"Offensichtlich bekommen die ersten jetzt doch Höhenangst", kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. Nach der Rekordjagd steige die Zahl der Anleger, die über Gewinnmitnahmen nachdenken. Der Blick richte sich nun auf die anstehende Berichtssaison in den USA. Börsianer erhofften sich eine Bestätigung für die hohen Firmenbewertungen.

Auch die optimistischen Äußerungen von US-Notenbankchef Jerome Powell animierten Anleger nicht zu Aktienkäufen. Powell sieht die US-Wirtschaft inzwischen an einem Wendepunkt angelangt, auch wenn das Coronavirus weiterhin eine Bedrohung darstelle. Der Notenbankchef rechnet mit einem Wachstumsschub und einem kräftigen Jobwachstum in den nächsten Monaten, wie er in einem Interview am Wochenende bekräftigte. Trotz der positiven Aussichten werde die Fed aber bis auf weiteres an ihrer konjunkturstützenden Geldpolitik nicht rütteln.

"Auf der einen Seite halten sich die Anleger mit Engagements zurück, auf der anderen Seite ist aber auch kein Marktteilnehmer bereit, seine Dividendenpapiere zu verkaufen", sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. Die US-Futures deuteten auf einen etwas schwächeren Handelsstart an der Wall Street hin. Mit Spannung warteten Anleger nun auf die Quartalsberichte der US-Unternehmen. Den Auftakt machen Goldman Sachs, JPMorgan und Wells Fargo am Mittwoch.

INDUSTRIE ERWARTET KRÄFTIGES PLUS


Positive Töne stimmte die deutsche Industrie an, auch wenn Lieferengpässe weiterhin Sorge bereiten. Zudem läuft das Geschäft der von Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Krise gebeutelten Einzelhändler in der Euro-Zone trotz aller Schwierigkeiten besser als erwartet.

In England öffneten zum Wochenanfang nach drei Monaten im Lockdown wieder Läden, Pubs, Fitnessstudios und Friseure. Dies veranlasste Anleger beim Pfund Sterling zuzugreifen. Die britische Währung stieg 0,3 Prozent auf 1,1549 Euro. Das Wiederhochfahren des Einzelhandels habe eine gewisse Sterling-Nachfrage erzeugt, sagte Neil Jones, Devisen-Experte bei der Finanzfirma Mizuho.

Dagegen verloren die Industriemetalle Nickel und Kupfer an Wert, nachdem die chinesische Regierung angekündigt hatte, die Rohstoffpreise stärker zu kontrollieren, um den Kostendruck der Unternehmen zu mindern. Dies machte auch den Aktien von Bergbauunternehmen zu schaffen. An der Börse in London fielen die Titel von Glencore, BHP und Anglo American jeweils rund ein Prozent.

KRYPTOWÄHRUNGEN AUF REKORDKURS


Dagegen griffen Anleger bei Kryptowährungen weiter zu. Die älteste und wichtigste Cyber-Devise Bitcoin verteuerte sich um bis zu fünf Prozent auf 61.236,75 Dollar und blieb damit in Reichweite der bisherigen Bestmarke. Die zweitwichtigste Cyber-Devise Ethereum kletterte um bis zu 6,7 Prozent auf den bislang höchsten Stand von 2209,75 Dollar. "Die Aussicht auf weitere Liquiditätsschwemmen durch die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks lockt Anleger immer wieder zurück in Bitcoin und Co", kommentierte Analyst Timo Emden vom Analysehaus Emden Research.

Bei den Einzelwerten sorgte die Einigung auf eine Fusion für Rückenwind bei den beiden französischen Versorgern Suez und Veolia. Suez-Aktien schossen bis zu 8,5 Prozent nach oben, Veolia-Titel kletterten bis zu 9,4 Prozent. Nach monatelangem Tauziehen einigten sich die beiden Konzerne auf einen milliardenschweren Zusammenschluss.

rtr