(Der Beginn des auferlegten Sparprogramms war im Herbst 2020)

WIESBADEN (dpa-AFX) - Der Umbau des Kohlefaserspezialisten SGL Carbon trägt Früchte. Nach drei Verlustjahren sei 2021 wieder ein Konzerngewinn erzielt worden, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Wiesbaden mit. Unterm Strich blieben 75,4 Millionen Euro hängen. Für das laufende Jahr geht das Management davon aus, zumindest einen Teil der wegen des Ukraine-Kriegs gestiegenen Produktionskosten an die Kunden weitergeben zu können. Es bleiben aber zahlreiche Unsicherheiten durch den Krieg. Für die SGL-Aktie ging es deutlich abwärts.

Zuletzt lag das Papier noch mit knapp acht Prozent im Minus bei 5,42 Euro und war damit größter Verlierer im Nebenwerte-Index SDax . Seit dem Jahreswechsel ist der Kurs damit um rund 30 Prozent gesunken. Der Ausblick auf das neue Jahr sei enttäuschend, sagte ein Aktienhändler. Die Zahlen des vergangenen Jahres seien aber zumindest auf der Ertragsseite besser.

SGL Carbon will vom Wachstum der Halbleiterindustrie sowie dem Ausbau der Elektromobilität und der erneuerbaren Energien profitieren. Allerdings könnte die Erholung des Geschäfts und die Nachfrage dieses Jahr durch die anhaltenden Pandemie-Maßnahmen und die noch schwer absehbaren Folgen des Kriegs gedämpft werden, räumte das Unternehmen am Donnerstag ein.

Dabei sehen die Wiesbadener unterbrochene Lieferketten und Produktionsunterbrechungen bei ihren Kunden ebenso als mögliche Belastung wie die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten. Allerdings hat der Konzern einen Großteil des Energiebedarfs nach eigenen Angaben durch Sicherungsgeschäfte abgedeckt, um die Risiken aus weiteren Preissteigerungen für sich zu minimieren.

Der Konzernumsatz soll 2022 auf dem Niveau des Vorjahres stagnieren - da war er um 9,5 Prozent auf gut eine Milliarde Euro gestiegen. Beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet das Management 110 bis 130 Millionen Euro. Das wäre in jedem Fall weniger als die 140 Millionen Euro aus dem Jahr 2021.

Bei seiner Prognose setzt SGL Carbon bereits voraus, einen Teil der gestiegenen Produktionskosten an seine Kunden weitergeben zu können. Noch nicht absehbare Liefer- und Produktionsunterbrechungen bei den Kunden sowie eine mögliche Eintrübung der Weltwirtschaft seien in der Prognose hingegen nicht enthalten, hieß es.

Wegen des laufenden Konzernumbaus betrachtet SGL Carbon 2022 als "Stabilisierungsjahr". Im vergangenen Jahr knackte das Unternehmen dank anziehender Nachfrage in fast allen Marktsegmenten wieder die Umsatzmilliarde und steigerte das bereinigte operative Ergebnis mit einem Zuwachs von mehr als die Hälfte überproportional stark.

Auf eine Dividende müssen die Aktionäre dennoch erneut verzichten. Die Dividendenfähigkeit sei 2021 nicht gegeben, heißt es im Geschäftsbericht. Erst wenn das Unternehmen weiter wachse und nachhaltig profitabler arbeite, werde die Zahlung einer Dividende möglich sein.

SGL Carbon hat schwierige Zeiten hinter sich. Strukturelle Veränderungen in wichtigen Branchen wie Automobil und Luftfahrt machten dem Wiesbadener Unternehmen zu schaffen. Dazu wurden 2019 Planungsfehler bekannt, und das Unternehmen musste seine mittelfristigen Ambitionen begraben. Der damalige Chef nahm seinen Hut - nur kurze Zeit, nachdem er seinen Vertrag verlängert hatte.

2020 machte SGL Carbon dann die Corona-Pandemie schwer zu schaffen, das Unternehmen schrieb Verluste. Im Herbst 2020 kündigte der neue Chef Torsten Derr ein umfangreiches Sparprogramm an - unter anderem sollte jede zehnte Stelle bei den Wiesbadenern gestrichen werden. Mit dem gesamten Programm werden Ergebnisverbesserungen von über 100 Millionen Euro pro Jahr bis zum Jahr 2023 angepeilt.

An SGL Carbon sind die Autobauer BMW und VW sowie BMW-Großaktionärin Susanne Klatten über ihre Beteiligungsgesellschaft Skion beteiligt./lew/stw/mis

Quelle: dpa-Afx