Obwohl das Management von adidas Anfang August die Gewinnprognosen noch leicht nach oben revidiert hatte, setzte der DAX-Wert danach zu einer rasanten Talfahrt an. Unter fundamentalen Ursachen gab es hierfür mehrere Gründe. Zum einen trübte sich im Zuge der drohenden Pleite des chinesischen Immobilienkonzerns Evergrande sowohl das Geschäftsklima als auch das Konsumentenvertrauen in China spürbar ein. Nur zur Erinnerung: Der chinesische Markt gilt als der mit großem Abstand wichtigste Markt für die Herzogenauracher. Während in Q2 andere Regionen Umsatzzuwächse zwischen 64 und 230 Prozent p.a. erzielt hatten, gab es in China einen Rückgang um 15,9 Prozent auf 1,003 Milliarden Euro zu beklagen.

Vor zwei Wochen musste das Papier dann einen weiteren Tiefschlag hinnehmen. Weil das weltgrößte Sportartikelunternehmen Nike enttäuschende Unternehmenszahlen bekanntgab, wurden Konkurrenzunternehmen wie adidas ebenfalls abgestraft. Die in vielen Branchen zu beobachtenden Lieferkettenprobleme betreffen auch die global agierenden "Sportartikler". Während bei Nike die corona-bedingte Schließung einer vietnamesischen Produktionsstätte zu massiven Lieferkettenproblemen geführt hat, sorgt man sich bei adidas vor allem um die generellen Lieferprobleme und Produktionskosten sowie mögliche EU-Gesetze zur Reglementierung der Textilbranche. Vor drei Wochen sprach EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Beispiel von Plänen für ein EU-weites Verbot für Produkte aus Zwangsarbeit. Gerade in der Modebranche gibt es immer wieder Vorwürfe, in Fabriken müssen Menschen unter extrem schlechten Bedingungen arbeiten.

Mutige Anleger können die jüngste Talfahrt der adidas-Aktie dennoch als attraktive Einstiegschance interpretieren und darauf spekulieren, dass die Lage der weltweiten Nummer 2 in diesem Marktsegment deutlich besser ist als bei Nike. Die negativen Nachrichten sollten erst einmal eingepreist sein und zu einer erhöhten Rebound-Chance führen. Neue Hinweise bezüglich der weiteren geschäftlichen Perspektiven dürften die Investoren mit der Bekanntgabe der Neunmonatszahlen erhalten. Diese stehen am 10. November auf der Agenda.

Analysten überwiegend optimistisch


Auf Basis der Analystenschätzungen von FactSet Research wird für das laufende Geschäftsjahr beim Gewinn pro Aktie ein Wert von 4,48 Dollar prognostiziert - vor drei Monaten lag dieser Wert noch bei lediglich 4,73 Dollar. Unter den Analystenurteilen überwiegen derzeit die positiven Einschätzungen. Unter den insgesamt 31 erfassten Empfehlungen findet sich aktuell keine einzige Verkaufsempfehlung (Sell). Lediglich zweimal wird zum Untergewichten (Underweight) des Titels geraten, während eine große Mehrheit tendenziell optimistisch gestimmt ist. 17 Analysten sehen die adidas-Aktie als Kauf (Buy), während ein Experte zum Übergewichten (Overweight) rät.

Aus charttechnischer Sicht stellt sich Lage bei der adidas-Aktie gegenwärtig ausgesprochen spannend dar. Zum einen bewegt sich der DAX-Wert auf eine wichtige Unterstützungszone zu, die im Bereich von 255 Euro angesiedelt ist. Sollte sie verletzt werden, droht ein weiterer Härtetest im Bereich von 240 Euro. Zum anderen bereitet aber auch die langfristige 200-Tage-Linie erhebliches Kopfzerbrechen. Bei ihr deutet nämlich einiges auf einen Trendwechsel nach unten hin, was unter Chartisten als Verkaufssignal interpretiert wird. Ein kleiner Lichtblick liefert der Blick auf den Timingindikator Relative-Stärke-Index (RSI). Dieser generierte in den vergangenen Tagen mit dem Überwinden der Marke von 30 Prozent ein charttechnisches Kaufsignal. Im Frühjahr 2020 folgte auf ein solches Ereignis eine rasante Kursrally von über 70 Prozent, und dies innerhalb von lediglich sechs Monaten.

Unter den technischen Indikatoren überwiegen derzeit jedoch überwiegend die "Molltöne". Auf der Website Tradingview steht das Pendel derzeit nämlich auf "Verkaufen". Von den insgesamt 26 Parametern legen derzeit zwei das "Kaufen", zehn das Halten ("Neutral") und 14 das "Verkaufen" der adidas-Aktie nahe.