Der Daimler-Gewinn ist im zweiten Quartal wegen Belastungen durch Zölle und einige andere Sondereffekte noch stärker eingebrochen als erwartet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei gegenüber dem Vorjahresquartal um 30 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro gesunken, teilte der Stuttgarter Autobauer am Donnerstag mit. Von Reuters befragte Analysten hatten für April bis Juni ein Ebit von 2,77 Milliarden Euro prognostiziert.

Der Umsatz von Daimler schrumpfte um ein Prozent auf 40,8 Milliarden Euro, während der Markt mit 42 Milliarden Euro kalkuliert hatte.

Der Dax-Konzern hatte im Juni erst seine Jahresprognose gesenkt. Daimler erwartet seither einen leichten Rückgang des Betriebsergebnisses, das heißt um fünf bis zehn Prozent, gegenüber den 14,7 Milliarden Euro des vergangenen Jahres. In dieser Woche hatten auch Fiat Chrysler und General Motors ihre Jahresprognosen zurückgenommen, zum Teil wegen des Handelsstreits.

Im frühen Handel notierte Daimler 0,3 Prozent im Plus. Die anderen Autobauer legten stärker zu - an der Börse herrschte Erleichterung über die Vereinbarung von US-Präsident Donald Trump mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die von Trump angedrohten Autozollerhöhungen vorerst auf Eis zu legen.

CHINA-ZOLLSENKUNG BELASTET



Absatz und Umsatz von Daimler sollen 2018 unterdessen leicht steigen. Die Autoindustrie habe viele Herausforderungen zu meistern, deshalb sei es wichtig, konsequent die eigene Strategie umzusetzen, erklärte Vorstandschef Dieter Zetsche. "Mit zahlreichen neuen Modellen und Technologien wollen wir unsere Position weiter stärken und ausbauen."

Neben dem Diesel-Rückruf des Vans Vito und anderer Modelle wegen der umstrittenen Abgasbehandlung nagten am Gewinn des Auto- und Nutzfahrzeugherstellers die Zollsenkung am wichtigsten Einzelmarkt China. "Maßgeblichen Einfluss auf den Ergebnisrückgang hatte eine temporär schwächere Preisdurchsetzung inklusive Zöllen", hieß es zum Ergebnis in der Pkw-Sparte Mercedes-Benz Cars. Die Zollsenkung gegenüber Europa ab Juli sorgte seit ihrer Bekanntgabe im Mai dafür, dass die Kunden sich zurückhielten oder schon niedrigere Preise verlangten. Die Umsatzrendite brach auf 8,4 Prozent ein gegenüber 10,0 Prozent vor Jahresfrist. Ab Juli greift dann die Zoll-Erhöhung Chinas auf Importe aus den USA auf 40 Prozent, das verteuert die in Amerika gebauten und nach China gelieferten Mercedes-SUVs und war ein wesentlicher Grund für die Gewinnwarnung vor einem Monat.

Der dickste Brocken unter den Sonderfaktoren sind Kosten in Höhe von 418 Millionen Euro für die Schlichtung nach jahrelangem Streit mit der Bundesregierung wegen des verspäteten Starts des Mautsystems Toll Collect. Ein Brand bei einem Zulieferer in den USA im Mai sorgte für Lieferausfälle, sodass der Absatz des Weltmarktführers an seinem zweitwichtigsten Markt deutlich sank und die globale Verkaufszahl eines Monats erstmals seit mehr als fünf Jahren im Vorjahresvergleich schrumpfte, und zwar um 2,6 Prozent. Von April bis Juni lag der Pkw-Absatz mit knapp 591.000 ein Prozent unter Vorjahr. Daimler senkte die Prognose für den Pkw-Absatz im Gesamtjahr und rechnet damit, nur noch den Vorjahresstand zu erreichen. Grund dafür sei unter anderem die Zertifizierung der Autos nach dem neuen Standard WLTP, die zu Verzögerungen im Modellangebot führt. Der Gesamtabsatz einschließlich Nutzfahrzeuge und Vans belief sich auf 833.000 Fahrzeuge, ein Plus von einem Prozent zum Vorjahresquartal.

Daimlers Betriebsgewinn schrumpfte damit schon das zweite Quartal in Folge - im ersten Halbjahr beläuft sich das Minus beim Ebit auf 21 Prozent. Analysten gingen bisher im Schnitt von einem Rückgang auf Jahressicht von rund viereinhalb Prozent aus. Dabei könnte es nach Einschätzung von Experten aber nur bleiben, wenn die USA nicht die von Präsident Trump angekündigte Zollerhöhung auf Autoimporte aus Europa verhängen. An dieser Front gab es zuletzt Erleichterung. EU-Kommissionspräsident Juncker vereinbarte bei seinem Besuch im Weißen Haus am Mittwoch, dass keine neuen Zölle erhoben werden, so lange die USA mit der Europäischen Union über den Abbau von Handelsschranken verhandeln.

Netto verdiente Daimler mit 4,2 Milliarden Euro knapp ein Fünftel weniger als vor Jahresfrist. Nach wie vor stecken die Stuttgarter Milliarden in die Entwicklung selbstfahrender, elektrifizierter und vernetzter Autos. Finanzchef Bodo Uebber erklärte, das Unternehmen habe genug Liquidität und Finanzkraft, um weiter in neue Technologien zu investieren. Vor wenigen Tagen erst hatte der Konzern sich eine Kreditlinie von elf Milliarden Euro gesichert, zwei Milliarden mehr als der vorzeitig abgelöste Finanzrahmen.

rtr