BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Der Leasingspezialist Grenke hat 2022 deutlich mehr Neugeschäft gemacht als im noch stark von Corona geprägten Vorjahr. Das Volumen des Leasingneugeschäfts stieg um rund 39 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro, wie das im SDax notierte Unternehmen am Mittwoch in Baden-Baden mitteilte. Damit erreichte Grenke das obere Ende der im Oktober angehobenen Prognosespanne von 2,1 bis 2,3 Milliarden Euro. Der Deckungsbeitrag als Maß für den operativen Gewinn konnte nicht ganz so stark zulegen, die entsprechende Marge ging damit zurück. Der Aktienkurs legte jedoch deutlich zu.

Das Papier gewann am Vormittag zeitweise sieben Prozent auf 23 Euro. Zuletzt legte die Aktie noch um rund 3,5 Prozent zu. Das Jahr sei mit einem starken Ausklang zu Ende gegangen, das Wachstum sei höher ausgefallen als erwartet, schrieb Warburg-Analyst Marius Fuhrberg. Die Zahlen unterstrichen einmal mehr den Aufwärtstrend bei dem Leasingspezialisten.

Die Coronadelle haben die Baden-Badener noch nicht ganz hinter sich gelassen, schließlich liegt das Neugeschäftsvolumen nach wie vor unter dem Wert von 2019 mit damals 2,8 Milliarden Euro. Bis 2024 haben der derzeit krankheitsbedingt pausierende Vorstandschef Michael Bücker und der interimistisch leitende Finanzvorstand Sebastian Hirsch Neugeschäft in Höhe von 3,4 Milliarden Euro ins Auge gefasst.

Die Profitabilität ging im Gesamtjahr zurück, auch weil sich Grenke wieder mehr auf größere Verträge konzentriert, die nicht so rentabel sind. Der Deckungsbeitrag, also die Differenz zwischen den Erlösen und den variablen Kosten, kletterte um gut 26 Prozent auf knapp 370 Millionen Euro. Die Marge gemessen am Deckungsbeitrag ging somit um eineinhalb Prozentpunkte auf 16,1 Prozent zurück.

Allerdings tragen auch anziehende Zinsen dazu bei, weil Grenke diese nur mit Zeitverzug an die eigenen Kunden weitergeben kann. "Auch im vierten Quartal war es wichtig, dem extrem dynamischen Zinsanstieg zu trotzen", sagte Hirsch. "Auch wenn diese Umstände voraussichtlich noch einige Monate anhalten, können wir mit unserer klaren Positionierung und unserem Know-how im Small-Ticket-Leasing weiterhin agil und flexibel agieren." Nach früheren Angaben dauert es in den einzelnen Märkten üblicherweise ein Quartal, bis Grenke höhere Refinanzierungskosten weiterreichen kann.

Grenke bietet vor allem Leasinggeschäfte für kleine und mittlere Gewerbekunden an, die ihre Geschäftsausstattung wie Rechner, Drucker oder Restaurantmöbel lieber leasen, anstatt zu kaufen. Das hatte in der Pandemie vor allem im Gastgewerbe und im Tourismus in Südeuropa die Geschäfte einbrechen lassen. Das durchschnittliche Volumen eines Vertrages lag im vierten Quartal bei 9443 Euro und legte damit um neun Prozent zu.

Im Schlussquartal machte Grenke das meiste Neugeschäft in Westeuropa, vor allem in Frankreich. Am stärksten zulegen konnte indes die Region Nord- und Osteuropa, insbesondere Großbritannien und Finnland.

Auch wenn sich die Grenke-Aktie mit den vorläufigen Zahlen weiter von den Kurstiefs um die 18 Euro aus dem Herbst und von vor dem Jahreswechsel lösen konnte - die Corona-Delle und der Einfluss der Shortseller-Vorwürfe von vor über zwei Jahren ist nach wie vor für die Anleger deutlich zu spüren. Auch im Jahr 2022 war die Bilanz schlecht, der Kurs fiel um über ein Drittel. Vor Ausbruch von Corona im Februar 2020 notierte das Papier noch über der Marke von 100 Euro.

Im Herbst 2020 hatte der Leerverkäufer Viceroy schwere Vorwürfe rund um die Geschäftspraktiken der Firma erhoben. Eine Sonderprüfung der Finanzaufsicht Bafin stellte daraufhin organisatorische Mängel fest. Grenke erhielt letztlich das volle Testat für seine Bilanzen, ordnete aber in der Folge auch seine Beteiligungen neu und übernahm Franchisegesellschaften, deren Rolle von Anlegern moniert worden war. Ende Dezember schloss Grenke Kaufverträge über weitere vier von 14 noch zum Kauf ausstehenden Franchisegesellschaften ab. Die restlichen Übernahmen sollen bis Mitte 2023 abgeschlossen werden.

Den Geschäftsbericht mit den finalen Zahlen legt Grenke am 16. März vor./zb/men/mis/jha/

Quelle: dpa-Afx