Es war der erste große Auftritt Bätes als Allianz-Chef - und er endete mit einem flammenden Appell an die Anleger: Er bitte sie ausdrücklich um Unterstützung für eine richtig große Übernahme, sagte Bäte, und machte klar, dass er die Chancen auf eine solche für gut halte.

Doch spätestens als Bäte im Mai in der "Financial Times" laut über eine "Fusion unter Gleichen" nachdachte, war klar, dass die potenziellen Partner wie Zurich nicht willens oder wie die letztlich von AXA geschluckte XL Group zu teuer waren. In den Köpfen der Anleger steckt Bätes Appell aber noch immer - zum Schaden des Aktienkurses: "Der Kapitalmarkt hat immer noch Angst, dass man eine schlechte Übernahme hinlegt", sagt Portfolio-Manager Tim Friebertshäuser von der Fondsgesellschaft DWS, die nach Refinitiv-Daten der viertgrößte Aktionär der Allianz ist. "Diese Angst muss die Allianz ihm mit einer disziplinierten M&A-Politik nehmen."

Ein paar Milliarden hier und dort wären durchaus drin. "Aber zweistellige Milliardensummen würden die Investoren auf die Barrikaden treiben", sagt ein anderer Allianz-Großaktionär, der nicht genannt werden will. Dass die Münchner inzwischen andere Signale aussenden, gefällt Friebertshäuser: "Für ihr Geschäftsmodell braucht die Allianz keine Übernahme, etwa um ihr Portfolio zu optimieren. Mit internen Verbesserungen fährt sie besser." Das deutlichste Signal sind die Aktienrückkäufe, die Bäte inzwischen im Volumen von sechs Milliarden Euro umgesetzt oder zumindest angekündigt hat - und auf die nächste Ankündigung warten die Investoren schon. Dabei hatte er solche Investitionen einst als "fantasielos" kritisiert.

EIN LUXUS-PROBLEM: WOHIN MIT DEM GELD?

Doch ohne eine Übernahme bleibt ihm kaum etwas übrig, wenn er die Anleger nicht verärgern will: "Die Allianz hat ein Luxus-Problem", erklärt Fondsmanager Friebertshäuser. "Sie produziert vor allem in der Sachversicherung so viel Cash, das sie intern gar nicht investieren kann." Auch wenn die Digitalisierung viel Geld verschlingt. Das operative Geschäft brummt, die Allianz steht in diesem Jahr erneut vor einem operativen Rekord-Gewinn von mehr als 11,1 Milliarden Euro, wenn nichts Schwerwiegendes dazwischenkommt. Der US-Vermögensverwalter Pimco ist nach der Krise rund um den Abschied von Gründer Bill Gross wieder in der Spur, die Allianz Leben gilt in Deutschland als Aushängeschild und sammelt inzwischen jeden vierten Euro ein, der branchenweit in Lebensversicherungen angelegt wird.

So dürfte die Sachversicherung - immer noch der mit Abstand größte Gewinnbringer der Allianz - am Freitag im Mittelpunkt des Interesses stehen. Mit deren Umbau angefangen hat Bäte schon. In Deutschland holt die Allianz in der Autoversicherung mit einer völlig überarbeiteten Produktpalette auf Marktführer HUK-Coburg kräftig auf. In Europa baut Bäte an einem Online-Versicherer, mit dem er den Beweis antreten will, dass Versicherung - von der Kapitalanlage - nicht nur ein lokales Geschäft ist. Dass es über die Grenzen hinweg keine Synergien gebe, sei "der größte Mythos in unserer Industrie", sagte Bäte auf dem Kongress am Freitag. Produkte und Prozesse ließen sich in hohem Maße harmonisieren. "Wir werden keine Produkte mehr nur für einen Markt bauen." Das größte Hindernis dabei sei die veraltete IT. "Die Baustelle ist riesig und wird sie auch für viele Jahre noch bleiben", räumte der Allianz-Chef ein.

Deshalb dürften die Ziele, auf die Bäte die Investoren am Freitag in der Allianz-Zentrale am Englischen Garten in München einschwören will, wenig spektakulär ausfallen: hier ein paar Prozent besser in der Schaden-Kosten-Quote, dort ein Stück mehr Wachstum. Die Eigenkapitalrendite von 13 Prozent, die man 2018 erreichen wird, sei "für die Investoren mehr als in Ordnung", hatte Finanzvorstand Giulio Terzariol schon Ende September die Erwartungen gedämpft.

Wichtiger wird es für den ungeduldigen Bäte, die Mitarbeiter in die digitale Zukunft mitzunehmen. In einer internen Umfrage hatten sie zuletzt wenig Vertrauen in die Führung gezeigt. "Da wird sicher nicht alles richtig gemacht, da gibt es hunderte unzufriedene Leute, auch auf den mittleren Führungsetagen", das hat auch der Aktionärsvertreter registriert. "Aber die Richtung stimmt." Und der Ex-McKinsey-Mann Bäte hat sich vorgenommen, etwas ruhiger zu werden: "Wir würden gerne nicht jedes Jahr ein neues Ferkel durchs Dorf treiben." Das kann er sich leisten. Der Aufsichtsrat hat seinen Vertrag - gerade rechtzeitig vor dem Investorentag - bis 2024 verlängert.

rtr