außerdem seien Hilfe in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung und Infrastruktur notwendig. "Wir glauben, dass uns die deutsche Regierung wirklich helfen kann", so der Sprecher.

Unterdessen sitzen rund 1000 Personen trotz Visa für die USA oder andere Länder weiter am Flughafen in Masar-i-Scharif in Afghanistan fest, wie ein Organisator von Charterflüge Reuters sagte. Sechs Flugzeuge mit Amerikanern und Afghanen an Bord könnten aus Masar-i-Scharif nicht abheben, weil sie von den Taliban keine Freigabe erhalten hätten, hatte zuvor der Republikaner Mike McCaul, der im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses sitzt, dem Sender "Fox" gesagt. Die Taliban hielten die Passagiere "als Geiseln". Er gehe davon aus, dass sie "die volle Anerkennung durch die Vereinigten Staaten von Amerika" anstrebten. Die "New York Times" zitierte indes einen Organisator der Flüge mit den Worten, die Maschinen hätten die notwendige Freigabe erhalten und warteten auf die endgültige Genehmigung der Taliban. Die Passagiere würden nicht als Geiseln festgehalten.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte der "Rheinischen Post", mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei abgesprochen, dass Deutschland die geplante Luftbrücke der WHO zur Versorgung von Krankenhäusern mit Medikamenten und Impfstoffen unterstütze. Ebenso verstärke die Bundesregierung ihre Unterstützung für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, UNICEF und Nichtregierungsorganisationen wie die Deutsche Welthungerhilfe oder Ärzte ohne Grenzen, um eine Hungerkatastrophe zu verhindern.

rtr