Seit Anfang 2019 ist die Pflegeversicherung die drittgrößte Sozialversicherung. Sie ist nun nach der Kranken- und Rentenversicherung der drittgrößte Brocken im Etat von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD). Die Arbeitslosenversicherung, traditionell Nummer 3, wird im Vergleich immer unbedeutender. Während ihr Beitragssatz inzwischen auf 2,5 Prozent gesenkt wurde, wurden die Beiträge zur Pflegeversicherung auf 3,05 Prozent, für Beitragszahler ohne Kinder sogar auf 3,3 Prozent angehoben.

Doch damit wird es nicht getan sein, Forscher des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherung gehen davon aus, dass der Beitragssatz auf bis zu acht Prozent steigen könnte. Das liegt vor allem daran, dass hierzulande immer mehr Menschen pflegebedürftig werden. Vor 20 Jahren gab es laut Statistischem Bundesamt rund zwei Millionen Pflegebedürftige, derzeit benötigen gut drei Millionen Menschen Hilfe von anderen. Für das Jahr 2045 erwarten die Forscher des Demografieportals des Bundes und der Länder 4,5 Millionen Pflegebedürftige. Da gleichzeitig die Gesamtbevölkerung der Republik sinken soll, wird der Anteil der Pflegebedürftigen dann von derzeit 3,5 auf über sieben, in einigen Regionen sogar über zehn Prozent steigen.

Bis zu 1800 Euro aus eigener Tasche

Wenn nun Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom Pflegenotstand spricht, mag da sicher eine gewisse Prise politischer Panikmache mitschwingen, doch die Probleme, die künftig noch viel größer werden, zeigen sich bereits heute eklatant: Es fehlen Tausende qualifizierte und entsprechend gut bezahlte Pflegekräfte (siehe auch Seite 125). Und trotz steigender Beiträge für die Pflegeversicherung überfordert der durchschnittliche Eigenanteil, den Patienten für die ambulante und stationäre Pflege im Alter zu zahlen haben, schon heute viele Menschen in finanzieller Hinsicht. Im Bundesdurchschnitt müssen Pflegebedürftige im Monat 300 bis 1200 Euro für ambulante Pflege aus eigener Tasche dazuzahlen, bei stationärer Pflege sogar rund 1800 Euro.

Diese Lücke wollen private Pflegepolicen füllen. Die staatlich geförderte Variante ist der Pflege-Bahr. Dabei handelt es sich um eine Pflegetagegeldpolice. Der Clou: Für jeden Vertrag gibt es einen staatlichen Zuschuss von fünf Euro pro Monat, wenn die Prämie mindestens zehn Euro beträgt. Besonders verbreitet ist das Produkt allerdings nicht. Der Verband der Privaten Krankenversicherer zählte 2018 rund 878 000 dieser geförderten Pflege-Zusatzversicherungen.

Der Grund für die Zurückhaltung der Bundesbürger, eine solche Police abzuschließen, erscheint verständlich. Trotz staatlicher Förderung reicht das Tagegeld im Pflegefall oft nicht aus. So gibt es bei Pflegegrad 5, also der höchsten Stufe, üblicherweise nur 600 Euro im Monat. Das ist, angesichts der oben genannten Zahlen, viel zu wenig, um die Lücke zu schließen (siehe Seite 109). Die Lage hat sich durch das zweite Pflegestärkungsgesetz von 2017 etwas entspannt. Die Zuschüsse aus der gesetzlichen Pflegekasse sind per saldo gestiegen. So wurden viele Menschen, die Ende 2016 pflegebedürftig waren, bessergestellt, niemand schlechter. Wer aber heutzutage ein Pflegefall wird, muss oft mit höheren Zuzahlungen rechnen - vor allem jene Menschen, die noch relativ selbstständig sind und trotzdem ins Heim gehen.

Der Pflege-Bahr ist also nur ein weiterer Baustein, um die Versorgungslücke zu schließen. Immerhin sind manche dieser Policen auch über gesetzliche Krankenkassen erhältlich. So kooperiert die DAK beispielsweise mit der HanseMerkur. Deutlich höhere Pflegerenten zahlen allerdings sogenannte Kombi-Tarife. Sie bestehen aus einem geförderten und einem nicht geförderten Teil. Hier bekommen Pflegebedürftige erheblich mehr. Allerdings nur dann, wenn sie das richtige Paket wählen. €uro hat gemeinsam mit der Analysegesellschaft für Anlage- und Versicherungsprodukte die besten Offerten für beide Produktarten und drei Altersstufen herausgefiltert. Ergebnis: In jeder Kategorie gibt es sehr gute Angebote.

Pflege-Bahr oder Kombi-Tarif?

Angesichts der ungleich höheren Renten sollte die Entscheidung klar zugunsten eines Kombi-Tarifs ausfallen, doch Pflege-Bahr hat einen Vorteil: Laut Gesetz dürfen die Pflege-Bahr-Anbieter keine Gesundheitsfragen stellen, Risikozuschläge erheben oder bestimmte Leistungen ausschließen. Selbst wer schwer erkrankt ist, bekommt uneingeschränkten Schutz zum Einheitspreis. Bei Kombi-Policen gibt es Gesundheitsfragen. Die fehlende Gesundheitsprüfung kann aber auch im Lauf der Zeit die Prämien des Pflege-Bahr in die Höhe treiben, und zwar dann, wenn sich besonders viele Kranke für diesen Weg der Vorsorge entscheiden. Wie bei den Kombi-Tarifen sind die Prämien nicht über die gesamte Laufzeit garantiert. Für beide Arten gilt: Gebremst wird ein Anstieg nur durch Rückstellungen, die gebildet werden, wenn der Versicherte jung ist. Sie werden im Alter nach und nach aufgelöst. Ein gutes Argument dafür, früh abzuschließen. Die Rückstellungen sind auch der Grund, weshalb es wichtig ist, einen guten Versicherer zu wählen: Wechselt man den Anbieter, bleibt das Geld bei Pflege-Bahr und Kombi-Tarifen im Unternehmen. Für den Kunden ist es also weg.

Wer sich versichert, sollte auch auf eine Dynamik im Vertrag achten. Diese sorgt dafür, dass sich die Versicherungssumme regelmäßig um einen fest vereinbarten Prozentsatz erhöht und so dafür sorgt, dass die Kaufkraft der vereinbarten Rente erhalten bleibt. Entsprechend steigen auch die Prämien. Viele Versicherer bieten diese Erhöhungen automatisch in bestimmten Abständen an.

So lesen Sie die Tabellen:


Getestet wurden Pflegezusatzversicherungen, die monatliche Auszahlungen im Pflegefall garantieren. "Zusatz" bedeutet, dass sie zur sozialen Pflegeversicherung hinzutreten, in die alle gesetzlich und privat Krankenversicherten einzahlen müssen.

Im Pflegefall wird, je nach Pflegegrad, ein bestimmter Betrag pro Monat aus-bezahlt. Voraussetzung: Die Pflegebedürftigkeit ist durch eine Pflegekasse anerkannt. Im Test wurde ein Musterfall mit dem Versicherungsbeginn 1. Juli 2019 betrachtet.

Der Test umfasst zwei Teile. Unter Pflege-Bahr-Tarife werden staatlich geförderte Pflegezusatzversicherungen untersucht. Unter Kombi-Tarife werden Kombinationen dieser Pflege-Bahr-Policen mit ungeförderten Policen getestet. Dies geschieht jeweils für ein Anfangsalter des Versicherten von 25, 45 und 55 Jahren.

Hintergrund der Zweiteilung: Die Leistungen aus dem Pflege-Bahr reichen oft nicht aus, um jene Pflegekosten zu decken, die von der sozialen Pflegeversicherung nicht gezahlt werden. Sicherheitsbewusste sollten sich daher zusätzlich schützen. Allerdings müssen diese ungeförderten Tarife bestimmten Kriterien genügen, um kombinierbar zu sein. So sind ungeförderte Policen, die vor Anfang 2013 abgeschlossen wurden, nicht mit dem Pflege-Bahr kompatibel.

Pflege-Bahr-Tarife Hier sind 15 Anbieter vertreten (siehe Tabelle "Tarifmerkmale"). "Staatlich gefördert" bedeutet, dass für jeden Vertrag ein Zuschuss von fünf Euro im Monat fließt.

Kombi-Tarife Hier sind zwölf Anbieter vertreten (komplette Liste in der Tabelle "Tarifmerkmale"). Voraussetzung war, dass ein Pflege-Bahr-Tarif und ein kombinierbarer, ungeförderter Tarif existieren. Bei den ungeförderten Tarifen darf es im Gegensatz zum Pflege-Bahr Gesundheitsprüfungen bei Vertragsabschluss geben. In diesem Test wurde das monatliche Pflegegeld erstmals so vorgegeben, dass mindestens die Versorgungslücke bei Pflegegrad 5 (siehe 2) geschlossen ist - also die Lücke zwischen tatsächlichen Kosten und den Zuschüssen durch die gesetzliche Pflegeversicherung. Nach Ansicht von Experten liegt diese Versorgungslücke häufig zwischen 1500 und 1900 Euro pro Monat.

1) Monatsprämie Sie ist nicht für die gesamte Laufzeit festgelegt, sondern kann steigen oder fallen (ähnlich wie in der privaten Krankenversicherung). Bei den Werten ist der staatliche Zuschuss von fünf Euro abgezogen.

2) Pflegegeld Die private Pflegezusatzversicherung zahlt beim Pflege-Bahr dieselben Summen, egal ob die versicherte Person ambulant oder stationär gepflegt wird. Im Gegensatz -dazu unterscheidet die soziale Pflegeversicherung bei ihren Zahlungen zwischen häuslicher Pflege durch professionelle Pflegedienste, häuslicher Pflege durch nicht professionelle Helfer und vollstationärer Pflege im Pflegeheim. Bei den Kombi-Tarifen gibt es bei manchen Anbietern Unterschiede zwischen Zahlungen für stationäre und ambulante Pflege. Der Gesetzgeber fordert bei Pflege-Bahr einen Mindestschutz. Er beträgt je nach Pflegegrad 60, 120, 180, 240 beziehungsweise 600 Euro.

3) Summe der Pflegequoten im Vergleich zur Mindestabsicherung: Summe der Auszahlungen je Pflegestufe im Vergleich zur Mindestabsicherung unter Berücksichtigung desBeitrags.

4) Dynamik siehe Internet

5) Geltungsbereich und 6) Wohnsitzverlegung Möglichkeit, die Versicherungssumme ohne Gesundheitsprüfung zu erhöhen - beispielsweise um einen Inflationsausgleich in die Versicherung zu integrieren

7) Wartezeit Da beim Pflege-Bahr keine Gesundheitsfragen gestellt werden dürfen, haben die Anbieter das Recht, eine Wartezeit von fünf Jahren vorzusehen. Das bedeutet, eine Leistung erfolgt frühestens fünf Jahre nach Versicherungsbeginn. Manche Anbieter verzichten darauf, wenn innerhalb dieser Zeit Pflegebedürftigkeit durch einen Unfall eintritt. Als Besonderheit beim Abschluss eines Kombi-Tarifs gibt es Versicherer, die auf eine Wartezeit im Pflege-Bahr verzichten. Hintergrund ist die Gesundheitsprüfung im ungeförderten Tarif.

8) Höchstalter Manche Versicherer begrenzen das Eintrittsalter, bis zu dem man in die Versicherung aufgenommen wird. Vorteilhaft gerade für ältere Personen ist es, wenn kein Höchstalter besteht und man sich - zumindest theoretisch - auch in einem hohen Alter noch versichern kann.

9) Mindestvertragsdauer Die Musterbedingungen gehen im Allgemeinen von zwei Jahren aus. Durch die Kombination mit einem ungeförderten Pflegetagegeld entfällt diese manchmal oder reduziert sich auf ein Jahr.

10) Leistungen bei Suchterkrankungen Manche Versicherer zahlen nichts, wenn die Pflegebedürftigkeit auf einer Suchterkrankung beruht. Andere zahlen lediglich bei Alkoholdemenz, aber beispielsweise nicht bei den Folgen illegaler Drogen. -Wieder andere leisten in jedem Fall.

11) Tarifergebnis Multiplikator = 1, kann durch Erfüllen bestimmter Tarifleistungen um 0,05 je "+" erhöht werden. Maximalwerte: 1,30 (Pflege-Bahr) und 2,15 (Kombi-Tarife). Tarifleistungen, die nur nach Absprache möglich sind, wurden nicht berücksichtigt.

12) Ergebnis inkl. Tarifleistungen Tarifergebnis mal Pflegequote zur Mindestabsicherung. Beispiel: Allianz, Pflege-Bahr, 25 Jahre: 1,3 x 201 % = 261 %

13) Note Es wird der beste Wert in der jeweiligen Altersstufe im Ergebnis als "sehr gut" genommen und bei größer oder gleich 40 Prozent des Höchstwerts noch ein "ausreichend" vergeben. Die Abstufungen der Noten ergeben sich durch diese zwei Rechenschritte: Höchstwert minus 40 Prozent und dann geteilt durch vier.