Seit der Ankündigung von Warren Buffetts Rückzug befindet sich die Aktie von Berkshire Hathaway im Abwärtssog. Ist die Magie vorbei?

Man kann es getrost als die Nachricht des Börsenjahres 2025 bezeichnen: Warren Buffett wird Ende des Jahres nach 60 Jahren im Amt den CEO-Posten räumen. Eine Überraschung kann es angesichts der 94 Lebensjahre der Investmentlegende aus Omaha kaum sein – und doch behandelt der Markt die Veränderungen an der Spitze von Berkshire Hathaway so.

Seit Buffetts Rücktrittsankündigung am 3. Mai haben die Anteilsscheine von Berkshire Hathaway in der Spitze mehr als 10 Prozent an Wert eigebüßt, während der maßgebliche Vergleichsindex S&P 500 im gleichen Zeitraum mehr als 10 Prozent an Wert gewann.

Der "Buffett-Put"  bei Berkshire Hathaway ist weg 

Der Grund für den Pair Trade ist natürlich in einem Satz erklärt: Geht der Maestro Warren Buffett von Bord, verschwindet damit – zumindest für viele Marktteilnehmer – die Aura des vermeintlich erfolgreichsten Investors aller Zeiten. Kurz: Der "Buffett-Put" – die Buffett-Prämie – bei Berkshire Hathaway ist weg. 

Der Vertrauensentzug des Marktes hat das Finanz-Konglomerat in den vergangenen zwei Monaten mehr als 100 Milliarden Dollar an Börsenwert gekostet. Trotzdem notiert die Aktie von Berkshire Hathaway seit Jahresbeginn immer noch um 8 Prozent im Plus und hat sich damit besser geschlagen als der amerikanische Leitindex. Binnen fünf Jahren ist die Outperformance gar noch offenkundiger: Während das Leitbarometer der amerikanischen Aktienmärkte um 98 Prozent zulegte, gelang Berkshire unter Buffett das Fabel-Plus von 174 Prozent.

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Abgang eines Jahrhunderttalents

Ob eine solche Outperformance auch ohne Buffett anhalten kann, wird vom Markt nun offenbar massiv bezweifelt. Zurecht: Warren Buffett, das „Orakel von Omaha“, war das Herzstück des Unternehmens. Sein Abgang wirft Fragen auf: Kann sein Nachfolger Greg Abel die gleiche strategische Weitsicht und das Vertrauen der Investoren bewahren? 

Warren Buffett ist als Investor ein Jahrhunderttalent, dessen Instinkt einmalig war. Abel muss sich das Vertrauen des Marktes erst über Jahre erarbeiten - so wie es auch Tim Cook bei Apple in der Nachfolge von Steve Jobs tun musste. Es ist ein Prozess, kein schneller Vorgang. Zudem hat Berkshire im dritten Quartal 2024 sein Aktienrückkaufprogramm eingestellt – ein Schritt, der von Analysten als Signal gewertet wird, dass selbst Buffett die Aktie zu teuer fand.


Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2)

Fundamentale Analyse: Solide, aber teuer?

Fundamental betrachtet bleibt Berkshire Hathaway trotz der jüngsten Korrektur stark aufgestellt. Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2025 liegt bei 24,0, leicht über dem mehrjährigen Durchschnitt von 23,0, was auf eine moderate Überbewertung hindeutet. 

Analysten sind unterdessen gespalten: Von elf Experten empfehlen acht den Kauf, drei raten zum Halten, keiner zum Verkauf. Morningstar schätzt den fairen Wert der Aktie auf das 1,38-fache des Buchwerts Ende 2025/2026, was ziemlich genau dem aktuellen Kursniveau von 489 Dollar bei der B-Aktie entspricht.

"Totes Geld" für längere Zeit?

Die Entscheidung, die Berkshire Hathaway-Aktie zu verkaufen, halten oder in der aktuellen Schwächephase zu kaufen, hängt von der individuellen Anlagestrategie ab. Kurzfristig orientierte Anleger könnten die Unsicherheiten rund um Buffetts Abgang und die jüngste Kurskorrektur als Verkaufssignal werten. 

Langfristige Investoren hingegen könnten die aktuelle Schwäche wiederum als Gelegenheit sehen, in ein fundamental solides Unternehmen einzusteigen, das trotz Herausforderungen von seiner Diversifikation und starken Bilanz profitiert. Allerdings scheint absehbar, dass Berkshire für längere Zeit die Skepsis begleiten dürfte, wie dem zehnwertvollsten Unternehmen der Welt der Übergang in eine neue Ära gelingt. Die "Zeiten des Buffett Puts" sind jedenfalls unwiederbringlich vorbei.

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Hinweis auf Interessenkonflikte Der Chefredakteur von "Börse Online", Herr Jens Castner, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Berkshire Hathaway


Hinweis auf Interessenkonflikte Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Berkshire Hathaway