Dieser Zinssatz sorgte für Empörung in den Medien: Die Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck verlangt seit einiger Zeit für neu angelegtes Geld einen Minuszins in Höhe von 0,5 Prozent - vom ersten Euro an. Die Aufregung war groß, Kritiker bezeichneten die Konditionen als Sparschweinerei. Mittlerweile haben sich die Gemüter einigermaßen beruhigt. Auf ihrer Internetseite stellt die Bank klar, dass für bisherige Einlagen von Bestandskunden kein Minuszins anfällt, und für Girokonten ein Freibetrag von 20.000 Euro existiert.

Als Nächste hat die VR-Bank Westmünsterland nachgezogen. Das Institut erhebt bei Einlagen von Neukunden, die Tagesgeldkonten über die Internetseite eröffnen, einen Negativzins in Höhe von 0,5 Prozent ohne Freibetrag, teilte die Bank mit. Wer in die Filiale geht, verhandle individuell.

Negativzinsen erreichen also den durchschnittlichen Bankkunden. Die Entwicklung ist jedoch kein Grund, in Panik zu verfallen. "Bislang sind Negativzinsen für Tagesgelder von Privatkunden noch immer die Ausnahme", schreibt das Vergleichsportal Verivox.

Zudem glaubt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht, dass Banken für bestehende Verträge Strafzinsen ohne Weiteres erheben können. "Wenn Tagesgeld und Festgeld als Geldanlage verkauft wurde, dann müssen die Banken Zinsen zahlen. Aus diesem Vertragstypus können sie nicht einfach per Preisaushang ein Konto machen, bei dem Sparer für die Verwahrung ein Entgelt bezahlen müssen", betont er. Individuelle - neu abzuschließende - Vereinbarungen seien allerdings denkbar.

Jede Woche wertet die FMH-Finanzberatung zahlreiche Angebote von Tagesgeld, Festgeld und langfristigen Anlagen für €uro am Sonntag aus. Die Auswertungen zeigen, dass einzelne Institute sich regelmäßig mit Offerten, die über den allgemeinen Zinsen liegen, an die Spitze schieben (siehe Tabellen unten).

Zinsvergleich: Die FMH-Finanzberatung liefert wöchentlich Tabellen mit den besten Konditionen zu Tagesgeld, Festgeld und langfristigen Anlagen. Nun gab es die Auswertung der Jahresbesten: Für den 1. Platz in einer Kategorie gab es drei Punkte. Für den 2. Platz zwei, für den 3. Platz einen Punkt.






Zeitraum der Auswertung: Januar bis November 2019 (48 Wochen). Oben stehende Banken verfügen über die dt. erweiterte Einlagensicherung; ¹ 100 000 Euro pro Person gesichert Quelle: FMH-Finanzberatung; www.fmh.de

Das können Sparer gezielt nutzen.


Die französische Renault Bank direkt schaffte es fast das ganze Jahr unter die besten drei Anbieter beim Tagesgeld. Aktuell bietet sie noch 0,45 Prozent jährlich für Beträge bis zu 500.000 Euro, allerdings nur für drei Monate. Die Zahl attraktiver Offerten hat sich zuletzt noch einmal reduziert.

Trotzdem lohnt es sich, regelmäßig die Konditionen zu sichten. So wirbt der Versicherer CosmosDirekt derzeit mit einem Dezember-Deal beim Tagesgeld Plus. Vom 1. Januar 2020 an verdoppelt der Anbieter den derzeitigen Zins auf 0,62 Prozent, und zwar bis Ende März. Das Ganze gilt für Verträge, die erstmals ab 1. Dezember 2019 abgeschlossen ­werden. Die Anlagebeträge dürfen ­zwischen 1.000 und 25.000 Euro liegen. Interessierte sollten wissen: Kunden müssen das Geld noch in diesem Jahr einzahlen und dürfen den Vertrag nicht vor dem 1. April 2020 kündigen.

Einen Lichtblick stellte in den vergangenen Monaten die ING dar. Das Institut rangierte 39 Mal ganz vorn in der Kategorie Tagesgeld. Allerdings ist es mittlerweile vom bisherigen Ein-Prozent-Zins für Neukunden abgerückt. Derzeit zahlt die ING vier Monate lang für bis zu 50.000 Euro noch 0,25 Prozent, im Anschluss müssen sich Sparer mit 0,001 Prozent begnügen. Immerhin erklärte das Institut: "Wir planen aktuell keine Negativzinsen für unsere Sparkunden."

Mehr als 150 Banken sollen inzwischen laut Onlineportal biallo.de Negativzinsen oder Verwahrentgelte für Giro- oder Tagesgeldkonten berechnen. Zum Vergleich: Mehr als 1.000 Banken tun das bislang nicht. Das könnte sich aber ändern. "Vor einiger Zeit haben sich die Banken in der Öffentlichkeit noch geziert, aber mittlerweile stehen die Institute dazu, dass Geldanlage etwas kostet", meint Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Er ist sicher, dass weitere Institute Negativzinsen einführen. "Verbraucher müssen sich bei Tagesgeld und Girokonten auf Zinsen um null Prozent einstellen", sagt Herbst. Jüngere Verträge für Tagesgeldkonten würden in der Regel den Passus enthalten, dass Minuszinsen von der Bank erhoben werden dürften. Daran sollten wechselwillige Kunden denken.

Sein Rat: "Sparer dürfen nicht zu viel Geld auf Tagesgeldkonten liegen lassen, das lohnt sich einfach nicht mehr. Es sollte sich um eine Reserve für Notfälle handeln."

Lieber längere Laufzeiten


Konservative Sparer, die nicht auf ihr Geld zugreifen müssen, sollten sich die Festgeldangebote genauer ansehen. Dort fielen in diesem Jahr vor allem die Ziraat Bank, die Akbank, die Crédit Agricole und die FCA Bank positiv auf. Letztere bietet noch ein einjähriges Festgeld zu einem Prozent an. Das Institut gehört zur italienischen Einlagensicherungseinrichtung, womit bis zu 100.000 Euro geschützt sind. Die Ziraat Bank zahlt 1,10 Prozent für eine Laufzeit von fünf Jahren. Sie stammt aus der Türkei und wird in Deutschland durch die deutsche Tochter Ziraat Bank Interna­tional AG repräsentiert. Sie ist dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken angeschlossen. Der springt ein, wenn Kunden mehr als 100.000 Euro bei einer Bank geparkt haben.

Wer von solchen Angeboten profitieren möchte, muss zügig agieren - die Konditionen ändern sich mitunter schnell. Häufig locken Institute mit Zins­aktionen gezielt neue Kunden an. Attraktivere Angebote stammen oft von ausländischen Instituten. Allerdings ging es zuletzt auch dort abwärts. "Bis auf wenige Ausnahmen sanken die Zinsen für Privatkunden in den Märkten in ganz Europa noch einmal weiter", heißt es im aktuellen Zinsradar des Onlinevermittlers Weltsparen. Plattformen wie Zinspilot, Savedo und Weltsparen ermöglichen Verbrauchern, ihr Geld bei Banken im Ausland anzulegen, ohne dort extra ein Konto eröffnen zu müssen (siehe Tabelle ganz unten).

Verbraucherschützer beäugen Offerten aus wirtschaftlich kriselnden Ländern allerdings eher kritisch. Geht eine Bank pleite, haben ­Kontoinhaber zwar einen Rechtsanspruch auf Rückerstattung ihres Gelds bis 100.000 Euro. Die Einlagensicherung obliegt jedoch den jeweiligen Ländern. Deren Bonität ist damit von Bedeutung. Während wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland einer strauchelnden Bank vermutlich helfen können, schaffen andere Nationen das unter Umständen nicht.

Nirgendwo in Europa liegt so viel Geld auf Sparbüchern und Konten wie in Deutschland. Die Institute haben kaum Interesse an weiteren Spareinlagen, sie müssen für ihre Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen. "Banken mit einem hohen Einlageüberhang wie Sparkassen und genossenschaftliche Institute trifft der Strafzins überproportional", meint Michael Neumann, Vorstand beim Finanzdienstleister Dr. Klein.

Stichproben von €uro am Sonntag bei Banken und Sparkassen zeigen, dass die meisten Institute keine Kehrtwende der EZB erwarten - im Gegenteil. "Zinsen sind und bleiben abgeschafft", antwortet etwa Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Die deutschen Anleger denken scheinbar immer noch, dass das ein vorübergehendes Phänomen ist, das man aussitzen kann. Von dieser Sicht muss man sich verabschieden", meint er. Sparer sollten daher ­Alternativen prüfen und sich aktiver um ihr Geld kümmern.

Chris-Oliver Schickentanz, Chefan­lagestratege der Commerzbank, sagt: "Wir gehen sogar davon aus, dass die EZB den Einlagenzins Anfang 2020 noch einmal absenken wird, auf dann minus 0,6 Prozent." Damit seien steigende Zinsen für Tagesgeld und Sparbuch de facto ausgeschlossen.





Der Staat ist dabei:
Sicherheit und Steuern


Freibeträge für Gewinne: Der deutsche Fiskus greift bei Zinsgewinnen zu. Es gelten jedoch Freibeträge für Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die liegen für Ledige bei 801 Euro und für Verheiratete bei 1602 Euro pro Jahr. Fallen höhere Gewinne an, führt die Bank 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer ab.

Steuern im Ausland: Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erheben eine Steuer auf Kapitalerträge wie Zinsen oder Dividenden (Quellensteuer). Die wird von der Bank einbehalten und an die Finanzbehörden abgeführt. Meist ist eine komplette Rückerstattung möglich, sodass Anleger für Zinsgewinne im Ausland oft den Betrag der deutschen Abgeltungsteuer zahlen. Gibt es keinen Quellensteuerabzug, geben Sparer die ausländischen Einkünfte in ihrer Steuererklärung (Anlage KAP) an (www.bzst.de).

Steuerabkommen: Besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Land, müssen Sparer bei der Bank ihre Steuerpflicht in Deutschland nachweisen, meist durch eine sogenannte Ansässigkeitsbescheinigung. So verringert sich der Steuersatz, den die ausländische Bank fordert, auf den Satz im Abkommen - oft sind das null Prozent. Wird ein Restsatz einbehalten, können sich Kunden diesen unter Umständen in Deutschland anrechnen lassen.

Gesetzliche Einlagensicherung: Kontoinhaber erhalten bis zu 100.000 Euro (Ehepaare: 200.000 Euro) zurück, wenn eine Bank in Europa pleitegeht. Die Regelung gilt für Guthaben auf Giro-, Tages- und Termingeldkonten. Die Summe kann sich auf 500 000 Euro erhöhen, wenn der Kunde nachweisen kann, dass sich das Geld durch besondere Lebensumstände auf dem Konto befindet (z. B. der Verkauf einer selbst genutzten Immobilie).

Die 100.000-Euro-Grenze gilt in der gesamten EU. Die Bonität eines Landes ist wichtig, denn die Einlagensicherung obliegt den Ländern. Das Land sollte unter Umständen für die Ein­lagen der Sparer selbst einspringen können. Die gewählte Bank sollte von den Ratingagenturen als solide bewertet werden.

Sicherheiten in Deutschland: Die private Ein­lagensicherung des Bankenverbands BdB springt hierzulande ein, wenn Kunden einer Privatbank mehr als 100 000 Euro durch eine Pleite verloren haben (www.bdb.de). Alle öffentlich-rechtlichen Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen sowie Genossenschaftsbanken gehören in Deutschland ­institutsbezogenen Sicherungssystemen an (www.dsgv.de und www.bvr.de).