Der Elektroautopionier Tesla hat es mit dem Model 3 vorgemacht, Porsche macht es nach: Obwohl der Elektrosportwagen Taycan erst Ende des ­Jahres offiziell vorgestellt wird, haben die Stuttgarter bereits mehr als 20.000 "ernsthafte Kaufinteressenten". Die Nachfrage ist so groß, dass der Autobauer offensichtlich erwägt, die Jahreskapazität auf 40.000 Fahrzeuge zu verdoppeln.

Die Analysten von Strategy Analytics rechnen in den nächsten Jahren mit einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Hybrid- und Elektroautos. 2025, so die konservative Prognose, würden 27 Millionen elektrifizierte Fahrzeuge hergestellt. Das entspräche etwa einem Viertel der globalen Autoproduktion. Rund sieben Millionen davon sollen rein elektrisch betrieben werden.

Mit dem prognostizierten Siegeszug der Elektromobilität geht einher, dass die Nachfrage nach Batterien enorm steigt. Bis 2050 verzehnfacht sich das Markt­volumen für Batterien, die in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und zugehörigen Stromspeichern zum Einsatz kommen, laut einer Studie der Analysten von Sanford C. Bernstein auf 500 Milliarden Dollar. Davon profitieren nicht nur die Hersteller von Batteriezellen, dem Herzstück jeder Batterie, sondern auch Zulieferer wie der belgische Materialtechno­logie- und Recyclingkonzern ­Umicore, der dank der wachsenden Nachfrage von Rekordjahr zu Rekordjahr eilt.

Hohe Investitionen

Obwohl die Batterie bis zu 40 Prozent der Wertschöpfung beim Elektroauto ausmacht, scheuen westliche Unternehmen davor zurück, in die Produktion von Batteriezellen zu ­investieren. Den Markt domi­nieren Hersteller aus Asien, die zunehmend auch in Europa Fuß fassen. Samsung SDI etwa, die Batterietochter des koreanischen IT-Riesen Samsung, wagte unlängst den Sprung nach Europa und baute bei Buda­pest eine ehemalige Fernseherfabrik zum Akkuwerk um.

Der chinesische Weltmarktführer Contemporary Amperex Technology (CATL), der im vergangenen Jahr ein fulminantes Börsendebüt feierte (in Deutschland ist die Aktie nicht handelbar), will in Erfurt eine der größten Batteriezellenfabriken der Welt aus dem Boden stampfen.

Als Abnehmer haben die Asiaten die europäischen Autokonzerne im Blick. BMW, Daimler, Volkswagen und Co kaufen fertige Zellen aus Asien und bauen daraus Batteriepakete für ihre E-Modelle. Anfang März etwa gab Daimler bekannt, langfristige Lieferverträge für Batteriezellen im Wert von 20 Milliarden Euro abgeschlossen zu haben. Das spart zwar Investitionskosten, aber die Autobauer geraten damit in eine existenzielle Abhängigkeit von asiatischen Konzernen, die Preise und Verfügbarkeiten kontrollieren können.

Für die chinesische Regierung ist die Marktführerschaft im Zukunftsmarkt Elektromo­bilität hingegen nicht nur von wirtschaftlicher, sondern auch von strategischer Bedeutung. Peking treibt die Elektrifizierung der Individualmobilität unnachgiebig voran. 2030 sollen in dem Riesenreich - wie auch in vielen Ländern Euro- pas - keine reinen Verbrenner mehr zugelassen werden. China ist auf einem guten Weg, die Marschrichtung vorzugeben.

Mit dem Autokonzern BYD kommt der führende Elektro­autobauer schon heute aus der Volksrepublik. BYD baut nicht nur Elektroautos, sondern unterhält als einziger Autobauer in China auch eine eigene Zellproduktion und kontrolliert damit die gesamte Wertschöpfungskette. Für Fantasie sorgt insbesondere der mögliche Börsengang des Batteriegeschäfts. Der Konzern visiert dafür das Jahr 2022 an, erklärte BYD-Gründer Wang Chuanfu gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg.

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Europa wagt sich vor

Auch Tesla-Chef Elon Musk setzt auf die vollständige Kon­trolle der Wertschöpfungskette. Die Batteriezellen bauen die ­Kalifornier in Kooperation mit dem japanischen Elektronik­riesen Panasonic in ihrer sogenannten Gigafactory im US-Bundesstaat Nevada. Weitere Produktionsstandorte sind in Planung beziehungsweise im Bau.

Trotz der finanziellen Hürden wollen die Europäer das Feld nicht ganz den Asiaten überlassen. Siemens etwa stieg beim schwedischen Batterie-Start-up Northvolt ein. Die von zwei ehemaligen Tesla-Managern gegründete Firma will in der Nähe von Stockholm für vier Milliarden Euro Europas größte Fabrik für Lithium-Ionen-Zellen bauen. Mit zehn Millionen Euro Investitionssumme ist der Beitrag von Siemens allerdings bescheiden.

Die Bundesregierung hat zum Aufbau einer deutschen Zellproduktion eine Anschubfinanzierung von einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Ziel ist, im Jahr 2030 rund 30 Prozent aller weltweit benötigten Batteriezellen in Europa zu fertigen.

Zu den Bewerbern der Fördergelder gehört der Batteriehersteller Varta. Deutschlands einziges Unternehmen mit Erfahrung in der Massenproduktion von Batteriezellen konzentriert sich bisher auf das boomende Geschäft mit Hörgerätebatterien (hier ist Varta Weltmarktführer) und Mikrobatterien für tragbare Geräte wie kabellose Kopfhörer. Ein Geschäft mit Batteriezellen für Elektroautos verspricht reichlich Fantasie.

VW bemüht sich ebenfalls um Fördergelder für den Aufbau ­einer Lithium-Ionen-Zellfertigung. Die Wolfsburger setzen zudem auf die Feststoffzellen- Batterie, die Lithium-Ionen-Batterien in vielen Belangen wie der Energiedichte und der Sicherheit überlegen ist. Im vergangenen Jahr investierte der Konzern 100 Millionen Euro in das Start-up Quantum Scape, laut VW führend bei der Entwicklung der neuen Energiespeicher. Noch ist viel Grund­lagenforschung nötig. Gelingt aber der Durchbruch, werden die Karten neu gemischt.

Investor-Info

Samsung SDI
Wachstumsriese

Der südkoreanische Batteriehersteller ist auf Wachstumskurs und einer der größten Profiteure im erwarteten E-Auto- Boom. Im laufenden Jahr rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg um neun Prozent auf umgerechnet 8,5 Milliarden Euro. Der bereinigte Nettogewinn soll um knapp 40 Prozent auf 742 Millionen Euro zulegen. 2020 rechnen Analysten mit Erlösen von gut zehn Milliarden Euro und einem Gewinnanstieg auf 950 Millionen Euro. Günstig bewertet.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 50,00 Euro
Stoppkurs: 31,00 Euro

Varta
Viel Fantasie

Deutschlands einziger Massenhersteller von Batteriezellen dürfte weiter kräftig bei Umsatz und Gewinn zulegen. Für 2019 rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg um 14 Prozent auf 311 Millionen Euro. Der bereinigte Nettogewinn soll 33 Millionen Euro erreichen, ein Plus von gut einem Fünftel. Für 2020 rechnen Analysten mit Erlösen von 354 Millionen Euro und einem Nettogewinn von knapp 40 Millionen Euro. Wegen der hohen Bewertung für risikofreudige Anleger.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 50,00 Euro
Stoppkurs: 29,50 Euro

Umicore
Im Umbruch

2019 soll der Umsatz des Materialtechnik- und Recyclingkonzerns um 13 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro wachsen. Der bereinigte Nettogewinn soll um geschätzte 15 Prozent auf 377 Millionen Euro zulegen. Für 2020 werden Erlöse von 4,3 Milliarden Euro und 468 Millionen Gewinn erwartet. Treiber ist das Geschäft mit Material für Batterien, das 2020 rund 40 Prozent und 2025 circa 60 Prozent zum Gewinn beitragen soll. Moderat bewertet.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 48,00 Euro
Stoppkurs: 33,00 Euro