"Ein großer Teil des verwalteten Vermögens von Pimco ist jetzt zu haben", heißt es in einer Kurzstudie von Wells Fargo. Deren Branchenanalyst Christopher Harris schätzt, dass der von den Märkten einst als "Bond-König" gefeierte Gross bei Pimco zuletzt 500 bis 700 Milliarden Dollar an Kundengeldern persönlich managte. Beim Abgang eines prominenten Fondsmanagers - und Gross war über Jahrzehnte das Aushängeschild von Pimco - wandert in der Regel die Hälfte der Gelder mit ab.

Auch andere Schätzungen gehen von bis zu 300 Milliarden Dollar an Mittelabflüssen aus. Das wäre mehr Geld, als etwa der von Gross 27 Jahre lang geführte Flaggschiff-Fonds Total Return zuletzt verwaltete: Nach Berechnungen des Analysehauses Morningstar haben Anleger seit Mai 2013 unter dem Strich 70 Milliarden Dollar aus dem Produkt abgezogen, weil sie mit der Entwicklung unzufrieden waren. Der weltgrößte Anleihefonds hatte einst ein Volumen von knapp 293 Milliarden Dollar. Mit Spannung werden nun die September-Daten von Morningstar erwartet. Pimco-Chef Doug Hodge hatte am Montag selbst eingeräumt, dass trotz intensiver Gespräche mit den Kunden mit weiteren Abflüssen zu rechnen sei. Pimco könne dies aber stemmen, sagte er in einer Telefonkonferenz für Analysten, an der auch Allianz-Chef Michael Diekmann teilnahm.

Der langjährige Pimco-Rivale DoubleLine Capital hat in den vergangenen Tagen nach eigener Darstellung bereits starke Zuflüsse verzeichnet. Allein am Freitag, als Gross sein Ausscheiden bekanntgab, seien unter dem Strich zwischen 400 und 500 Millionen Dollar hinzugekommen, sagte DoubleLine-Chef Jeffrey Gundlach der Nachrichtenagentur Reuters.

Auf Seite 2: Kein Gold mehr

KEIN GOLD MEHR

Gross, der die Pacific Investment Management Company (Pimco) 1971 aus der Taufe gehoben und zur Jahrtausendwende an die Allianz verkauft hatte, war am Freitag im Streit abgetreten. Einst galt er als Maß der Dinge an den Anleihe-Märkten. Doch in der Niedrigzinsphase verließ den Fondsmanager das Gespür für lukrative Investments. Außerdem machte Pimco seit Monaten nur noch mit Personalquerelen Schlagzeilen - etwa, als sich Gross mit seinem langjährigen Kompagnon Mohamed El-Erian überwarf. Am Ende, so berichtete es ein Insider, kam der inzwischen 70-jährige Gross mit seinem Rücktritt einem Rauswurf zuvor. In seine Fußstapfen als oberster Anlagechef tritt nun Dan Ivascyn, einer der sechs Stellvertreter, die die Allianz in diesem Jahr installiert hatte. Europas größter Versicherer hofft, an der Pimco-Front bald wieder Ruhe zu haben. Denn die US-Tochter bildet das Rückgrat der Vermögensverwaltung im Konzern, die insgesamt rund 1,8 Billionen Euro schwer ist und in den vergangenen Jahren größter Wachstumstreiber war. Die Allianz selbst ist aber auch der größte Pimco-Kunde.

Die schlechten Nachrichten für den Total Return reißen jedoch nicht ab: Morningstar stufte das Rating des Fonds, der nun von drei Managern geführt wird, in der Nacht zum Dienstag auf "Bronze" von "Gold" herab und begründete dies mit der Unsicherheit nach dem Gross-Abgang. Das dürfte ohnehin skeptische Kunden eher noch bestärken, Pimco den Rücken zu kehren.

Am schnellsten wechseln normalerweise Privatanleger den Vermögensverwalter, während Profi-Investoren wie Pensionskassen ihre Entscheidungen wegen der Kosten für deren Kunden lange abwägen. Doch auch in ihren Reihen haben die ersten nun die Geduld verloren. Jüngstes Beispiel: Retirement Resources, eine in Massachusetts ansässige Firma, die Kunden bei ihren Rentenanlagen berät. Retirement-Chef Jim Phillips hat sich gegen den Total Return entschieden: "Wir empfehlen unseren Klienten, diesen Fonds durch einen anderen zu ersetzen", sagt Phillips. Daran habe auch ein Telefonat mit der Pimco-Führung zu Wochenbeginn nichts mehr geändert. Auch mehrere große US-Rentenkassen wie das Iowa Public Employees' Retirement System (Ipers) oder das North Dakota Retirement and Investment Office (NDRIO) haben angekündigt, ihre Investitionen zu prüfen.

Reuters