Bloß nicht schlechtreden, die Lage ist besser als die Stimmung. Die Binnenkonjunktur läuft, es gibt Vollbeschäftigung und wenig Inflation. Auf diesen Nenner lassen sich zahlreiche Diskussionsbeiträge in der aktuellen Ökonomen-Barometer-Umfrage des Börse-Online-Schwesterblattes €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv bringen.

Dennoch: Die Zahlen sprechen zunächst eine andere Sprache. Danach haben sich die Perspektiven der deutschen Wirtschaft auch im Januar weiter eingetrübt. Angesichts der Risiken um den Brexit und den Zollstreit zwischen den USA und China kühlt sich das Ökonomen-Barometer auch im ersten Monat des neuen Jahres weiter ab. So ging der Barometerstand zur Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage in Deutschland um über drei Prozent auf 60,7 Punkte zurück.

Die Prognose für die nächsten zwölf Monate sackte um sechs Prozent auf 49,7 Punkte ab. Das ist der schlechteste Prognosewert seit Dezember 2014 und ein Rückgang um 38 Punkte gegenüber dem Höchststand von 87,7 Punkten im November 2017.

Trotzdem rechnet nur jeder dritte Teilnehmer der Januar-Umfrage damit, dass die deutsche Wirtschaft 2019 in eine Rezession abgleiten könnte. Zum Jahresende 2018 war es bereits eng: Deutschland ist im Schlussquartal mit einem Miniwachstum nur knapp an einer sogenannten technischen Rezession vorbeigeschrammt, also zwei Minusquartalen in Folge bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Im dritten Quartal waren es minus 0,2 Prozent.

Ein-Prozent-Wachstum 2019



Erstmals seit 2015 steht auch beim Wachstum im Gesamtjahr keine Zwei mehr vor dem Komma: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im Jahr 2018 nur noch um 1,5 Prozent zu. Wirtschaftsverbände warnen vor einer nachlassenden Dynamik und vor raueren Zeiten. Für das Jahr 2019 rechnen Forschungsinstitute unter dem Strich mit einer BIP-Zunahme in Deutschland von nur noch einem Prozent.

Lediglich 36 Prozent der im aktuellen Ökonomen-Barometer befragten Experten erwarten 2019 allerdings tatsächlich eine Rezession in Deutschland, also mindestens zwei Minusquartale in Folge. Es werde 2019 eine "Konjunkturdelle" oder eine "Schwächephase" geben, allerdings keine Rezession, glauben etwa Horst Schellhaaß (Uni Köln) oder Volker Nitsch (TU Darmstadt). Neben Handelsstreit, China-Schwäche und Brexit hat Wilfried Fuhrmann von der Universität Potsdam als weiteres Konjunkturrisiko den US-Widerstand gegen das deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2 ausgemacht. Die USA haben beteiligte Unternehmen aus Deutschland (wie BASF und Uniper) mit Sanktionen bedroht. "Nord Stream 2 muss kommen. Wird es gestoppt, dann kommt die Rezession mit großer Wahrscheinlichkeit", warnt Fuhrmann, vertritt damit aber eine Einzelmeinung.

Hoffen auf Schwellenländer



Die Gefahr einer "echten" Rezession mit einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit schätzt Volker Hofmann vom Bankenverband BdB ohnehin als gering ein. "Unser Hauptszenario bleibt weiterhin, dass sich die Weltwirtschaft - ausgehend von den Schwellenländern - im Jahresverlauf wieder stabilisiert. In Deutschland bleibt die Binnennachfrage eine zentrale Konjunkturstütze."