Der Kursrücksetzer der vergangenen Tage sei lediglich eine Pause der Aktienrally und keine Trendwende, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. "Keine Notenbank der Welt denkt derzeit daran, den Fuß vom geldpolitischen Gas zu nehmen. Die Finanzmärkte werden das gesamte Jahr 2021 mit billigem Notenbankgeld geflutet und ein Großteil davon wird in Aktien fließen."

Mut machte Investoren außerdem der Optimismus in den Unternehmen. Die Stimmungsbarometer der deutschen und der europäischen Firmen stiegen dank eines Aufschwungs in der Industrie überraschend stark. Die Aussichten im Dienstleistungssektor blieben wegen der Pandemie-Beschränkungen zwar trübe, sagte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Die Industrie werde aber wohl weite Teile der dortigen Verluste kompensieren können.

INFLATIONSSORGEN BLEIBEN - BUNDESANLEIHEN UNTER DRUCK


Allerdings wachse unter Investoren die Sorge vor einer anziehenden Inflation, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Die Unternehmen sehen im Einkauf höhere Preise und könnten geneigt sein, diese am Ende an ihre Kunden weiterzureichen. Auf den Lockdown-Schock könnte ein Preis-Schock folgen." Vor diesem Hintergrund trennten sich Anleger von ertragsschwachen Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf ein Achteinhalb-Monats-Hoch von minus 0,315 Prozent.

Abwärts ging es mit dem Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 1,3 Prozent auf 63,07 Dollar je Barrel (159 Liter). Durch die fehlende Nachfrage texanischer Raffinerien, die wegen der dortigen Wetter-Kapriolen geschlossen seien, müsse in den kommenden Wochen trotz der Förderausfälle mit steigenden US-Rohölbeständen gerechnet werden, prognostizierten die Analysten der ANZ Bank.

TEXAS-WETTERCHAOS VERURSACHT BEI RWE ZUSATZKOSTEN


Der Kälteeinbruch im US-Bundesstaat Texas setzte auch RWE zu. Der Versorger warnte vor Belastungen für sein Geschäft mit Erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund würden die Markterwartungen für den operativen Konzerngewinn 2021 voraussichtlich um zehn Prozent zurückgehen, kommentierte Analyst Ahmed Farman von der Investmentbank Jefferies. RWE-Papiere verbilligten sich um zwei Prozent, grenzten die Verluste dann aber auf ein halbes Prozent ein.

Die Titel der Allianz stiegen dagegen um 1,2 Prozent. Der Versicherer habe vor dem Hintergrund Pandemie-bedingt schwierigen Branchenumfelds ein gutes Ergebnis abgeliefert, lobte DZ Bank-Analyst Thorsten Wenzel.

Der US-Konzern Applied Materials hellte mit einem optimistischen Ausblick die Stimmung im Halbleitersektor auf. Der Chipindustrie-Zulieferer rechnet für das laufende zweite Quartal mit einem Umsatz über den Analystenschätzungen. Infineon stiegen im Sog dessen um zwei Prozent, Aixtron gewannen mehr als acht Prozent.

Trübsal bliesen hingegen die Anleger von Renault: Der neue Chef des französischen Autobauers erwartet nach dem Rekordverlust 2020 ein weiteres schwieriges Jahr. Die Aktie gab bis zu 8,5 Prozent nach.

rtr