Artur Virgílio Alves dos Reis kam 1898 in Lissabon zur Welt. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, sein Ingenieurstudium brach er bereits im ersten Semester ab, und nachdem das Geschäft seines Vaters Konkurs anmelden musste, stand der 18-jährige Alves mittellos da. Aber er war ehrgeizig, träumte von Ruhm und Reichtum und wanderte deshalb 1916 in die portugiesische Kolonie Angola aus.

In dem afrikanischen Land machte er rasch Karriere. Er gefiel sich in der Pose des Kolonialherrn mit Anzug und Tropenhelm, arbeitete für die Regierung, hatte leitende Positionen im Bauwesen und war zuletzt sogar Chef einer Eisenbahngesellschaft. Möglich war dies vor allem dank eines Diploms der "Polytechnischen Ingenieurschule der Universität Oxford". Er hatte es selbst gefälscht, die Fakultät existierte gar nicht.

1923 kehrte der Emporkömmling zurück nach Portugal. Er hatte in Angola ein kleines Vermögen verdient. Nun stieg er ins Import- und Exportbusiness ein und begann, mit ungedeckten Schecks zu spekulieren. Er stahl sogar 100 000 Dollar aus einem der Firmentresore. Mit dem Geld kaufte er die Aktienmehrheit der angolanischen Eisenbahngesellschaft Royal Trans-African Railway und beteiligte sich an einer angolanischen Bergbaufirma.

Doch der Betrug flog auf. Reis landete für 54 Tage im Gefängnis. "Es gibt in der materialistischen Welt, der ich angehöre, weder ehrliche Leute noch Schurken - es gibt nur Sieger und Unterlegene", verteidigte er sich vor Gericht. Im Gefängnis kam ihm dann die Idee für den größten Coup seines Lebens: Er wollte eine Banknotendruckerei dazu bringen, echte Banknoten für ihn zu drucken. Ein wahrhaft filmreifer Plan.

Am 24. November 1924 verfasste Reis auf seiner Schreibmaschine einen angeblichen Vertrag zwischen ihm und der Banco de Portugal. Gemäß diesem Vertrag durfte eine internationale Investorengruppe, die der Regierung Angolas eine Million Pfund leihen würde, Escudo-­Banknoten in gleicher Höhe für die portugiesische Kolonie he­rausgeben. Einen wirklichen Kredit würde es natürlich nie geben. Ein pflichtvergessener Notar beglaubigte den Vertrag. Reis ließ ihn zusätzlich vom britischen, französischen und deutschen Konsulat abstempeln und fälschte noch die Unterschriften des Finanzministers und des Hochkommissars von Angola.

Der Coup des Jahrhunderts


Als angebliche Investoren stellte Reis nun eine Gruppe von Komplizen zusammen, die über die nötigen Beziehungen und das Startkapital verfügten. Darunter unter anderem Antonio Bandeira, ein portugiesischer Diplomat in Holland mit erheblichen Spielschulden, und dessen Bruder José, ein korrupter Frauenheld.

Der nächste Schritt: Die "Investoren" nahmen Kontakt mit Waterlow & Sons in London auf, einer der ältesten Druckereien Europas, die das Monopol besaß, britische Pfund-Noten zu drucken, und bereits mehrfach Geld für Portugal und Angola gedruckt hatte. Portugal hatte in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach dem Ende des Ersten Weltkriegs schlicht nicht die finanziellen Mittel für eine eigene Banknotendruckerei. Waterlow & Sons hatte Zweifel, ob der Deal rechtmäßig sei und verlangte eine schriftliche Bestätigung des Zentralbankpräsidenten. Kein Problem für Reis: Er fälschte auch diesen Brief samt Wappensiegel.

Das "Konsortium" bat Waterlow angesichts der politischen Situation um absolute Diskretion, und da die Scheine ausschließlich für Angola bestimmt seien, solle die Druckerei der Einfachheit halber die gleichen Druckplatten und Seriennummern einer bereits im Umlauf befindlichen Notenserie wiederverwenden. Die Noten würden ohnehin später in Lissabon mit dem Aufdruck "Angola" gestempelt, die Doppelung der Seriennummer sei deshalb kein Problem. Bei näherem Hinsehen hätte man stutzig werden müssen. Aber der Coup des Jahrhunderts gelang: Waterlow druckte 200 000 echte 500-Escudo-Noten mit dem Bild Vasco da Gamas auf der Vorderseite, und am 10. Februar 1925 schleppten Reis’ Komplizen den ersten der 50-Kilo-Koffer mit 10 000 Scheinen aus der Druckerei.

Reis war, mit gerade 27 Jahren, der mächtigste und reichste Mann in Portugal. Mit dem Geld - er hatte nur 25 Prozent der Beute für sich behalten - gründete er eine eigene Bank, die Banco Angola e Metrópole. Die Lizenz hatte er sich mit gefälschten Urkunden und Verträgen beschafft. Seine Bank erwies sich als perfektes Geldwäscheinstrument, sie brachte einen Großteil der Noten in Umlauf, gab Kredite aus und investierte in Aktien, Devisen, Unternehmen und Immobilien.

Auch im Ausland, vor allem in Angola, wurde viel investiert. Reis wurde dort als Retter Afrikas gefeiert. "Ich wurde mit so viel Liebe empfangen wie ein Messias mit einem riesigen Goldklumpen im Hintergrund", erklärte er später.

Parallel dazu rekrutierte er eine Truppe von freien Geldhändlern, die seine druckfrischen Escudo-Scheine gegen britische Pfund oder amerikanische Dollar tauschten. Portugal wurde von Escudos geradezu überflutet, die Umlaufmenge der 500er-Scheine war viel zu hoch. Überall im Land warnte man vor Falschgeld, doch die Notenbank konnte keine gefälschten Scheine finden und gab Entwarnung. Reis hatte noch nicht genug. Er wollte mehr - die Kontrolle über die portugiesische Notenbank, die halbstaatliche Banco de Portugal - und kaufte 1925 über Strohmänner rund 10 000 Aktien der Bank auf. Damals durfte allein die Notenbank Strafaktionen gegen Geldfälscher einleiten. Mit 45 000 Aktien, die zu einer Mehrheit gereicht hätten, wäre somit sein Betrug unentdeckt geblieben. Ein genialer Plan, dessen Umsetzung jedoch teurer und schwieriger wurde als gedacht. Gerüchte machten die Runde, der Kurs der Noten­bankaktie zog an, und Spekulanten stiegen ein. Der Zeitung "O Século" fiel auf, dass Reis’ Bank ihre Kredite zu extrem günstigen Zinsen anbieten konnte, obwohl sie kaum Einlagen hatte.

Einmal Fälscher, immer Fälscher


Im Dezember 1925 entdeckte ein Geldwechsler eine identische Seriennummer auf zwei Escudo-Scheinen. Er informierte die Zentralbank, die Fälscheraffäre flog auf, Reis’ Eigentum wurde konfisziert, und bei den Hausdurchsuchungen wurden auch seine vielen gefälschten Unterlagen gefunden. Reis wurde eingekerkert. Aber auch hinter Gittern war seine Fälscherkarriere nicht zu Ende.

Aus der Zelle startete er eine Verleumdungskampagne und klagte mit gefälschten Dokumenten, Briefen und Quittungen die portugiesische Oberschicht an, in den Skandal verwickelt zu sein. "Ich wollte mich an einer Justiz rächen, die eine harte Bestrafung anstrebte", sagte er später. Der Generalstaatsanwalt musste zurücktreten, die beiden Notenbankpräsidenten mussten gehen. Das Vertrauen in den Escudo und die politischen Eliten des Landes war zerstört. Der Skandal hatte den wirtschaftlichen Niedergang verstärkt, kurz darauf kollabierte der Staat, die instabile Republik driftete in die Diktatur. Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch wurde der Fälscherkönig vorläufig aus dem Gefängnis entlassen.

1930 wurde Alves dos Reis dann vom obersten Gericht Portugals zu 20 Jahren Haft verurteilt. Bereits 1945 kam er frei. Nach mehreren Herzinfarkten starb er im Juni 1955 und wurde in einem anonymen Grab beerdigt.