Das Modelabel Diesel treibt die Marketingweisheit "Sex sells" auf die Spitze. Statt sexy Werbung zeigt die Firma ihre Werbung jetzt da, wo Sex gezeigt wird: auf Pornoseiten. Ab Februar wird die Kampagne für die neue Unterwäschelinie unter anderem auf den Internetportalen Pornhub und Youporn laufen.

Der Schritt gilt in der Branche als Tabubruch und zeigt, wie sehr Social Media, mobiles Internet und E-Commerce die Modewelt verändern. Zwar hat es etwas Kokettes, wenn Kreativchef Nicola Formichetti die Werbebotschaft des Spots gegenüber einem Ableger des "Vice Magazin" als "simpel" beschreibt, doch der 38-Jährige erklärt gleichzeitig: "Pornoseiten sind einfach die Orte, wo die Menschen gerade sind. Wir leben auf unseren Smartphones. Und ich will die Leute genau da abholen, wo immer sie sich gerade befinden."

Dass immer mehr Kleidung online statt in Ladengeschäften gekauft wird, zeigen die Umsatzzahlen der Branche. Allein in Deutschland legte der Umsatz von Internetmodehändlern wie Zalando oder Amazon seit 2007 im Schnitt gut 35 Prozent pro Jahr zu. Der Gesamtmarkt wuchs im selben Zeitraum hingegen nur um 1,6 Prozent.

Das spiegelt sich auch in den jüngsten Meldungen klassischer Bekleidungshersteller und der Betreiber von Modeläden. Von Gerry Weber, Tom Tailor oder Hugo Boss bis Adler Modemärkte: Es hagelt Gewinnwarnungen. Dafür ist jedoch auch der milde Winter mitverantwortlich - warme Klamotten blieben liegen, Rabattschlachten drücken auf die Preise.

Dabei sind grundsätzlich die Aussichten für die Branche gut. So erwarten die Analysten der Citi Bank für das aktuelle Jahr im gesamten Modesektor eine Gewinnsteigerung von acht bis zehn Prozent. Treiber sind das in Europa hohe und weiter steigende Verbrauchervertrauen sowie wachsende Haushaltseinkommen. Gepaart mit einem stabilen Arbeitsmarkt rechnen die Experten daher in den kommenden Jahren mit einer konstant hohen Kauflust der Europäer. Doch nicht nur in Sachen Nachfrage verbessern sich die Bedingungen, auch Produktion und Transport dürften sich für die Modehersteller günstig entwickeln. Der Preis für Baumwolle ist in den vergangenen zwölf Monaten um 20 Prozent gefallen und wird laut Marktbeobachtern auch im laufenden Jahr niedrig bleiben. Zudem sind die Frachtraten seit dem vergangenen Sommer um fast ein Viertel gesunken. Die Nachteile durch den schwachen Euro werden auf diese Weise weitgehend ausgeglichen.

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Siegeszug der Onliner



Vor diesem Hintergrund sieht die Citigroup besonders den europäischen Online-Kleidungsmarkt "in der frühen Phase eines mehrjährigen Wachstumszyklus". Beste Aussichten also für Zalando sowie sein britisches Pendant Asos. Beide Aktien erscheinen sehr hoch bewertet, allerdings sind die Konzerne die größten Internethändler in ihren Märkten und sollten stark vom E-Commerce-Wachstum profitieren. So erwarten die Wirtschaftsberater von KPMG, dass Onlineverkäufe in Deutschland 2025 einen Marktanteil von 36 Prozent erreichen werden. Im Vergleich zum Jahr 2014 (siehe Grafik) wäre das eine Verdreifachung.



Dennoch ist bei Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) jenseits der 50 für Zalando und Asos ein prozentual zweistelliges Umsatzwachstum zwingend, damit auch die Kurse steigen können. In der Vergangenheit konnten Asos und Zalando stets so schnell wachsen und auch aktuell sehen die Unternehmen keine Gründe für ein Nachlassen ihres Wachstumstempos. Da jedoch der Kurs von Asos trotz guter Verkaufszahlen derzeit unter Druck ist, stufen wir die Aktie vorerst auf "Beobachten" zurück (siehe Tabelle unten).

Neben reinen Internethändlern dürften auch Inditex und Hennes & Mauritz (H&M) profitieren. Die Unternehmen sind vertikal integriert. Das heißt: Sie kontrollieren von der Herstellung bis zum Verkauf im eigenen Laden jeden Schritt der Wertschöpfungskette. Das schafft Kostenvorteile. Zudem ermöglicht es den Firmen, Kollektionen in kurzer Zeit zu produzieren und die Nachfrage zielgenau zu befriedigen.



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Kooperation mit den Stars der Branche



Bestes Beispiel ist die Zusammenarbeit von H&M mit Stardesignern und Labeln wie Karl Lagerfeld oder aktuell Balmain. Die limitierten Kollektion sind stets in kürzester Zeit ausverkauft. Auch dank dieser Vertriebsstruktur dürfte es H&M gelungen sein, die Verkäufe im Dezember um zehn Prozent zu erhöhen, während bei der Konkurrenz der Umsatz zurückging. Wegen der guten Geschäftsaussichten raten wir trotz Marktkorrektur zum Kauf, setzen jedoch die Stoppkurse herunter. Tom Tailor, Gerry Weber oder Hugo Boss hingegen macht die eigene Expansion zu schaffen. Aus Sicht von BÖRSE ONLINE sind sie derzeit kein Kauf. Grund: Um dem Wettbewerbsdruck etwas entgegenzusetzen, wurden die Filialnetze aggressiv ausgebaut. Das steigerte zunächst zwar die Gesamtumsätze, doch die Verkäufe je Laden gingen zurück. Gleichzeitig erhöhte jede neue Filiale die Fixkosten. Bei rückläufigen Verkäufen lässt das den Gewinn viel schneller schrumpfen.

Kein Wunder, dass die Unternehmen ankündigten, ihre Filialnetze wieder auszudünnen. Es scheint, als hätten sie eine alte Marketingregel neu entdeckt: Weniger ist mehr.

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