SAP enttäuscht Anleger: Trotz solider Zahlen sorgt die gesenkte Cloud-Prognose für Kursdruck – die Aktie verliert nachbörslich 4 Prozent.
Die Ernüchterung kam zu später Stunden – nämlich erst nach Handelsschluss an der Wall Street. Europas wertvollster Softwarekonzern SAP musste bei Vorlage seiner neusten Quartalsbilanz seine Erwartungen für das Cloudgeschäft nach unten anpassen – und die Aktie reagierte prompt.
In New York verlor das Papier am Mittwochabend rund vier Prozent auf 232 Euro. Die Reaktion spiegelt die wachsenden Zweifel wider, ob SAP den selbst gesteckten Hochgeschwindigkeitskurs bei den Wachstumszielen halten kann.
Vorsichtigere Cloud-Prognose bremst Anleger-Euphorie
SAP-Chef Christian Klein räumte ein, dass sich die Nachfrage im Cloudgeschäft zuletzt abgekühlt hat. Der Walldorfer Konzern rechnet nun nur noch mit einem Wachstum am unteren Ende der bisher kommunizierten Spanne von 26 bis 28 Prozent. Hintergrund sind laut Finanzchef Dominik Asam ein „unsicheres gesamtwirtschaftliches Umfeld“ und die Zurückhaltung vieler Kunden – insbesondere aus dem öffentlichen Sektor in den USA.
Dabei handelt es sich um eine besonders empfindliche Stelle: Das vierte Quartal ist traditionell die wichtigste Phase im SAP-Geschäftsjahr. Hier werden regelmäßig Großaufträge abgeschlossen, die über die operative Dynamik entscheiden.
Umsatz solide, aber Cloud bleibt Schlüssel
Operativ legte SAP im dritten Quartal weiter zu. Der Umsatz stieg um sieben Prozent auf 9,08 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis um 14 Prozent auf 2,57 Milliarden Euro. Der Nettogewinn kletterte sogar um 42 Prozent auf 2,05 Milliarden Euro. Der Cloudumsatz wuchs um 22 Prozent auf 5,29 Milliarden Euro – weniger als Analysten erwartet hatten. Ein schwächerer US-Dollar kostete das Unternehmen rund fünf Prozentpunkte Wachstum.
Umgerechnet bedeutet das: Jede Cent-Verschlechterung des Euro-Dollar-Kurses schlägt nach SAP-Angaben mit rund 30 Millionen Euro Umsatzverlust zu Buche. Da die USA der wichtigste Einzelmarkt des Konzerns sind, wiegt diese Währungsentwicklung besonders schwer.
Pipeline soll Vertrauen stützen
Trotz der gedämpften Erwartungen zeigte sich CEO Klein betont optimistisch: „Wir gewinnen Marktanteile hinzu, während sich unsere Kunden zunehmend für Lösungen in der gesamten SAP Business Suite, darunter SAP Business Data Cloud und KI, entscheiden.“ Die Auftragspipeline für das vierte Quartal sei stark – auch bei den US-Behörden, die zuletzt auf die Bremse getreten hatten.
Beim operativen Ergebnis peilt SAP nun das obere Ende der Zielspanne von 26 bis 30 Prozent Wachstum an. Auch der Free Cashflow soll mit 8,0 bis 8,2 Milliarden Euro höher ausfallen als bislang angenommen.
Börse bleibt skeptisch
An der Börse überlagerten die Warnsignale jedoch die positiven Aspekte. Seit der Ankündigung von Vertragsverzögerungen im Sommer steht die Aktie unter Druck. Nach einem Jahreshoch im Februar verlor der Titel zweistellig, unterschritt die 200-Tage-Linie und gab zwischenzeitlich alle Jahresgewinne ab. Stand jetzt liegt das Papier bei rund 232 Euro – ein Minus von etwa zwei Prozent seit Jahresbeginn.
Analysten betonen, dass SAP trotz der Korrektur mit einer Marktkapitalisierung von rund 290 Milliarden Euro fundamental ambitioniert bewertet bleibt. Entscheidend wird sein, ob der Konzern das Cloudwachstum im Schlussquartal wieder beschleunigen kann – und ob das Vertrauen institutioneller Investoren zurückkehrt.
SAP muss beweisen, dass es im AI-Wettrennen mit dem Silicon Valley mithalten kann
SAP steht damit an einem strategischen Scheideweg: Der Konzern wächst profitabel, steigert den Free Cashflow und gewinnt Marktanteile – gleichzeitig aber wird der wichtigste Wachstumsmotor, die Cloud, zum Unsicherheitsfaktor. Die Märkte wollen Wachstum wie bei US-Big-Techs sehen.
Für die Aktie bedeutet das: Die nächsten Wochen rund um das Jahresendgeschäft dürften wegweisend dafür sein, ob die jüngste Schwächephase nur ein Zwischentief oder eine Ausdehnung der Korrektur ist. Der DAX-Champion steht damit weiter unter Beweiszwang – sowohl beim Kundenvertrauen als auch an der Börse.
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