Besser hätte das neue Jahr für CTS Eventim nicht starten können: Der Ticketvermarkter und Konzertveranstalter hat kurz vor dem Jahreswechsel den Zuschlag für die Erhebung der Pkw-Maut erhalten. Diese will der Bund in dieser Legislaturperiode einführen. Das Bundesverkehrsministerium bescherte dem SDAX-Unternehmen damit den größten Einzelauftrag in der 30-jährigen Unternehmensgeschichte: Er hat ein Volumen von knapp zwei Milliarden Euro und läuft über mindestens zwölf Jahre. Eine Verlängerung auf 15 Jahre ist möglich.

Qualifiziert hat sich der Veranstalter von Konzerten und Großveranstaltungen nach Ansicht seines Chefs sowohl durch die Erfahrungen im Bereich Ticketing als auch durch den Verkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen: "Wir vermarkten jährlich mehr als 250 Millionen Tickets in mehr als 20 Ländern und verfügen über umfassende Erfahrung im Management von Kundenbeziehungen - grenz-, sprach- und währungsüberschreitend", sagte CTS-Eventim-Vorstandschef Klaus-Peter Schulenberg zu BÖRSE ONLINE.

Sorge, dass es für CTS Eventim ähnlich schlecht laufen könnte wie für die ursprünglich mit dem Eintreiben der Lkw-Maut betraute Gesellschaft Toll Collect, hat Schulenberg nicht. Die Erhebung von Lkw- und Pkw-Maut sei "nur eingeschränkt miteinander vergleichbar", sagt er und erklärt: "Die Investitionen in Anlagen sind für uns deutlich geringer, die Prozesse hinter den Systemen unterscheiden sich deutlich, und unsere Zielgruppe verlangt eine gänzlich andere Ansprache."

Die Pkw-Maut soll ab Oktober 2020 auf deutschen Autobahnen erhoben werden. Die offiziell als "Infrastrukturabgabe" bezeichnete Maut zählt zu den Prestigeprojekten der CSU, die sie gegen zahlreiche Widerstände durchboxte. Österreich und die Niederlande hatten gegen ihre Einführung geklagt: Sie sehen eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer, da diese die Abgabe voll zahlen müssen  - Fahrzeughalter in Deutschland sollen aber über die Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden. Die EU-Kommission stellte das Verfahren aber ein.

Joint Venture mit Österreichern



Erst kürzlich war bekannt geworden, dass die Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen unter staatlicher Regie bleibt. Der bisherige Vertrag mit dem Mautbetreiber Toll Collect war im Sommer ausgelaufen. Der Bund hatte die Gesellschaft zunächst übergangsweise übernommen und dann europaweit nach einem neuen Betreiber für das Mautsystem gesucht. Aufgebaut und betrieben wurde Toll Collect im Wesentlichen von Daimler und der Deutschen Telekom. Um ein ähnliches Desaster für CTS zu verhindern, hat Schulenberg vorgesorgt: Für den Fall, dass die Pkw-Maut wider Erwarten doch nicht eingeführt wird, habe sich CTS vertraglich abgesichert, sagte er.

Um das Mammutprojekt zu stemmen, hat sich CTS mit dem österreichischen Infrastrukturunternehmen Kapsch Trafficcom zusammengetan. Das Unternehmen sei bereits in mehr als 50 Ländern an Projekten zur Mauterhebung beteiligt gewesen. "Diese Expertise wollen wir nutzen", erklärt Schulenberg.

Aufgabe von CTS innerhalb des Konsortiums sei es, dafür zu sorgen, dass sich die Erhebung der Pkw-Maut für alle Beteiligten so "komfortabel wie möglich gestalte", sagt Schulenberg. In Deutschland verschickt CTS etwa in erster Linie die Abgabebescheide an die Fahrzeughalter und wickelt für den Bund den Einzug der Gebühren ab. Für Abgabepflichtige aus dem Ausland baut CTS ein Vertriebssystem auf, mit dessen Hilfe eine elektronische Vignette gekauft werden kann - etwa per App oder über ein Onlineportal.

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Dividende soll weiter steigen



Das Kerngeschäft soll von den Aktivitäten im neuen Geschäftsfeld profitieren: "Unser Fokus liegt darauf, in unseren Kerngeschäften - Ticketing und Live-Entertainment - weiterzuwachsen, sowohl organisch als auch durch Zukäufe", sagte Schulenberg. "Die Erlöse aus der Maut verschaffen uns hier langfristig zusätzlichen Handlungsspielraum."

Das dürfte Musik in den Ohren derer sein, die die Durststrecke der Aktie ausgehalten und ihr trotz des Abstiegs aus dem MDAX die Treue gehalten haben. Belohnt werden sie mit einer seit zehn Jahren steigenden Dividende ohnehin: Nach 50 Cent für 2017 und 59 Cent für 2018 soll die Ausschüttung auch in Zukunft 50 Prozent des Konzernergebnisses betragen.

Dass der Zuschlag für die Pkw-Maut erhebliches Potenzial für CTS birgt, liegt auf der Hand - doch unabhängig davon sind die Aussichten vielversprechend. Die Bilanz für 2018 will CTS am 21. März vorlegen. Der erfolgreiche Ticketvorverkauf der Rammstein-Tournee sowie die Tourneen von Herbert Grönemeyer und Pink sprächen schon jetzt für ein solides viertes Quartal, vermutet etwa DZ-Bank-Analyst Thomas Maul. Er rechnet bei Einführung der Pkw-Maut mit einer deutlichen Gewinnsteigerung für CTS und zählt den Titel zu den Favoriten der DZ-Bank für 2019. Analyst Volker Bosse von der Baader Bank kalkuliert mit einem Beitrag von jährlich rund sieben Millionen Euro zum Nettogewinn durch die Maut. Das wäre ein Plus von etwa 5,5 Prozent auf den von ihm für 2018 geschätzten Nettogewinn von 126 Millionen Euro.

Bis zum Erreichen ihres Rekordhochs bei 43,86 Euro aus dem Juni 2018 hat die Aktie noch ordentlich Luft nach oben. Anleger brauchen indes noch ein wenig Geduld, die Erlöse fließen erst ab 2020/21. Klar ist aber schon jetzt: CTS Eventim kann mehr als Entertainment und Konzerttickets verkaufen.