ESSEN (dpa-AFX) - Eine schwache Stahlnachfrage und niedrigere Preise haben den Industriekonzern Thyssenkrupp
Am Aktienmarkt brachte dies Anleger auf den Boden der Tatsachen zurück. In diesem Jahr hat der Kurs im Zuge des Rüstungsbooms vor allem von den guten Geschäften der Marine-Sparte TKMS sowie den Abspaltungsplänen profitiert. Die Aktie verlor am Donnerstagvormittag zeitweise elf Prozent, was den letzten Platz im MDax bedeutete. Dennoch kommt das Papier immer noch auf ein sattes Plus im laufenden Jahr: Der Wert hat sich in dem Zeitraum mehr als verdoppelt.
Analyst Christian Obst von der Baader Bank und auch Händler monierten die Ergebnisse. Dabei hält Obst es nun mit Blick auf die beibehaltenen Jahresziele für eine Herausforderung, "auch nur das untere Ende der vorgegebenen Spanne zu erreichen". Der Händler monierte außerdem den Auftragseingang und den schlechter als erwartet ausgefallenen negativen Barmittelfluss.
Der Umsatz von Thyssenkrupp sank um fünf Prozent auf 8,6 Milliarden Euro, wie das Unternehmen in Essen mitteilte. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) brach auf 19 Millionen Euro ein, nach 184 Millionen Euro im Vorjahr. Neben der schwächeren Nachfrage belastete eine geringere Produktionsauslastung wegen geplanter Umbaustillstände das Ergebnis des Stahlgeschäfts. Auch das Handelsgeschäft Material Services sowie die Automotiv-Tochter litten unter einem schwierigen Marktumfeld. Marine Systems legte hingegen leicht zu.
Unter dem Strich machte Thyssenkrupp im zweiten Quartal zwar einen Gewinn von 155 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr ein Verlust von 78 Millionen Euro aufgelaufen war. Dabei profitierte das Unternehmen jedoch von dem Verkauf von Thyssenkrupp Electrical Steel India.
Thyssenkrupp Nucera setzte hingegen seinen Wachstumskurs fort. Dabei profitierte das Unternehmen weiter von einem guten Chlor-Alkali-Geschäft. Das Marktumfeld für grünen Wasserstoff bezeichnete das Unternehmen als weiter "sehr herausfordernd". So belasteten regulatorische Unsicherheiten und hohe Anlaufkosten die Investitionstätigkeit und sorgten für Projektverschiebungen. An der Prognose hält Nucera fest. Die im Kleinwertesegment SDax notierte Aktie verlor am Vormittag mehr als sechs Prozent.
Auch der Mutterkonzern hat seine Ziele im Blick. "Für das zweite Halbjahr erwarten wir ein stabileres Marktumfeld sowie positive Effekte aus unseren eingeleiteten Maßnahmen, sodass wir unsere Gesamtjahresprognose bestätigen", sagte Konzernchef López. So geht das Management von einem um bis zu drei Prozent schwächeren Umsatz aus - im günstigsten Fall soll das Vorjahresniveau erreicht werden. Das bereinigte Ebit soll 600 Millionen bis eine Milliarde Euro erreichen. López bezeichnete 2024/25 erneut als "Übergangsjahr".
Unterdessen treibt Thyssenkrupp seine Umbaupläne voran. "Die Vorbereitungen für die Verselbstständigung unseres Marine-Geschäfts laufen auf Hochtouren", sagte Konzernchef López. Das Unternehmen bereitet die Abspaltung eines Minderheitsanteils der Marine-Sparte an die Aktionäre von Thyssenkrupp vor, die an der neuen Holding dann minderheitlich beteiligt werden sollen. Dabei strebt Thyssenkrupp eine Beteiligung von "51 Prozent plus" an, wie der Konzernchef in einer Telefonkonferenz sagte. Die Abspaltung soll noch innerhalb des Kalenderjahres erfolgen, hieß es. Die neue Holding soll an der Börse notiert werden.
Auch das Stahlgeschäft arbeitet an seiner Neuaufstellung. Anfang Mai haben IG Metall und Thyssenkrupp Steel eine Grundsatzvereinbarung für die dazu notwendige Restrukturierung des Unternehmens erzielt. Thyssenkrupp will die Kapazitäten deutlich zurückfahren und tausende Stellen streichen. Nach der Kündigung der Lieferverträge mit den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM) ist derweil ein Verkauf der Unternehmensanteile an HKM weiterhin die bevorzugte Option, wie es hieß.
Gerüchte über mögliche Ausstiegspläne aus dem Werkstoffhandel wies López zurück. Die Sparte Material Services sei und bleibe "Kerngeschäft". Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte Anfang April unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, dass der Essener Konzern Alternativen für das Geschäft wie eine Abspaltung erwäge./nas/mne/mis
Quelle: dpa-Afx