Wer glaubt, dass man mit einem Schwellenländer-ETF die Tech-Lastigkeit anderer Investments reduzieren kann, liegt falsch. Zumindest wenn es um „Standard-ETFs“ geht. Wir haben drei Alternativen
Das Börsenjahr neigt sich dem Ende zu. Und Stand jetzt ist es ein sehr gutes – gerade angesichts der sensationellen Rally im Technologiesektor – , es läuft vor allem bei den Big Names an der Nasdaq. Das ist erfreulich, birgt aber auch ein gewisses Risiko hinsichtlich einer Kurskorrektur, gerade bei Portfolios, die stark in Tech-Highflyer investieren. Und dabei ist es relativ egal, ob es um einzelne Aktien geht oder breit gestreute Investments wie etwa einen ETF auf den MSCI World, der eben auch recht Tech-lastig ist.
Das Problem mit klassischen Schwellenländer-ETFs
Wer diversifizieren will, erwägt eventuell Anlagen in Schwellenländer, gerade weil es hier inzwischen auch wieder recht gut läuft. Allerdings lauert hier eine Überraschung, die nicht jedem bewusst ist: Denn wer heute via ETF oder Fonds in den klassischen MSCI Emerging Markets Index investiert, kauft längst nicht mehr das Schwellenländer-Exposure vergangener Tage. Das Aktienuniversum der Emerging Markets hat sich dramatisch gewandelt. Dominierten früher Banken, Rohstoff- und Industriekonzerne, hat sich der Index mittlerweile zu einem Tech-lastigen Konstrukt entwickelt. Im Xtrackers MSCI Emerging Markets, dem nach Volumen zweitgrößten Schwellenländer-ETF Deutschlands, machen Technologieaktien ein Viertel des Portfolios aus, und beim mit 27 Milliarden Euro Anlagesumme größten ETF, dem iShares Core MSCI Emerging Markets, sind es 24 Prozent.
Andere Kennziffern unterstreichen diesen Trend eindrucksvoll: Der Technologiesektor wird voraussichtlich für über 45 Prozent des Gewinnwachstums im MSCI Emerging Markets verantwortlich sein. Und Aktien wie TSMC (Taiwan Semiconductor), Samsung Electronics, Alibaba und Tencent haben schon längst die Spitzenplätze im Index eingenommen.
NIcht jeder Vertreter ist wirklich noch ein Schwellenland
Bemerkenswert ist dabei auch die geografische Verteilung: China, Taiwan und Südkorea – allesamt Länder mit starkem Technologiefokus – repräsentieren zusammen etwa 60 Prozent des Index. Die klassischen Schwellenländer Lateinamerikas, Afrikas oder Osteuropas spielen dagegen nur noch eine untergeordnete Rolle. Für Anleger, die bereits über einen hohen Techanteil in ihrem Portfolio verfügen, bedeutet eine Anlage in den MSCI Emerging Markets also paradoxerweise keine Diversifikation, sondern ein verstärktes „Klumpenrisiko“. Erschwerend kommt die globale Vernetzung der Wertschöpfungsketten hinzu: TSMC als weltgrößter Auftragsfertiger für Halbleiter ist beispielsweise eng verknüpft mit dem Erfolg von Apple, AMD und Nvidia. Ähnliches gilt für Samsung und seine Rolle als Zulieferer für westliche Techkonzerne
1. Schritt: Aus 25 Prozent werden 14 Prozent
Anleger, die diversifizieren wollen, müssen daher umdenken. The good news: Es gibt Varianten mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Eine besonders interessante Alternative – mit besonders langem Namen – ist der L&G Emerging Markets Quality Dividends Equal Weight. Dieser ETF setzt auf Unternehmen, die sich durch nachhaltiges Dividendenwachstum und hohe Qualität auszeichnen. Statt wie beim klassischen Emerging-Markets-ETF die größten Unternehmen schwerer zu gewichten, werden hier alle Positionen nahezu gleich verteilt, was die Dominanz einzelner Tech-Giganten aufhebt. Der Technologieanteil liegt daher mit etwa 14 Prozent deutlich unter dem „Normal“. Dafür spielen Finanzwerte, Industrie und Konsumgüter eine größere Rolle.
Die Auswahl der Unternehmen erfolgt nach klaren Qualitäts- und Dividendenkriterien, sodass der ETF eine gewisse Stabilität und Berechenbarkeit in die Schwellenländer- Investition bringt. Die geografische Streuung ist ebenfalls ausgewogener: Während China zwar weiterhin eine Rolle spielt, rücken Indien und Brasilien stärker in den Fokus.
Zweite Alternative: Small Caps
In einem ETF wie dem SPDR MSCI Emerging Markets Small Cap werden nicht nur die Branchen anders gewichtet, es steht auch eine andere Assetklasse im Fokus: Nebenwerte. Der ETF investiert gezielt in kleinere Unternehmen aus den Schwellenländern, die oft stärker auf ihre lokalen Märkte ausgerichtet und weniger von globalen Technologietrends abhängig sind. Das Portfolio umfasst nahezu 2000 Positionen, die Konzentration auf einzelne Werte ist minimal. Der Technologieanteil liegt bei etwa 15 Prozent, während Industrie, zyklische Konsumgüter und Grundstoffe einen größeren Anteil ausmachen. Auch die regionale Verteilung ist breiter: Der China-Anteil fällt deutlich geringer aus als klassischen Index, dafür sind Länder wie Indien, Brasilien, Südafrika und Indonesien stärker vertreten. Die Performance der zurückliegenden Jahre zeigt dabei eine geringere Korrelation zu den großen Techwerten, was in der Konsequenz für echte Diversifikation spricht.
Weniger Schwankungen inklusive
Wer es lieber defensiver mag und die Schwankungen der Emerging Markets reduzieren möchte, für den könnte deriShares Edge MSCI EM Minimum Volatility eine Überlegung wert sein. Dort wird gezielt in Aktien investiert, die in der Vergangenheit besonders stabile Kursverläufe gezeigt haben. Das Portfolio ist entL sprechend anders zusammengesetzt: Sektoren wie Finanzen, Basiskonsum und Versorger sind deutlich stärker vertreten als Technologie, die mit etwa 19 Prozent eine geringere Rolle spielt. Die Top-Positionen sind breit gestreut, kein Einzelwert dominiert das Portfolio. Auch bei der Ländergewichtung zeigt sich ein defensiver Ansatz: China ist mit rund 25 Prozent zwar weiterhin präsent, jedoch nicht übermächtig. Pluspunkt: Gerade in turbulenten Marktphasen hat sich dieser ETF als robuster als die herkömmlichen Schwellenländer-ETFs erwiesen. In Abwärtsphasen verlor er typischerweise weniger als der breite Markt, während er in Aufwärtsphasen zwar nicht immer die volle Dynamik mitnahm, aber dennoch solide Renditen erzielte.
Insgesamt zeigt sich: Wer Emerging Markets als Diversifikation nutzen möchte, sollte genau hinschauen – andernfalls wird aus einer gut gemeinten Idee ein heimlicher Tech-Verstärker im Depot. Die drei Alternativen bieten unterschiedliche Wege, das Tech-Risiko zu reduzieren, sei es über den Fokus auf Qualität und Dividenden, über die Streuung auf kleinere Unternehmen oder über einen schwankungsärmeren Ansatz. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.
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