Wenn Erimar von der Osten durch seinen Forstbezirk im Blumberger Wald in der Uckermark streift, entdeckt er immer wieder Neues: Anemonen und Orchideen auf den Wiesen im Frühjahr, einen Graukranich auf einer Lichtung. Eichen, Buchen, Tannen und Kiefern, die Wildtieren Rückzugsorte bieten. Und in der am Wald angrenzenden Niedermoorlandschaft fühlen sich große wie kleine Vögel wohl: Die Wiesenweihe, eine Habicht-Art, und auch die seltenen Schreiadler brüten dort. "Kein Wald ist wie der andere", sagt von der Osten. "Aber jeder Wald ist ein naturnahes und emotionales Investment."

Viele Menschen genießen es, im Wald zu spazieren und seine Bewohner zu entdecken. Doch für von der Osten ist der Wald mehr als ein Naherholungsgebiet: Die Bäume sind seine Kapitalanlage, von der er Gewinn erwartet. "Ein Waldinvestment kann man kaum mit anderen Assetklassen vergleichen", sagt er. Aktien lassen sich zum Beispiel einfach verkaufen, wenn sie nichts mehr taugen - Forstflächen nicht. "Während viele Aktionäre Interesse daran haben, dass die Kurse schnell steigen, schauen Waldinvestoren eher auf die langfristige Dividende und übernehmen Verantwortung: gegenüber Natur, Gesellschaft und der nächsten Generation", sagt von der Osten.

Etwas für die Umwelt tun und damit Geld verdienen: Waldinvestments passen zum grünen Trend in der Geldanlage. Doch nicht nur das macht sie beliebt: "Seit der Finanzkrise boomt die Nachfrage nach Waldinvestments", sagt Andreas Schulte, der Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster lehrt. "Investoren wollen mithilfe von Wald nicht nur einen Teil ihres Vermögens in einer traditionellen und risikoarmen Anlageklasse anlegen, sie wollen auch von steigenden Boden- und Holzpreisen profitieren." Holz ist aufgrund seiner guten Klimabilanz auch ein gefragter Baustoff.


Die Krux: Waldinvestment ist nicht gleich Waldinvestment. Während Kleinanleger häufig über Anbieter in mitunter windige Projekte in Südamerika oder Asien investieren und ihr Geld womöglich nie wiedersehen, stehen Großanlegern und Investmentgesellschaften andere Wege offen. Sie können Millionen in den Kauf von Fichte, Eiche und Co investieren und sich vor allem deren nachhaltige Bewirtschaftung leisten. Denn nur so lassen sich mit Bäumen langfristig Gewinne erzielen.

Ewig lauert der Borkenkäfer. Deutschland ist reich an Wald: Mit 11,4 Millionen Hektar machen Wälder knapp ein Drittel des Staatsgrunds aus, informiert die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Mehr als 90 Milliarden Bäume wachsen dort, meist Kiefern, Fichten, Eichen und Buchen. Rund die Hälfte aller Waldflächen gehört Bund, Ländern, Städten und Gemeinden. Die andere Hälfte ist in Privathand, im Schnitt gehören jedem deutschen Waldbesitzer drei Hektar.

Das Grün ist aber ungleich verteilt. Während mancher Waldbesitzer 500 Hektar Waldfläche sein Eigen nennt, ist es bei anderen nicht mal ein halber Hektar. Aus Investorensicht ist das ein Problem: "Solche kleinen Waldflächen lassen sich nicht rentabel bewirtschaften", sagt Constantin Freiherr von Wendt, geschäftsführender Gesellschaft der Salm-Salm Partner GmbH. Der Vermögensverwalter aus dem rheinland-pfälzischen Wallhausen hat sich auf Wälder und landwirtschaftliche Betriebe spezialisiert. "Wer aus seinem Waldinvestment nachhaltig Rendite schlagen möchte, muss mindestens 100 Hektar zusammenhängende Fläche kaufen", sagt er.

Das ist viel - und teuer: Auf Onlineportalen wie wald-boerse.de, auf denen Wald gehandelt wird, kosten selbst wenige Hektar einen fünfstelligen Betrag. In der Nähe von Berlin sollen zum Beispiel 17 Hektar Nadelwald für mehr als 300000 Euro den Besitzer wechseln. "Kurz nach der Wende war der Hektar für umgerechnet weniger als 5000 Euro zu haben", sagt von Wendt. "Mittlerweile liegt der Preis in Deutschland eher bei 15000 bis 30000 Euro." Das liege daran, dass Wald eine illiquide Anlage sei und die Nachfrage nach Grund und Boden in den letzten Jahren extrem hoch war. Zudem gibt es in der für Investoren interessanten Größenordnung nur wenige Angebote. Hinzu kommt das Jäger-Phänomen: Viele vermögende Jäger wollen eigenen Wald besitzen, um dort auf die Pirsch zu gehen. "Dafür sind sie bereit, Preise zu zahlen, die jenseits jeder Wirtschaftlichkeit liegen", sagt von Wendt.

Zugleich sinken die Erträge. Denn der deutsche Wald leidet stark unter Stürmen, Schädlingen und Trockenheit. Dadurch kommt es zu einem Überangebot an Holz - und niedrigen Preisen. Das bekommt auch Philipp Freiherr Heereman, Vorsitzender des Waldbauernverbands in Nordrhein-Westfalen, zu spüren. Er bewirtschaftet in der siebten Generation Waldgebiete im westfälischen Münsterland. Heereman weiß: "Wer Wald besitzt, wird damit kein schnelles Geld machen." Denn Waldbesitzer müssen sich intensiv um die Bäume kümmern, und das über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg. Das bedeutet: Nicht selten pflegt man ein Leben lang einen Waldabschnitt, ohne jemals die Früchte seiner Arbeit zu ernten.

Das prominenteste Problem deutscher Waldbesitzer ist aber der Borkenkäfer. Durch die Trockenheit hat er sich massenhaft in den heimischen Wäldern verbreitet und Zehntausende Hektar Fichtenwald zerstört. "Der deutsche Holzmarkt hat sich schon vor vielen Jahren auf die Fichte eingestellt, denn das schnell wachsende Holz lässt sich einfach als Bauholz verarbeiten", sagt Heereman. "Wegen der Borkenkäfer-Plage liefern Fichten aber kein Qualitätsholz mehr und die Lager sind übervoll." Das drückt den Preis und setzt Forstbetriebe unter Druck. Ihnen fällt es immer schwerer, kostendeckend zu wirtschaften. Denn auch die Nachhaltigkeit will in Krisenzeiten gewahrt bleiben. Soll heißen: "Es dürfen nur so viele Bäume geschlagen werden, wie im Gesamtbetrieb auch neu gepflanzt werden und nachwachsen", sagt der Waldbauern-Präsident.

Lohnt es sich dann überhaupt noch, in Wald zu investieren? Investmentberater wie Schulte sagen Ja - wenn man den richtigen Moment abpasst. "Der Zeitpunkt, zu dem die Bäume gefällt und verkauft werden, kann so lange verschoben werden, bis Holz wieder bessere Preise erzielt", sagt der Waldökologe. Außerdem liefere Holz den Rohstoff für viele weitere Produkte, etwa für die Verpackungsindustrie, die durch den Anstieg von Onlinebestellungen zu den Gewinnern der Corona-Krise zählt. "Und Waldbesitzer können neben dem Holzverkauf auch von weiteren Nebennutzungen profitieren", sagt Schulte. "Diese reichen von der Vergabe von Jagd- oder Camp-Lizenzen über die Verpachtung für Windkraftanlagen, Kies- oder Sandabbau bis zur Produktion von Ahornsirup."

Im Ausland kaufen. Waldeinsteiger sollten sich aber lieber nach Gebieten im Ausland umschauen, empfiehlt Schulte. Der Forstwissenschaftler ist auch Geschäftsführer der Investitionsberatung SilvaVest, die in den vergangenen Jahren rund 230000 Hektar Agrar- und Waldflächen für ihre Kunden erworben hat und diese nun bewirtschaftet. "Im Süden Skandinaviens und im Südosten Kanadas wirkt sich der Klimawandel positiv auf das Waldwachstum aus", so Schulte. Deshalb investiert er vor allem dort in Wald, außerdem in den USA, in Neuseeland und in Südamerika, etwa in Paraguay und Uruguay. Von Asien rät er ab, denn dort gelten andere Gesetze: Wald lässt sich in der Regel nicht kaufen, sondern nur pachten oder leasen.

Die Assetmanager aus Wallhausen investieren seit einigen Jahren nicht mehr in Deutschland. Auch von Investments in Osteuropa ließen sie wegen politischer Risiken und Korruption die Finger. Stattdessen haben sie über die Salm Schulenburg Gruppe für ihre Kunden mehr als 100000 Hektar Wald in den USA erworben. "Dort ist sehr viel Wald in Privateigentum und damit auf dem Markt verfügbar", sagt von Wendt. "Außerdem sind in den USA viele institutionelle Investoren aktiv, die an Rendite interessiert sind und deshalb auf die Wirtschaftlichkeit und einen transparenten Grundstücksmarkt achten." Im Südosten der USA, etwa in den Bundesstaaten South Carolina, Georgia und Alabama, ist Wald ab umgerechnet 4000 Euro pro Hektar zu bekommen, in nordöstlichen Bundesstaaten wie New York, Pennsylvania oder Vermont schon ab einigen Hundert Euro.

Ist die Entscheidung für eine Region gefallen, gilt es, ein passendes Waldgebiet zu finden. Es sollte ein klimatisch geeigneter Standort sein - zum Beispiel mit genügend Regen -, um ein starkes, nachhaltiges Waldwachstum zu ermöglichen, rät von Wendt. Es darf aber nicht zu nah an der Küste sein, sonst droht ein Hurrikan den Besitz zu zerstören. Der Forst sollte außerdem nah am Holzmarkt sein, um die Ernte absetzen zu können. "Das Gebiet rund um das Waldstück sollte infrastrukturell gut erschlossen sein", sagt von Wendt. Wichtig sind etwa Straßen für den Abtransport von Holz, Sägewerke und Papiermühlen. "Der Transportweg zu den Abnehmern darf maximal 70 bis 80 Meilen betragen, damit der Holzverkauf profitabel bleibt."

Und der Forst selbst? Der sollte zu den natürlichen, klimatischen und standortspezifischen Begebenheiten passen, rät von Wendt - also je nach Region entweder ein Laubmisch- oder Nadelwald sein. Investoren sollten zudem darauf achten, dass die Wälder Bäume in verschiedenen Altersklassen und Arten enthalten. "Das ermöglicht eine naturgemäße und standortangepasste Bewirtschaftung, die nachhaltig erfolgreich ist", sagt der Experte. In Deutschland wurden Fichten zum Beispiel auch großflächig auf ungeeigneten Standorten gepflanzt, dadurch sind die Bestände deutlich anfälliger für Trockenheit und Stürme.

Allen Risiken zum Trotz: Mit der richtigen Strategie lassen sich mit Wald durchaus ansehnliche Erträge erzielen: "Wenn Käufer ihre Flächen vernünftig bewirtschaften oder bewirtschaften lassen, ist in den USA pro Jahr eine Rendite von zwei bis drei Prozent möglich", sagt von Wendt. Hinzu komme die Wertsteigerung von Grund und Boden. Das klingt verlockend. Waldbesitzer und -investoren sollten aber stets bedenken: Bäume wachsen nicht in den Himmel.
 


FORSTINVESTMENTS

Oft auf dem Holzweg

ForestFinance, Miller Forest und Co: Es gibt einige Anbieter, die Privatpersonen Direktinvestments in Wald anbieten - und das schon ab wenigen Hundert Euro. Häufig handelt es sich dabei um kaum regulierte alternative Investmentfonds (AIF). Sie erwerben Wälder oder Plantagen in Südamerika oder Asien, die mit dem Geld der Kapitalgeber gepflanzt und aufgeforstet und einige Jahre später abgeholzt und verkauft werden. Aus dem Erlös generiert sich die Rendite, die, wenn man den Anbietern glauben darf, bei vier Prozent pro Jahr und mehr liegen kann. Doch die Verkaufsprospekte seien in vielen Punkten intransparent, kritisierte die Stiftung Warentest bereits vor zwei Jahren. Ein weiteres Problem: die langen Laufzeiten. Teilweise ernten die Anbieter das Holz erst nach sechs, zwölf oder gar 25 Jahren. So lange müssen Anleger mitunter dann auch auf ihre Rendite warten. Schließlich besteht das Risiko, dass das Waldinvestment an Wert verliert, etwa durch Währungs- oder Holzpreisschwankungen. Der Klimawandel setzt Wäldern zunehmend zu, weshalb besonders betroffene Bäume vorzeitig gefällt und verkauft werden müssen, was immer wieder auf den Preisen lastet. Und natürlich können auch hier Schädlinge wie der Borkenkäfer die Rendite auffressen. Das kann an einzelne Waldprojekte gebundene Fonds hart treffen und im schlimmsten Fall in einem Totalausfall enden.

Eine bessere Option für Kleinanleger sind Aktienfonds, die in börsennotierte Holz- und Forstkonzerne investieren. So kommt man quasi über Aktientitel an Waldbesitz. Auch diese Aktien können unter Problemen wie Klimawandel, vorzeitiger Abholzung, Waldbränden oder Schädlingsbefall leiden. Allerdings sind die Risiken hier auf verschiedene Firmen und damit auf unterschiedliche Waldprojekte in diversen Teilen der Welt verteilt. Zudem decken die globalen Holzkonzerne oft einen größeren Teil der Wertschöpfungskette ab: Sie pflanzen nicht nur Wälder und verkaufen Holz, sondern sind auch in der Verarbeitung aktiv und stellen selbst Bauholz, Papier, Kartonage oder andere Holzprodukte her. Positiv ist darüber hinaus, dass Aktien und Aktienfonds anders als die AIFs keiner festen Laufzeit unterliegen, sondern täglich an der Börse gehandelt werden können. Beispiele für solche Forstfonds sind der iShares Global Timber & Forestry ETF sowie der aktiv gemanagte Pictet Timber Fonds (siehe Tabelle), der stärker darauf achtet, dass die Firmen im Fonds nachhaltig und umweltbewusst wirtschaften.

Wer mehr Risiko eingehen will, kann in die Einzelaktien investieren, in die auch die Forstfonds ihr Kapital stecken. Meist findet man dort die Aktie von Svenska Cellulosa aus Schweden, dem größten privaten Waldbesitzer in Europa. Auch die Anteile von Stora Enso sind dort oft vertreten. Der finnisch-schwedische Konzern gehört nicht nur zu den größten Forstunternehmen der Welt, er ist auch einer der größten Papier- und Verpackungshersteller. Neben diesen europäischen Giganten sind weltweit vor allem Firmen aus den USA führend, etwa Weyerhaeuser und Potlatch Deltic oder Rayonier. Rayonier und Potlatch Deltic sind klassische Real Estate Investment Trusts ("REIT"). Weyerhaeuser ist ein Forstkonzern, der auch Zellstoffe, Bauholz und Verpackungen produziert. Die drei US-Aktien sind gemessen an Gewinn (KGV) und Buchwert (KBV) relativ hoch bewertet, die europäischen Firmen sind deutlich günstiger zu haben.