Viele Allianz-Aktionäre sind heilfroh, dass das Jahr 2021 bald zu Ende geht. Das Papier notiert praktisch auf dem Stand vom Jahresanfang. Grund ist die Ungewissheit über den Ausgang von Schadenersatzklagen von Investoren in den USA. Die Kläger werfen der Vermögensverwaltungstochter Allianz Global Investors (AGI) vor, nicht angemessen auf die Marktentwicklung in der frühen Phase der Pandemie reagiert zu haben, wodurch sie hohe Verluste erlitten hätten.

Umso mehr hoffen Investoren, dass Vorstandschef Oliver Bäte und Finanzchef Giulio Terzariol beim Jahresabschluss genügend Anhaltspunkte haben könnten, um eine Rückstellung zu bilden, womit das Thema einen Schritt näher in Richtung Lösung vorankäme. Dann könnten sich Anleger auf die guten Geschäfte und die starken Aussichten fokussieren.

Gewinnsteigerung geplant

Bäte und Terzariol haben auf dem Kapitalmarkttag am 3. Dezember die Ziele bis 2024 präsentiert. So soll der Gewinn je Aktie zwischen 2022 und 2024 um durchschnittlich fünf bis sieben Prozent pro Jahr gesteigert werden und 2024 rund 25 Euro erreichen. Dabei wird durch die weltweite Einführung gleicher Produkte die Zahl der Produktvarianten um 99 Prozent reduziert. Zudem wird es künftig statt mehrerer Hundert nur noch 32 übergeordnete Geschäftsprozesse geben. "Jetzt werden wir unsere globale Größe als Wettbewerbsvorteil einsetzen, um unseren Kundenstamm und unsere Margen zu vergrößern", sagte Bäte.

Dabei soll der Umsatz im Schnitt um drei bis vier Prozent auf mehr als 160 Milliarden Euro für 2024 zulegen, nach durchschnittlich rund drei Prozent von 2019 bis 2021. Beim operativen Gewinn peilt Bäte einen Zuwachs von geplanten 13 Milliarden Euro für 2021 auf stattliche 14,5 Milliarden an. Dabei müssen die etwas weiter sinkenden Zinseinnahmen durch umso höhere Gewinne aus dem "reinen" Versicherungsgeschäft überkompensiert werden. Zudem soll eine Eigenkapitalrendite von mindestens 13 Prozent erwirtschaftet werden. Sie wird errechnet, indem man den Gewinn durch des Eigenkapital dividiert. Da für 2021 ein bereinigter Wert von rund 13,5 Prozent angestrebt wird, liegt die Messlatte weiterhin hoch.

Die Vorstände haben allen drei Bereichen ehrgeizige Vorgaben gemacht. So soll das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft den operativen Gewinn um durchschnittlich sechs Prozent pro Jahr auf 6,6 Milliarden für 2024 verbessern, womit es weiterhin der größte Ergebnislieferant wäre. Dabei wird für 2024 eine Schaden-Kosten-Quote ("Combined Ratio") von 92 Prozent angestrebt. Sie spiegelt den Anteil der Aufwendungen für Schäden sowie Verwaltung und Vertrieb im Verhältnis zu den Prämieneinnahmen wider. Bereinigt um die überdurchschnittlich hohen Ausgaben für Katastrophenschäden lag die Quote nach den ersten drei Quartalen 2021 bei rund 92 Prozent - ein sehr guter Wert.

Bäte verwies unter anderem auf das Geschäft mit Autoversicherungen in Deutschland. Dabei soll das Neugeschäft bis 2024 um 25 Prozent wachsen, während gleichzeitig die Stückkosten um 25 Prozent gesenkt werden sollen. Zudem soll der Bereich Lebens- und Krankenversicherung den Profit im Schnitt um drei Prozent auf 5,3 Milliarden Euro steigern. Im Vermögensverwaltungsgeschäft haben die Töchter Pimco und AGI als Ziel einen Gewinn von 3,7 Milliarden Euro, das sind im Schnitt fünf Prozent mehr pro Jahr. Im dritten Quartal hatten die beiden Töchter Nettozuflüsse von insgesamt 25,7 Milliarden Euro erzielt und damit den Erfolgskurs fortgesetzt.

Dividendenpolitik geändert

An dem geplanten Gewinnwachstum sollen Aktionäre stärker partizipieren, weshalb der Vorstandschef die Dividendenpolitik geändert hat. Schon für 2021 sollen 50 Prozent des Gewinns ausgeschüttet werden, nun allerdings bereinigt um Sondereffekte. Zudem wird die Dividende um jeweils mindestens fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht. Außerdem plant der Konzern, das überschüssige Kapital an die Anteilseigner zurückzugeben, beispielsweise über Aktienrückkäufe.

Die Allianz will in den nächsten drei Jahren nach Abzug der Dividende und Wachstumsinvestitionen insgesamt zwölf Milliarden Euro an Überschusskapital generieren. Die Dividendenpolitik steht unter der Bedingung, dass die Solvency-II-Kapitalquote, die die Kapitalstärke eines Versicherers abbildet, bei mehr als 150 Prozent liegt. Zum Ende des dritten Quartals waren es 207 Prozent, wobei die Allianz mehr als 180 Prozent anstrebt. Zwischen 2019 und 2021 hatte der Konzern insgesamt zwölf Milliarden Euro für Dividenden und drei Milliarden für Aktienrückkäufe ausgegeben.

Um das Kapital effizienter zu verwalten, hat der US-Lebensversicherer Allianz Life zuletzt eine Rückversicherungsvereinbarung über ein 35 Milliarden Dollar schweres Portfolio mit Unternehmen der US-Investmentfirma Sixth Street abgeschlossen. Durch den Deal werden 3,6 Milliarden Euro an Kapital freigesetzt. Zudem wird sich die Eigenkapitalrendite von Allianz Life um sechs Prozentpunkte auf 18 Prozent verbessern. Außerdem steigt die Solvency-II-Quote der Mutter um neun Prozentpunkte auf 216 Prozent, was wiederum mehr Spielraum eröffnet, etwa für Aktienrückkäufe. Mit einem KGV von neun ist die Aktie günstig. Bei den kleinsten positiven Nachrichten, was die US-Klagen angeht, sollte das Papier kräftig nach oben drehen.

 


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