Oft heißt es: Der Dax bringt durchschnittlich 8 Prozent Gewinn pro Jahr. Der MSCI World und der S&P 500 bringen durchschnittlich etwa 10 Prozent pro Jahr. Und darauf verlassen sich Anleger. Doch die Wahrheit sieht meistens ganz anders aus. 

Es ist wieder soweit: Die Analysten geben ihre Schätzungen für den S&P 500 für das Jahr 2023 ab. Und die ersten Schätzungen reichen von 3.800 bis 4.200 Punkten, was einer Range von plus 4 Prozent bis plus 15 Prozent entspricht. Doch eigentlich sind diese Vorhersagen von Analysten recht wenig wert. Denn meistens fluktuieren sie um den Mittelwert des durchschnittlichen jährlichen Wachstums des S&P 500 von etwa acht bis zehn Prozent. Anleger können ihre Schätzung also selbst machen, indem sie gegen Ende eines jeden Jahres etwa acht bis zehn Prozent auf den Stand des Index aufrechnen. Doch meistens treffen diese Vorhersagen nicht zu. Egal, wer sie macht. Denn das durchschnittliche und regelmäßige Wachstum am Aktienmarkt ist eine Lüge. Es gibt es schlicht nicht. 

finance.yahoo.com
S&P 500 Renditen
finance.yahoo.com
S&P 500 Rendite

Darum gibt es keine regelmäßigen Gewinne am Aktienmarkt

Schauen sich Anleger die obigen Charts an, so sehen sie, dass der S&P 500 in den vergangenen 46 Jahren gerade mal drei Mal in der Range von plus acht bis plus zehn Prozent schloss. Per Zufall war das 1992, 1993 und mit viel Wohlwollen 2004 der Fall. Doch auch wenn es nicht so aussieht, so war die durchschnittliche Rendite über diesen langen Zeitraum dennoch plus acht bis plus zehn Prozent. Denn die Aktienmärkte schwanken stark, sie haben Phasen großen Wachstums, aber eben auch Phasen wie aktuell, in denen es lange und hart bergab gibt. 

Anleger müssen darauf vorbereitet sein, denn vor allem in den letzten Jahren haben sich Sparplan-Anleger auf den MSCI World und auf Dax-ETFs an regelmäßige Gewinne gewöhnt. Doch meistens gibt es auch harte Verluste und diese müssen Anleger aushalten können. 

Bereits Peter Lynch wusste das

So gibt es auch eine berühmte Rede des Aktienexperten Peter Lynch. 1994 sagte er: "Irgendein Ereignis wird von links kommen und der Markt wird fallen oder der Markt wird steigen. Volatilität wird auftreten. Die Märkte werden weiterhin diese Höhen und Tiefen haben … Die grundlegenden Unternehmensgewinne sind in der Vergangenheit jährlich um etwa 8 Prozent gestiegen. Die Unternehmensgewinne verdoppeln sich also etwa alle neun Jahre. Der Aktienmarkt sollte sich ungefähr alle neun Jahre verdoppeln … Die nächsten 500 Punkte, die nächsten 600 Punkte – ich weiß nicht, in welche Richtung sie gehen werden. Der Markt dürfte sich also in den nächsten acht bis neun Jahren verdoppeln. Sie werden sich in acht oder neun Jahren danach noch einmal verdoppeln. Weil die Gewinne jährlich um 8 Prozent steigen und die Aktien folgen werden. Das ist alles dazu." 

Wendet man Lynchs Theorie an und rechnet vom Tag seiner Rede den Punktstand des S&P 500 (455 Punkte in 1994) bis heute mit einem jährlichen Wachstum von acht Prozent aus, so müsste der S&P 500 heute bei 3.925 Punkten stehen. Und siehe da, der S&P 500 steht aktuell bei 3.596. Ein bisschen Luft nach oben ist aus langfristiger Sicht also noch. 

Doch auch beim Dow Jones würde das funktionieren: Dieser stand 1994 bei 3.797 Punkten. Und müsste laut Peter Lynch heute bei 32.757 Punkten stehen. Tatsächlich steht er bei etwas mehr als 29.000 Punkte. Denn am Ende hängen die Börsen an den Unternehmensgewinnen. Und diese wachsen durchschnittlich um acht Prozent pro Jahr. Doch die Börsen wachsen nicht regelmäßig, sondern sie schwanken stark. Am Ende des Tages sollten sie aber zu ihrem langfristigen Aufwärtstrend zurückkehren.