von Index Radar




Chart 1 - DAX-Veränderung über 22 Wochen Tradesignal Online. Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten.





Was soll man zu so einer Entwicklung noch schreiben? Seit inzwischen neun Wochen zieht es den DAX nach oben, zuletzt sogar mit erhöhter Dynamik. Fallende Kurse scheint es nicht mehr zu geben, die 12.000 könnte bereits heute fallen. Im Gegensatz zu anderen Rally-Phasen in der Vergangenheit unterscheidet sich die derzeitige Aufwärtsbewegung in einem zentralen Punkt: Es will einfach keine Euphorie aufkommen. Nicht nur viele institutionelle, sondern auch private Anleger warten sehnsüchtig auf eine Korrektur, um günstiger in den Markt zu kommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ohne Atempause läuft der Börsen-Express und zwingt gleichzeitig immer mehr Akteure in den Markt, die eigentlich zu viel tieferen Kursen einsteigen wollten. So setzt sich eine Spirale in Gang, die ständig am Leben bleibt. Mit jedem Tag, den der DAX steigt, wird der Performance-Rückstand der bisher zu passiven Akteure größer. Solange diese Voraussetzungen gegeben sind, kann die Rally noch wesentlich länger anhalten als viele erwarten. Auch wenn dies fundamental nicht mehr gerechtfertigt scheint und bisher sehr zuverlässige markttechnische Signalgeber seit Wochen auf Rot stehen. "Die Märkte können länger irrational bleiben als du liquide" lautet eine bekannte Börsenregel.

Stellen Sie sich daher weiter hinter den Markt und kämpfen Sie nicht gegen die Rally. Natürlich sind die Risiken inzwischen extrem hoch und es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine Konsolidierungsphase einsetzt. Aber selbst dann muss es nicht zwingend zu fallenden Kursen kommen. Auch eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau ist durchaus denkbar, vor allem, wenn zu viele Akteure auf günstigere Kurse hoffen. Fakt ist aber auch, dass es sehr schnell sehr ungemütlich werden kann, wenn unerwartete, negative Ereignisse auf den Markt treffen. Dann wollen alle zugleich durch den Ausgang, und hier wird es dann richtig eng.

Um die aktuelle Ausgangslage einordnen zu können, hilft uns der erste Chart. Seit dem letzten erwähnenswerten Tief Mitte Oktober sind 22 Wochen vergangenen. Unter dem DAX-Verlauf ist die Performance in allen fortlaufenden 22-Wochen-Intervallen der vergangenen 30 Jahre abgetragen. In den letzten fünf Monaten ist der DAX um rund 35 Prozent gestiegen, die waagerechte rote Linie dient hier zur Orientierung. Vergleichbare Haussephasen gab es seit 2005 nur ein Mal - im Herbst 2009. Schaut man etwas weiter in die Vergangenheit, finden sich einige Beispiele kurz vor der Jahrtausendwende. Vor fast genau 15 Jahren spurtete der DAX in einem ähnlichen Zeitraum sogar um 55 Prozent in die Höhe.

Wichtig für uns Anleger ist aber das Kursverhalten im Anschluss an solche Übertreibungen. Und auch hier zeigt sich deutlich, dass sowohl eine Kurskorrektur als auch eine Seitwärtsbewegung möglich sind. Allerdings gilt es noch etwas genauer zu differenzieren: In den Jahren 2003 und 2009 folgte die Erholung auf eine vorherige Baisse. Aktuell notiert der DAX aber auf Rekordhoch - wichtiger sind daher die Kursreaktionen zwischen 1997 bis 2000. Und hier haben die Bären eindeutig die besseren Argumente. 1997 drehte der DAX ab einem Niveau von 35 Prozent, 1998 hielt der Markt das hohe Tempo hingegen einige Monate durch, ehe der Trend kippte. Im Jahr 2000 lief die Party noch wesentlich dynamischer, bis ein Salami-Crash einsetzte.

Runden wir den Wochenstart mit einem Blick auf unsere markttechnischen Signalgeber ab. Inzwischen steht der DAX um 20,5 Prozent über seiner 200-Tage-Linie. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass dies ein sehr seltener Extremwert ist. Erst allmählich geht die langfristige Signallinie in eine deutlich steigende Tendenz über und dürfte im Wochenverlauf von 9875 auf 9930 Punkte steigen. Selbst wenn der DAX die aktuelle Differenz verteidigt, wären weitere Gewinne bis 11.965 möglich. Ein ähnliches Kursziel lässt sich auch auf Basis der 21-Tage-Linie ableiten. Hier hatten wir bereits mehrfach den Schwellenwert von 5,65 Prozent genannt, aktuell liegt der Abstand bei 5,1 Prozent. Sollte allerdings ähnlich wie Ende Januar eine regelrechte Kaufpanik aufkommen, sind auch Differenzen von gut acht Prozent möglich. Dies entspricht einem DAX-Stand von 12.250.

Der hochaufgelöste Fünf-Minuten-Chart dient inzwischen nur noch zur Suche nach Unterstützungen. Mit dem Ausbruch aus der kleinen Range am Freitag lieferte der DAX ein weiteres Kaufsignal. Setzen dennoch Gewinnmitnahmen ein, stellen die Ober- und Unterseite des Rechtecks die nächsten Haltemarken dar (11.830 und 11.750). Fällt der DAX weiter zurück, steigt zumindest die Wahrscheinlichkeit für etwas größere Gewinnmitnahmen. Denn alle Anleger, die mutig genug waren und ab dem 12. März eingestiegen sind, liegen dann im Verlust. Bei diesen Positionen dürfte es sich nur um sehr kurzfristige Engagements handeln, die sofort aufgelöst werden, sobald sich ein Schwächesignal abzeichnet. Allerdings wird es wohl wegen der bereits erwähnten Ausgangslage nicht zu einem Ausverkauf kommen. Bereits um 11.700 werden wohl einige Schnäppchenjäger lauern, sofern der DAX überhaupt so weit fällt.

Chart 2 - Fünf-Minuten-Chart des DAX





Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Nach der beeindruckenden Rally der vergangenen Wochen ist das Potenzial für den DAX auf der Oberseite limitiert. Als gutes Barometer dient der Abstand zur 21-Tage-Linie. Von den Extremwerten zwischen 8 und 9 Prozent ist der DAX zwar noch etwas entfernt. Doch die meisten Wendepunkte erfolgten bereits, wenn der Index zwischen 3,6 und 3,8 Prozent über seinem Monatsdurchschnittskurs kletterte - dieser Schwellenwert wurde inzwischen deutlich überschritten. Eine Konsolidierung ist daher nur eine Frage der Zeit.

Offen ist nur die Frage, wie der überhitzte Zustand abgebaut wird. Zwei Varianten sind denkbar: Entweder über eine Seitwärtsbewegung und somit Konsolidierung auf hohem Niveau oder über Kursverluste.





Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lässt sich ein Kursziel auf der Oberseite bei maximal rund 11.930 Zählern errechnen - dieser Wert entspricht den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 20/21 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.

Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis an die 13.000er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände





















































Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar".

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