von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Ohne Schutzausrüstung wäre Eishockey kaum spielbar. Der Puck erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 175 Kilometern pro Stunde, das Spiel ist körperbetont und oft kommt es zu ruppigen Szenen. Feldspieler und ganz besonders Torhüter tragen deshalb Helme, Körperpanzer und Polsterungen.

Brutal geht es manchmal auch an den Finanzmärkten zu. Gerade das vierte Quartal 2018 war für die meisten Anleger äußerst schmerzhaft. Weltweit brachen die Kurse an den Börsen ein, der DAX verlor fast 14 Prozent. Nicht erst seit diesen Turbulenzen warnen Experten vor unruhigen Zeiten. Viele Krisenherde sorgen für Unsicherheit, Politik und Zentralbanken werden kritisch beäugt.

Anleger tun gut daran, ihrem Depot Stabilität zu verleihen - das gilt grundsätzlich jederzeit, doch ganz besonders momentan. Die Instrumente dazu sind vorhanden: Wie die Sportler auf dem Eis können sich Anleger gegen die unschönen Seiten des Spiels an den Börsen schützen.

Etliche aktiv gelenkte Fonds, die Halt fürs Depot verheißen, buhlen um die Anlegergunst. Deren Manager versprechen, in volatilen Zeiten für Sicherheit zu sorgen - durch einen Austausch der Titel im Portfolio, durch ein Absenken der Investitionsquo­te, durch den Fokus auf konservative Wertpapiere.

Doch Anleger müssen nicht zu vergleichsweise teuren, aktiven Fonds greifen, um ihre Defensive zu stärken. Auch mit ETFs - passiven Fonds, die einem Börsenindex folgen - lässt sich das Depot stabilisieren. €uro am Sonntag zeigt, welche Möglichkeiten es beim Aufbau einer Kapitalverteidigung gibt und aus welchen Elementen sich die Schutzausrüstung zusammensetzen kann.

Der klassische Schutz vor den Wirren des Aktienmarkts ist der Kauf von Anleihen. Die Wert­papiere werfen feste Zinsen ab und werden, sofern das Unternehmen nicht pleitegeht, am Ende ihrer Laufzeit zum Nennwert zurückgezahlt. Zurzeit sind Anleihen mit eher kurzer Laufzeit zu bevorzugen, da zu erwarten ist, dass die Zinsen in den nächsten Jahren steigen. In einem solchen Szenario fallen normalerweise die Kurse der Anleihen am Markt, weil die neuen Papiere attraktiver sind als die alten. Und je länger die Laufzeit einer Anleihe ist, desto stärker gibt sie nach.

Weil die Zinsen derzeit niedrig sind, ist das Rendite-Risiko- Verhältnis von Anleihen aber längst nicht mehr so gut wie ­früher. Die Erträge sind niedriger, das Kursrisiko ist höher. Dennoch nehmen Anleihen in einem klassisch diversifizierten Portfolio noch immer die Rolle eines Stabilisators ein. Sie sind weniger volatil als Aktien, das Verlustrisiko ist geringer, die Einnahmen sind verlässlicher. In einer Baisse flüchten viele Anleger daher in festverzinsliche Papiere.

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Ein breites Engagement in Anleihen verlässlicher Schuldner weltweit ermöglicht der SPDR Bloomberg Barclays Euro Aggre­gate Bond ETF (siehe Investor-Info). Wer Papiere mit überschaubarer Restlaufzeit bevorzugt und lediglich Staaten mit Top-Bonität vertraut, kann ­dagegen den Lyxor EuroMTS Highest Rated Macro-Weighted Government Bond 3-5Y ETF nutzen (ISIN: LU1829219713).

Auch auf der Aktienseite gibt es Stellschrauben, mit denen sich die Stabilität des Depots erhöhen lässt. Eine traditionelle Herangehensweise ist der Ausbau defensiver Branchen. Zu diesen zählen die Sektoren ­Gesundheit, Versorger, Telekommunikation, Energie und Basiskonsum. Sie sind weniger abhängig von der konjunkturellen Lage, weil sie Leistungen und Waren anbieten, die auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten nachgefragt werden. Die ­Aktien der entsprechenden Unternehmen verlieren deshalb in einer Baisse für gewöhnlich weniger an Wert als die anderer Konzerne. Ins Depot holen lassen sich diese Sektoren über den UBS MSCI EMU Defensive ETF (siehe Investor-Info).

Darüber hinaus bieten spe­zielle ETFs Zugang zu Titeln, die als unterbewertet gelten (Value-Strategie), weniger schwanken als der Durchschnitt (Low-Volatility-Strategie), besonders stabile Unternehmenszahlen aufweisen (Quality-Strategie) oder zuverlässig hohe Dividenden ausschütten. Allen vier Konzepten ist gemein, dass in Unternehmen investiert wird, die während einer Baisse überdurchschnittlich resistent gegen Verluste sind.

In den vergangenen Jahren sind mehrere ETFs auf den Markt gekommen, die einem oder mehreren dieser Konzepte folgen. Der Invesco S & P 500 High Dividend Low Volatility (IE00BWTN6Y99) etwa setzt auf US-Aktien, die hohe Dividenden ausschütten und gleichzeitig weniger volatil waren als der breite Markt.

Ein weiteres Zauberwort, um die Widerstandsfähigkeit des Depots zu erhöhen, lautet Diversifikation. Wer sein Vermögen auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe verteilt und diverse Regio­nen und Branchen berücksichtigt, senkt die Abhängigkeit von einzelnen Investments und verleiht dem Portfolio damit eine hohe Stabilität.

Besonders leicht gelingt diese Risikostreuung mit Portfolio- ETFs. Diese investieren ihr Geld weltweit in mehrere Aktien-, Renten- und Rohstoff-ETFs und holen damit Tausende Titel zugleich ins Depot. Noch ist die Auswahl an Produkten dieser Art aber gering. Besonders geeignet für Anleger, die vorsichtig agieren wollen, ist der ComStage Vermögensstrategie Defensiv ETF (siehe Investor-Info).

Geld verdienen in der Baisse

Um sich gegen Kursverluste abzusichern, können zudem Short-ETFs eingesetzt werden. Diese entwickeln sich entgegengesetzt zu einem gängigen Kursbarometer wie dem DAX oder dem Euro Stoxx 50. Fällt zum Beispiel der deutsche Leit­index an einem Tag um 1,2 Prozent, legt ein Short-DAX-ETF um diesen Betrag zu. Kursrückgänge lassen sich so in Gewinne ummünzen.

Short-ETFs sind damit ein effektives Mittel, um sich vor Verlusten zu schützen beziehungsweise die Aktienquote im Depot zu reduzieren. Stecken zum Beispiel 20 000 Euro in deutschen Aktien, wird durch den Kauf von Anteilen eines Short-DAX-ETF im Wert von 10.000 Euro das Aktienmarktrisiko halbiert. Ein empfehlenswertes Produkt für den heimischen Markt ist der Xtrackers ShortDAX Daily ETF (LU0292106241).

In einer Baisse lässt sich mit einem Short-ETF gutes Geld verdienen, allerdings sollte er nicht als Dauerinvestment ein­gesetzt werden. Tendenziell streben die Märkte nämlich aufwärts. Im Normalfall reicht auf lange Sicht eine solide Mischung aus verschiedenen Anlageklassen aus, um beim Spiel an den Finanzmärkten ausreichend geschützt zu sein.

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Investor-Info

SPDR BB Euro Aggreg. Bond
Schutz durch Zinsen

Der SPDR Bloomberg Barclays Euro Aggregate Bond ETF ist ein Basisinvestment für das Anleihesegment. Er punktet mit einer extrem breiten Streuung über festverzinsliche Wertpapiere weltweit. Im zugrundeliegenden Index sind nur Euro-Anleihen verlässlicher Staaten und Unternehmen enthalten (Investment Grade). Der ETF beschränkt sich aber nicht auf Kurzläufer, sodass er empfindlich gegenüber Zinsänderungen ist. Dafür gibt es aber noch ein wenig Rendite.

UBS MSCI EMU Defensive
Schutz durch Unabhängigkeit

Der UBS MSCI EMU Defensive ETF investiert in Aktien aus Wirtschaftszweigen, die von der konjunkturellen Entwicklung weniger stark abhängen als andere. Die Sektoren Telekommunikation, Versorger, Basiskonsum, Energie und Gesundheit machen jeweils ein Fünftel des Vermögens aus. Im Portfolio stecken ausschließlich Titel aus der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, vor allem aus Frankreich, Deutschland und Spanien. Manko des Fonds ist sein geringes Volumen.

ComStage Vermögensstr. Def.
Schutz durch Diversifikation

Ein gemischtes Portfolio für vorsichtige Anleger bietet der ComStage Vermögensstrategie Defensiv ETF. Dieses setzt sich aus rund einem Dutzend passiver Indexprodukte zusammen. Die Hälfte des Fondsvermögens ist in Anleihen und den Geldmarkt investiert, 40 Prozent in deutschen und internationalen Aktien. Zehn Prozent stecken in Gold-ETCs. Das sind Inhaberschuldverschreibungen, die mit Gold hinterlegt sind und dem Preis des Edelmetalls folgen. Die konservative Streuung des ETFs sorgt für Sicherheit.