Die US-Notenbanker wollen den Leitzins so lange nahe Null halten, bis die Inflation das Ziel von zwei Prozent für einige Zeit moderat übertreffen könnte und Vollbeschäftigung wieder erreicht sei. Den neuen Wirtschaftsprojektionen zufolge dürften die Zinsen bis mindestens 2023 unverändert bleiben. Eine Antwort auf die Frage, wie die Fed dies alles erreichen wolle, sei ihr Chef Jerome Powell aber schuldig geblieben, kritisierte Vincent Reinhart, Chef-Volkswirt des Vermögensverwalters Mellon. "Wie der Zauberer von Oz würde er es vorziehen, dass niemand versucht, hinter den Vorhang zu schauen, sondern alle darauf vertrauen, dass die Fed ihre Arbeit tun wird."

DOLLAR WERTET NACH FED-ENTSCHEID AUF - PFUND FÄLLT


Am Devisenmarkt wertete der Dollar als Reaktion auf den Fed-Entscheid auf. Dies sei aber nicht gerechtfertigt, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Schließlich seien die genannten Bedingungen für eine Zinserhöhung zuletzt zwischen März und Oktober 2018 und davor im Jahr 2000 erfüllt worden. "Die Fed wird ihre Zinsen nicht nur lange unverändert lassen, sondern wahrscheinlich sogar noch ein bisschen länger als das."

Am Donnerstagnachmittag lag der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, mit 93,259 Punkten noch 0,2 Prozent über dem Niveau vor Bekanntgabe des Fed-Entscheids am Mittwochabend (MESZ). Dies setzte Gold zu, weil das Edelmetall dadurch für Investoren außerhalb der USA unattraktiver wird. Es verbilligte sich um 0,7 Prozent auf 1945,56 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

Abwärts ging es auch für das Pfund Sterling. Es verbilligte sich um jeweils 0,6 Prozent auf 1,2883 Dollar und 1,0910 Euro. Die Bank von England (BoE) hält zwar an ihrer Geldpolitik fest, hat sich nach eigenen Angaben aber darüber informiert, wie ein negativer Zinssatz effektiv umgesetzt werden könnte. "Sollte es einen 'No-Deal'-Brexit geben, sind Negativ-Zinsen und weitere Wertpapierkäufe praktisch ausgemacht", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

BANKEN UND AUTOBAUER UNTER DRUCK


Die Aussicht auf langfristig niedrige oder gar negative Zinsen setzte den Finanzwerten zu, da dies ihre Einnahmen aus dem Kreditgeschäft schmälert. Der europäische Banken-Index rutschte um mehr als zwei Prozent ab. Britische Geldhäuser wie Standard Chartered oder Barclays gaben bis zu drei Prozent nach.

Angesichts eines 19-prozentigen Rückgangs der Neuzulassungen in Europa zogen sich Investoren bei Autowerten zurück. Der Branchen-Index gab 1,3 Prozent nach. Mit Kursverlusten von jeweils mehr als zwei Prozent gehörten die Opel-Mutter Peugeot und der Zulieferer Continental hier zu den größten Verlierern.

Einen Lichtblick lieferte dagegen der Modehändler Next. Ähnlich wie bei den Konkurrenten Hennes & Mauritz (H&M) und der Zara-Mutter Inditex erholt sich das Geschäft vom Einbruch durch die Pandemie-bedingten Filialschließungen. Die angehobenen Gesamtjahresziele erschienen immer noch zurückhaltend, kommentierte Analyst Ben Hunt vom Vermögensverwalter Investec. Er halte weitere positive Überraschungen für möglich. Next-Aktien stiegen um drei Prozent.

rtr