Wieder machte einer der ganz Großen den Anfang. Mit dem Verkauf seines 50-Prozent-Anteils an der Kalgoorlie-Super-Pit-Mine an die australische Gesellschaft Saracen Mineral Holdings für 750 Millionen US-Dollar hat Barrick Gold Mitte November die nächste M & A-Welle innerhalb des Goldsektors ausgelöst. Schon vor gut einem Jahr hatte das Schwergewicht mit dem 18 Milliarden US-Dollar schweren Zusammenschluss mit Randgold Resources für einen Paukenschlag innerhalb der Branche gesorgt. Und Barrick-CEO Mark Bristow betonte in den vergangenen Monaten stets, dass er sich von Assets trennen wolle, die nicht zu 100 Prozent im Besitz der Firma sind. Zudem will er keine Projekte mehr durchführen, deren Produktionspotenzial nicht mindestens bei 500 000  Unzen Gold jährlich über zehn Jahre hinweg liegen.

Seitdem ist in der Branche regelrecht der Teufel los. Das weltweit größte Goldunternehmen, Newmont Mining, stimmte einem Verkauf seiner Red-Lake-Mine an Evolution Mining zu, für 375 Millionen US-­Dollar plus Bonuszahlungen. Die chinesische Zijin Mining legte für den auf Kolumbien fokussierten Goldtitel Continental Gold eine Milliarde US-Dollar auf den Tisch. Und schließlich griff Kirkland Lake Gold bei Detour Gold per Aktientausch zu. Der Kaufpreis zum Zeitpunkt des Übernahmeangebots: satte 4,9 Milliarden kanadische Dollar.

Wenngleich diese Deals innerhalb ­eines derart kurzen Zeitraums wuchtig wirken - unerwartet ist die Übernahme­welle in der Branche keinesfalls. Detour Gold etwa brachten wir bereits im Rahmen unserer Titelstory in der BÖRSE ONLINE-Ausgabe 11/2019 Mitte März als Übernahmekandidaten ins Spiel. Gegenüber unserer damaligen Empfehlung hat sich der Aktienkurs verdoppelt. Und der Deal dürfte nicht der letzte seiner Art sein. Weltweit streiten sich noch immer zu viele Unternehmen um zu wenige qualitativ hochwertige Vorkommen.

Gerade die Branchenschwergewichte sehen sich in den kommenden Jahren einer sinkenden Produktion bei ihren bestehenden Assets gegenüber, die Laufzeiten einiger großer Minen neigen sich dem Ende zu. Auf der anderen Seite scheint die Zeit der großen Goldfunde längst vorüber. Neue Weltklassevorkommen werden immer seltener gefunden, und wenn, dann meist in schwer zugänglichen Gebieten oder in Regionen mit politischem Risiko. Einer Auswertung der kanadischen Scotia Bank zufolge ist es für die Minengesellschaften derzeit rund ein Drittel günstiger, sich eine Unze Gold per Übernahme dazuzukaufen, als diese im Rahmen von Explorationsprogrammen selbst zu finden.

Gewinne steigen schneller als erwartet


Insgesamt gingen in diesem Kalenderjahr bereits rund 350 Deals mit einem Volumen von 30,5 Milliarden US-Dollar über die Bühne. Das ist rund das Dreifache des M & A-Volumens der Branche im vergangenen Jahr und nochmals deutlich mehr als das bisherige Rekordniveau von 25,7 Milliarden US-Dollar aus dem Jahr 2010.

Mit jedem Deal wächst deshalb der Druck auf viele Unternehmen, ebenfalls aktiv zu werden und sich eines der momentan noch verfügbaren Filetstücke zu sichern. Die finanziellen Spielräume hierfür werden dank des höheren Goldpreisniveaus und steigender Unternehmensgewinne zunehmend größer. Marktschwergewicht Barrick gelang mit einem Ergebnis von 15 US-Cent je Aktie im dritten Quartal fast eine Verdopplung des Vorjahresgewinns. Die Markterwartungen wurden ebenso deutlich übertroffen wie bei Yamana Gold, die statt der erwarteten zwei US-Cent einen Gewinn von fünf US-Cent je Aktie bekannt gaben und gleich noch die Dividende verdoppelten.

Allein seit Oktober erhöhten die Analysten ihre Schätzungen des durchschnittlichen Nettogewinns der zehn größten Goldproduzenten per 2020 um die Hälfte. Unterm Strich wird im kommenden Jahr mit einem Gewinnwachstum von mehr als 37 Prozent gerechnet. Zum Vergleich: Die Erwartungen für die Mitglieder des amerikanischen Index S & P 500 wurden im gleichen Zeitraum um neun Prozent reduziert, die Gewinne dürften im Schnitt um knapp 13 Prozent zulegen. Wer das Momentum steigender Unternehmensgewinne mitnehmen möchte, setzt mit dem iShares Gold Producers ETF (WKN: A1J KQJ) breit gestreut auf einen Korb mit diversen Goldproduzenten und stellt diesem spekulativere Einzelwerte zur Seite.

Potenzial bei Titeln aus der zweiten Reihe


Als "last man standing" bezeichnen Brancheninsider mit Blick auf die momentane Übernahmewelle Pretium Resources, eines der wenigen noch verbliebenen Goldunternehmen mit einem einzelnen, großen Projekt in Kanada. "Pretium ist derzeit das Asset, das herausragt", verdeutlicht Jon Case von Sentry Investment die Premiumstellung der Gesellschaft. Mit Blick auf die Größe und die Profitabilität ist sie dem Branchenexperten zufolge für viele Unternehmen interessant. Pretium betreibt die Brucejack-Mine in British Columbia und zählt auf Basis der letztjährigen Produktion von 376 000  Unzen Gold und All-in-Kosten von nur 764 US-Dollar je Unze zu den nordamerikanischen Produzenten mit den niedrigsten Kosten und höchsten Margen. Diese hochmargigen Projekte stehen aktuell besonders im Fokus, befinden sich Preis und Potenzial hier doch in einem guten Verhältnis.

Noch zu Beginn des Jahrzehnts, als der Goldpreis sein bisheriges Allzeithoch erreichte, zahlten vor allem die nordamerikanischen Unternehmen für risiko­reiche Projekte oftmals einen viel zu hohen Preis. Brancheninsider beziffern die Abschreibungen auf Deals, die in den zurückliegenden Jahren scheiterten, auf mehr als 85 Milliarden US-Dollar. Die Fehler der Vergangenheit vor Augen, legen die Firmenbosse heute größeren Wert auf die Profitabilität als auf die pure Erhöhung ihrer Gesamtressource.

Überaus diszipliniert verfolgt auch Equinox Gold das Ziel, in den kommenden vier Jahren zu einem bedeutenden Goldproduzenten mit einer Förderung von mehr als einer Million Unzen Gold pro Jahr aufzusteigen. Mit der Mesquite-­Goldmine in Kalifornien und der Aurizona-Gold­mine in Brasilien hat die Gesellschaft bereits zwei Minen in Produktion. Im dritten Quartal 2020 soll mit Castle Mountain auch das dritte Projekt die kommerzielle Produktion aufnehmen. Trotz einer knappen Kursverdoppelung in den vergangenen zwölf Monaten wird die Aktie mit dem 0,7-fachen Net Asset Value (NAV) noch immer mit einem Abschlag zu anderen mittelgroßen Produzenten gehandelt.

Gemessen am Substanzwert hat auch der Aktienkurs von Victoria Gold nach Ansicht des kanadischen ­Research-Hauses Cormark Securities im kommenden Jahr das Zeug zum Verdoppler. In diesem Herbst hat das Unternehmen das erste Gold beim Eagle-Gold-Projekt in Kanada gefördert und baut nunmehr die Kapazitäten weiter aus, um im zweiten Quartal 2020 die kommerzielle Produktion aufnehmen zu können. Auf Basis der erst Anfang Dezember angehobenen Ressourcenkalkulation und des neuen Minenplans rechnet das Management nun mit einer jährlichen Produktion von 220 000 Unzen Gold zu niedrigen All-in-Kosten von nur 774 US-Dollar je Unze. In der Unternehmenspräsentation bezeichnet das Unternehmen sich selbst als "attraktives Übernahmeziel zu einem signifikant höheren Aktienkurs". Das Übernahmekarussell des Sektors dürfte sich noch eine ganze Weile drehen.

Warum Minenaktien 2020 in jedes Depot gehören


Die Aktienkurse der Goldminen legten gemessen am NYSE Arca Gold ­Miners Index (GDM) in diesem Jahr bereits um rund 30 Prozent zu. In den zurückliegenden zwölf Monaten beträgt der Anstieg gar 50 Prozent. Blickt man auf die Performance früherer Aufwärtsbewegungen, könnten Goldminenaktien dennoch erst am Anfang eines Bullenmarkts stehen. Dafür gibt es nach Ansicht der Branchenexperten von Sprott fünf handfeste Argumente.

1. Starke Nachfrage sorgt für einen steigenden Goldpreis

Erstmals seit dem Jahr 2013 stieg der Goldpreis in diesem Jahr wieder über die Marke von 1500 US-Dollar. Geopolitische Spannungen und eine globale Wachstumsschwäche der Wirtschaft lassen die Nachfrage nach dem Edelmetall steigen. Da Gold außerdem im Risikomanagement der Notenbanken eine immer größere Rolle spielt, haben ihre Bestände in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt.

2. Goldminen sind deutlich unterbewertet

Da Aktien von Goldminen die Entwicklung des Goldpreises meist mit einem Hebel nachvollziehen, sind die Kurse über viele Jahre in den Keller gerauscht. Etliche Produzenten notieren noch immer weit unterhalb ihres Net Asset Value. Kleinere und mittelgroße Gesellschaften werden mit großem ­Abschlag gehandelt. Das schafft nun kräftiges Erholungspotenzial.

3. Weitere Übernahmen sind wahrscheinlich

Die Zahl neuer Goldfunde ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Neue Förderungen sind rar. Zudem können von der Entdeckung eines Goldvorkommens bis zum Produktionsstart auch mal gut und gern 15 Jahre vergehen. Für große Gold­unternehmen ist es häufig günstiger, weit entwickelte Goldvorkommen zu übernehmen, als selbst neue Kapazitäten zu schaffen. Zumal die Bewertungen der Juniorproduzenten noch immer niedrig sind.

4. Momentum gewinnt an Stärke

Nachdem viele Investoren Minenwerte in den zurückliegenden Jahren eher gemieden haben, kommt nun wieder Bewegung in die Branche. Die bislang eher konservativen Analystenpro­gnosen werden dank des steigenden ­Goldpreises sowie eines besseren Kostenmanagements der Unternehmen vielfach übertroffen. Die meisten Goldproduzenten verzeichnen derzeit deutliche Umsatz- und Gewinnzuwächse.

5. Goldaktien spielen im Depot eine andere Rolle als Gold

Während viele Investoren auf physisches Gold als Instrument zum Wert­erhalt und zur Absicherung gegen Marktturbulenzen setzen, werden ­Minenaktien meist für taktische Depot­positionen genutzt. Günstige Bewertungen wie derzeit bieten die Per­spektive für kräftige Kurssteigerungen.

Auf einen Blick: Goldminen