US-Kreditmärkte unter Druck: Rekordausfälle bei Kreditkarten, Studien- und Autokrediten – Banken zittern nach Tricolor-Pleite und ACC-Schock. Droht nach First Brands nun das nächste Finanz-Beben?
Verspätete Kreditkartenzahlungen auf Rekordhoch
Die US-Verbraucher stolpern zunehmend über ihre Schuldenberge: Im vierten Quartal 2024 erreichte der Anteil der Kreditkartenkonten, die mindestens 90 Tage überfällig sind, mit 0,90 Prozent einen Zwölf-Jahres-Höchststand. Das geht aus den neuesten Daten der Federal Reserve Bank of Philadelphia hervor. Zwar ist das nur ein marginaler Anstieg gegenüber den 0,89 Prozent Ende 2023, doch im Vergleich zu 0,70 Prozent aus 2022 zeigt sich eine klare Eskalation. Parallel dazu verharrt die Gesamtverschuldung per Kreditkarte bei einem Rekordwert von 1,21 Billionen Dollar.
Hinzu kommt: Immer mehr Amerikaner leisten nur noch die Mindestzahlungen – zuletzt 11,12 Prozent der Karteninhaber. Saisonale Muster, wie verspätete Rechnungsbegleichungen nach Weihnachten und anschließende Entlastung durch Steuerrückzahlungen im Frühjahr, relativieren den Trend nur bedingt. Die Botschaft ist eindeutig: Die Konsumenten sind unter Druck.
Studienkredite und Autodarlehen im Strudel
Besonders beunruhigend sind die Zahlen zu staatlich garantierten Studienkrediten: 15,6 Prozent der Zahlungen sind überfällig – ein neuer Rekord. Im Autokreditmarkt, traditionell ein Frühwarnsystem für Konjunkturprobleme, erreichen die Ausfälle historische Höhen. Laut Fitch Ratings lagen die Zahlungsverzögerungen bei Subprime-Autokrediten (Kredit-Score < 620) im Januar 2025 bei 6,6 Prozent – dem höchsten Wert seit Beginn der Datenerfassung 1994.
Auch bei Kreditnehmern mit solider Bonität steigen die Rückstände, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Die Gesamtschuld für Autokredite liegt mittlerweile bei 1,66 Billionen Dollar – eine gewaltige Hypothek auf die US-Konjunktur.
Erschütterungen im Subprime-Sektor: Dallas, Detroit, Desaster
Die Turbulenzen bleiben nicht auf statistische Tabellen beschränkt. Mit der Pleite von Tricolor Holdings ist ein prominenter Subprime-Auto-Finanzierer kollabiert. Rund 10.000 Fahrzeuge in 60 Einrichtungen über sechs Bundesstaaten sind ungesichert, die Banken fürchten Verluste in dreistelliger Millionenhöhe. JPMorgan, Barclays und Fifth Third Bank tauchen in den Insolvenztabellen als Großgläubiger auf – mit unmittelbaren Abschreibungen von bis zu 200 Millionen Dollar. Ermittler prüfen Manipulationen an den Sicherheitenakten.
Die Parallelen zur Finanzkrise 2008 drängen sich auf: aggressive Kreditvergabe, gebündelte riskante Wertpapiere, hohe Abhängigkeit von institutioneller Finanzierung. Doch die Dimensionen sind kleiner: Autokredite summieren sich auf 1,66 Billionen Dollar – Hypotheken damals auf fast 13 Billionen. Ein „neuer Lehman-Moment“ ist damit zwar unwahrscheinlich, doch die Verwundbarkeit der Kreditmärkte wird schmerzhaft offengelegt.
Automotive Credit Corporation zieht Notbremse
Auch die Automotive Credit Corporation (ACC), ein 33 Jahre alter Subprime-Auto-Finanzierer, hat im August abrupt alle neuen Kreditvergaben gestoppt. Offiziell spricht man von einem „strategischen Shift“, doch im Kern geht es um steigende Ausfälle, teurere Refinanzierung und schwindende Liquidität. Für Autohändler, die auf ACC angewiesen waren, bedeutet dies unmittelbare Finanzierungslücken – ein Alarmsignal für die Branche.
Erste Banken geraten ins Wanken
Dass sogar eine Community Bank in Dallas gezwungen war, tausende Fahrzeuge sicherzustellen, weil Tricolores Konkursverfahren chaotisch verlief, zeigt, wie weit die Schockwellen reichen. Die Bankenwelt prüft inzwischen akribischer ihre Engagements in Warehouse-Krediten und Asset-Backed Securities (ABS). Für Anleger bedeutet das: Höhere Transparenzpflichten, strengere Ratings und wachsende Risiken im Subprime-Segment.
Zulieferer First Brands am Abgrund
Das Kreditbeben beschränkt sich nicht auf Endkonsumenten: Auch im Unternehmenssektor zeigen sich Risse. Der Autozulieferer First Brands Group – bekannt durch Marken wie Fram-Filter und Trico-Wischerblätter – steht vor einer Chapter-11-Insolvenz. Die Schulden belaufen sich auf rund 6 Milliarden Dollar, Gespräche über einen Notkredit von 1,25 Milliarden laufen. Dass ein Unternehmen mit enger Verflechtung zu Großhändlern wie Walmart und O’Reilly ins Straucheln gerät, wirft ein Schlaglicht auf die fragile Verfassung des gesamten Kreditmarktes.
Ein Stresstest in Echtzeit
Die Kette der Meldungen – steigende Ausfälle bei Kreditkarten, Rekordstände bei Studien- und Autokrediten, Insolvenzen im Subprime-Sektor und Schieflagen bei Zulieferern – verdichtet sich zu einem klaren Muster: Die US-Kreditmärkte befinden sich in einem Stresstest in Echtzeit.
Noch spricht vieles gegen eine Wiederholung der Finanzkrise von 2008. Doch die aktuellen Entwicklungen legen schonungslos offen, wo das System angreifbar ist: bei Überdehnung im Konsum, mangelnder Risikovorsorge bei Spezialfinanzierern und blinder Abhängigkeit von Kreditverbriefungen.
Oder, wie es ein Analyst trocken formulierte: „Die Kreditmärkte sind zwar nicht der Brandherd der nächsten Krise – aber sie liefern schon heute den Rauch.“
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