Die Airline bat Passagiere, vor der Anfahrt zum Flughafen den Status ihres Fluges unter www.airberlin.com/fluginfo zu prüfen. Reisenden, die von Streichungen betroffen seien, solle die "bestmögliche Reisealternative" angeboten werden.

"Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für unsere Gäste", sagte eine Sprecherin. Allein an den Drehkreuzen Düsseldorf und Berlin-Tegel fielen nach Betreiberangaben jeweils 20 Abflüge aus.

Die Airline via Kurznachrichtendienst Twitter:


Von den Turbulenzen bei der insolventen Air Berlin ist auch der Flughafen in München betroffen. Die Fluggesellschaft annullierte am Dienstag acht der 35 vorgesehenen Starts am zweitgrößten deutschen Flughafen. In Nürnberg gab es, abgesehen von Verspätungen, keine Beeinträchtigungen der zehn planmäßigen Abflüge.

Tausende von Passagieren würden vergeblich auf ihren Abflug warten. Viele Kunden machten ihrem Ärger in den Sozialen Netzwerken Luft. "In einem schlechteren Licht kann ein Unternehmen gar nicht dastehen als die Air Berlin am heutigen Tage", schrieb Iffert. Am Freitag läuft die Frist für Angebote für die Fluglinie aus.

Der Grund für die Flugstreichungen sei eindeutig, erklärte Air Berlin: "Es gibt heute rund 200 Krankmeldungen im Cockpit, vor allem von Kapitänen." Die "Bild"-Zeitung berichtete, Hintergrund sei, dass am Montag Verhandlungen zum Übergang von 1200 der 1500 Air-Berlin-Piloten auf den potenziellen neuen Käufer von der Geschäftsführung abgebrochen worden seien. Ein Air-Berlin-Sprecher dementierte dies allerdings. Vielmehr gebe es am Dienstag Gespräche mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Diese sprach von spontanen Aktionen und erklärte, sie habe Piloten nicht dazu aufgerufen, sich krankzumelden. Die Piloten müssten den aktuellen Flugbetrieb sicherstellen.

Ein Hauptgrund für die Krankmeldungen könnte sein, dass das Management bislang Verhandlungen darüber ablehne, nach welchen Maßstäben die Piloten in eine neue Gesellschaft übernommen würden, sagte ein VC-Sprecher. "Das sorgt natürlich für wahnsinnig viel Unmut." Wichtig seien nun Verhandlungen über einen geregelten Übergang der Mitarbeiter. Für Missstimmung habe auch die Ankündigung von Air Berlin geführt, ab 25. September das Karibik-Flugprogramm zu beenden und die Streichung von USA-Flügen vorzuziehen. Die Langstrecken-Flüge werden häufig von erfahrenen Piloten absolviert und sind besonders attraktiv für die Flugzeugführer. "Das Management nutzt die Situation dafür, um die teureren Piloten zu kündigen. Hier wird die Braut ganz offensichtlich für den Verkauf hübsch gemacht."

FLUGAUSFÄLLE KOSTEN MILLIONEN



Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet, weil der Großaktionär Etihad den Geldhahn zudrehte. Nun lotet der Sachwalter Lucas Flöther zusammen mit dem Management Lösungen für eine Sanierung aus. Interessenten können ihre Angebote bis zum 15. September abgeben. Eine Entscheidung über den Verkauf der Airline als Ganzes oder Teile davon könnte kurz danach fallen. "Unser Ziel ist, dass wir bereits im Gläubigerausschuss am 21. September zu konkreten Entscheidungen kommen", schrieb Chief Operations Officer (COO) Iffert. Deshalb seien die "heutigen Ereignisse pures Gift." Der Generalbevollmächtigte des Unternehmens, Frank Kebekus, ergänzte: "Wenn sich die Situation nicht kurzfristig ändert, werden wir den Betrieb und damit jegliche Sanierungsbemühungen einstellen müssen."

Die Flugausfälle könnten einem Brancheninsider zufolge zu vier bis fünf Millionen Euro Verlust führen. Konzernchef Thomas Winkelmann sagte nur: "Der heutige Tag kostet uns mehrere Millionen Euro." Die Airline müsse nun schnellstmöglich zu stabilen Betriebsabläufen zurückfinden. Das sei die zwingende Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen mit Investoren.

VERDI HÄLT WEITERE KRANKMELDUNGEN FÜR MÖGLICH



Verdi zeigte derweil Verständnis für die Krankmeldungen. Sie seien "in dieser Situation keinesfalls verwunderlich". Es sei nicht auszuschließen, dass es auch bei anderen Beschäftigten dazu kommen könne. In den Gesprächen der Investoren müssten nicht nur wirtschaftliche Interessen im Fokus stehen, sondern auch die mehr als 8000 Arbeitsplätze. "Angst und Wut der Air Berliner eskalieren, weil es hier um Existenzen ganzer Familien geht", warnte Verdi-Bundesvorstand Christine Behle.

Mit scharfer Kritik reagierte die Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), auf die Flugausfälle. "Bei den Verhandlungen mit Air Berlin herrscht Chaos und die Passagiere bleiben auf der Strecke", sagte Künast dem "Handelsblatt".

Die Lufthansa hat offiziell ihr Interesse an Air Berlin erklärt. Als möglicher Käufer gilt auch die Billigairline Easyjet, während die Thomas-Cook-Tochter Condor, einem Firmeninsider zufolge ein Angebot vorbereitet. Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hat bereits eine variable Offerte abgegeben, die jedoch bei Branchenexperten auf Skepsis stieß. Er erwäge unter bestimmten Umständen rechtliche Schritte, falls er nicht zum Zuge komme, sagte Wöhrl dem Tagesspiegel (Mittwochausgabe).

rtr/dpa-AFX