Angesichts der schwachen Entwicklung der britischen Wirtschaft haben führende Mitglieder der Notenbank ihre Bereitschaft zu einer Zinssenkung signalisiert. Der Schritt könnte bereits bei der kommenden Sitzung der Bank of England am 30.  Januar erfolgen - oder aber im Juni, dann unter dem neuen Zentralbankchef Andrew Bailey, der im März seinen Posten antritt.

Im vergangenen November, dem letzten Monat, für den aktuelle Daten vorliegen, schrumpfte die britische Wirtschaft um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Sowohl in der Indus­trie (-1,7 Prozent), als auch im Dienstleistungssektor (-0,4 Prozent) ging die Aktivität zurück. Im Zeitraum September bis November betrug das Wirtschaftswachstum lediglich 0,1 Prozent.

Als Reaktion auf die schwache Konjunktur haben sich innerhalb der vergangenen zwei Wochen bereits drei Mitglieder des Leitzinskomitees der britischen Notenbank, darunter auch der scheidende Gouverneur Mark Carney, für eine Zinssenkung ausgesprochen. Zwei weitere Mitglieder hatten bereits beim Dezember-Treffen für niedrigere Zinsen votiert. Es geht um eine Absenkung von aktuell 0,75 auf 0,5 Prozent.

Pfund gerät unter Druck


Die am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Inflationszahlen dürften die fünf Zentralbankexperten in ihrer Meinung bestätigen. Die Teuerung im Dezember betrug lediglich 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das ist der niedrigste November-Stand seit 2016 und deutlich unter dem Ziel von zwei Prozent. "Diese Zahlen könnten im Leitzinskomitee den Ausschlag für eine unmittelbar bevorstehende Zinssenkung geben. Wenn sich die Konjunkturdaten in den kommenden Wochen nicht verbessern, könnte es schon am 30. Januar so weit sein", erklärt Ruth Gregory, Volkswirtin bei dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Capital Eco­nomics.

Mit dem wachsenden Zuspruch für eine Zinssenkung geriet das britische Pfund gegenüber Dollar und Euro zunehmend unter Druck. Die Gewinne der Rally im Vorfeld des Wahlsiegs von Boris Johnson im Dezember sind zum größten Teil wieder abgeschmolzen. Ein niedrigeres Zinsniveau macht das Pfund für internationale Investoren weniger attraktiv. Zumindest kurzfristig dürfte der Wechselkurs in einer Spanne um 1,17 Euro gefangen bleiben, glauben Devisenexperten.

Risiken nicht vom Tisch


Längerfristig gehen viele Marktbeobachter jedoch von einer deutlichen Aufwertung des Pfunds gegenüber Dollar und Euro aus. Denn nach der jahrelangen Unsicherheit aufgrund des Brexits werden nun dank der klaren Mehrheit der konservativen Partei im Parlament zügige Fortschritte erwartet. Das bedeutet mehr Klarheit für britische Unternehmer, die wichtige Investitionen seit Langem vor sich herschieben.

Anleger können beispielsweise mit einem endlos laufenden Zertifikat der Société Générale (ISIN: DE 000 SC3 6X5 6) mit dem Hebel 3,45 von einer Aufwertung des Pfunds gegenüber dem Euro profitieren. Beim Bruch der Knock-­out-Schwelle bei 1,1017 Pfund verfällt das ­Papier wertlos. Nicht nur deshalb benötigen Investoren starke Nerven und eine hohe Risikobereitschaft: Aufgrund des ambitionierten Zeitplans von Großbritanniens Premier Johnson, der bis Jahresende ein Handelsabkommen mit der EU besiegeln will, droht weiterhin die Gefahr des harten Brexits. Das Thema dürfte deshalb im Verlauf der Verhandlungen mit der EU immer wieder in den Fokus rücken.