Niemand hat gesagt, dass es einfach wird: Als Ola Källenius vor ziemlich genau einen Monat den Chefposten bei Daimler übernahm, erbte er eine lange Liste an Problemen. Dass die erste Krise so schnell kommt, war aber dann doch unerwartet: Mit einer Gewinnwarnung - die dritte innerhalb eines Jahres - hat Källenius Börsianer aufgeschreckt.

Daimler muss mehr Geld für ­behördliche Verfahren und den Rückruf von Dieselfahrzeugen beiseitelegen als bislang einkalkuliert. Um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag werden die Rückstellungen aufgestockt. Das wird das Konzernergebnis im zweiten Quartal belasten. Die Jahresprognose ist damit hinfällig: Statt von einem leichten Anstieg gehen die Schwaben jetzt von einem Konzern-Ebit in der Größenordnung des Vorjahres aus. Das würde auf etwa 11,1 Milliarden Euro hinauslaufen. Die Konsensschätzung war laut Bloomberg zuletzt von 11,7 Milliarden Euro ausgegangen.

Auslöser der Gewinnwarnung ist offenbar die Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts, dass der DAX-Konzern rund 60.000 Geländewagen zurückrufen muss. In den Fahrzeugen vom Typ Mercedes-Benz GLK 220 soll eine unzulässige Abschalteinrichtung ein­gebaut sein. Daimler ist dagegen der Ansicht, dass die Softwarefunktion zulässig ist, und hat Wi­der­spruch gegen den Bescheid angekündigt. Für Börsianer bleibt dennoch die Sorge, dass die Schwaben tiefer in den Dieselskandal verstrickt sein könnten, als bislang angenommen.

Auf der Kostenbremse


Die neue Krise kommt in einer Zeit, in der Källenius wichtige Weichenstellungen vorbereitet: Der Schwede steht nach dem schwachen Vorjahr unter Druck, die Kosten des Konzerns deutlich zu senken. Zugleich muss Daimler viel Geld in neue Technologien stecken, ausgerechnet in einer Phase, in der sich die Wirtschaftslage deutlich verschlechtert.

Das CAR-Center Automotive Research kalkuliert, dass der weltweite Autoabsatz in diesem Jahr um rund fünf Prozent schrumpft. Auch in Stuttgart sind die Brems­spuren deutlich zu erkennen: Daimlers Hauptsparte Mercedes- Benz hat in den ersten fünf Monaten 4,7 Prozent weniger Fahrzeuge ausgeliefert als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Ein großer Belastungsfaktor ist der von der amerikanischen Regierung losgetretene Handelsstreit, der sich durch Schutzzölle gegen Europa weiter verschärfen könnte. Börsianer stellen sich auf die Turbulenzen ein: Die Gewinnschätzungen für Daimler sinken laut Bloomberg-Konsensschätzung seit rund einem Jahr kontinuierlich. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie hat sich auf ­einem einstelligen Niveau ein­gependelt. Für eine Trendwende müsste Källenius den Finanzmärkten allerdings positive Nachrichten liefern.

Als nächster wichtiger Termin im Kalender ist der 24. Juli angekreuzt, dann will Daimler seine Halbjahresergebnisse präsentieren. Eine zweite Enttäuschung in so kurzer Zeit kann sich der neue Chef eigentlich nicht leisten.

Bremsspur: Die Substanz des Konzerns ist stark genug, die Heraus­forderungen zu meistern. Daimler bleibt eine Halteposition.