Die Marke kennt vermutlich jeder Supermarktkunde: Fuchs-Gewürze in bunten Plastikdöschen standen bereits bei der Großmutter im Küchenregal. Heute geben die Deutschen jedes Jahr über 700 Millionen Euro für Aromen aus. Der Marktanteil der Fuchs-Gruppe, zu der inzwischen die Marken Ostmann, Kattus, Fugeo, Escoffier und Bamboo Garden gehören, liegt Schätzungen zufolge bei 80 Prozent. Ihre Produkte würzen etwa Pringles-Chips, machen die Meggle-Kräuterbutter grün und die Dr.-Oetker-Pizzen schmackhaft. Dieter Fuchs beliefert Bratwursthersteller mit Majoran oder Käsereien mit Kräutermischungen. Und sein Freund und Geschäftspartner, Sternekoch Alfons Schuhbeck, gab einer Premiumlinie von Fuchs seinen Namen.

Die Medien ehrten den Pionier mit dem Titel "Gewürzkönig". Heute ist sein Kräuterimperium das zweitwichtigste der Welt. Nur der amerikanische Konkurrent McCormick setzt mehr um. "Fuchs, das ist nicht nur ein Unternehmen, das ist ein Mythos - eine Geschichte, ähnlich sagenhaft wie so manche aus den Chroniken des Gewürzhandels, als Pfeffersäcke Vermögen anhäuften und ihre Waren mit Gold aufgewogen wurden", schrieb das "Handelsblatt".

Dieter Fuchs kam 1928 auf die Welt. Über seine Kindheit und Jugend weiß man kaum etwas. Und er blieb der breiten Öffentlichkeit auch später nahezu unbekannt, denn Fuchs galt als extrem öffentlichkeitsscheu. Überliefert ist bloß, dass er im Krieg ein Auge verloren hat. Oder dass er als gerade mal 24-Jähriger mit 200 Mark in der 9500-Seelen-Gemeinde Dissen in Niedersachsen einen Einmannbetrieb gründete. Mit dem Fahrrad fuhr er damals durch die Dörfer am Teutoburger Wald und verkaufte Gewürze, die es in den Tante-Emma-Läden nicht gab.

Der Siegeszug

Die Nachfrage nahm schnell zu, und schon bald betrieb der Unternehmer das Geschäft industriell. Er wollte seine Waren im großen Stil bei den Einzelhändlern absetzen. Die Maschinen zur Gewürzverarbeitung und -abfüllung baute er teilweise selbst, denn die Geräte, die am Markt verfügbar waren, genügten seinen Anforderungen nicht. 1964 brachte er die bunten Dosen mit "Wählscheibe" - mit einer variablen Dosierhilfe zum Gewürzstreuen - in die Supermärkte, und ab 1970 lieferte er nicht nur die Gewürze, sondern auch die Regale, die er von einer eigenen Tischlerei fertigen ließ. So begann der Siegeszug der Fuchs-Gewürze in den deutschen Haushalten. Hunderte von Außendienstmitarbeitern kontrollieren täglich, dass in den Supermärkten immer genug Gewürze in den Regalen stehen und das Mindesthaltbarkeitsdatum noch passt.

Die Produktionsanlagen befinden sich noch immer in Dissen. In drei Hallen mit jeweils 10 000 Quadratmetern stapeln sich rund 26 000 Paletten, darauf tonnenweise Säcke mit Gewürzen aus aller Welt - etwa Anis aus Ägypten, Muskat aus Indonesien, Zimt aus Madagaskar. "Den Zimt kann man schon von der Autobahn riechen. Direkt hinter der Abfahrt von der A33 am Teutoburger Wald türmen sich Duftwolken auf: Erst wabert der Geruch von Weihnachtsgebäck durch die Luft, dann Paprikahuhn, ein Stück weiter Pizza mit Oregano. Pfeffer kitzelt in der Nase", so beschrieb der "Stern" das Reich des Dieter Fuchs. Der Patriarch, der im Frühjahr 2019 verstarb, wohnte in alter Fabrikantentradition auf dem Werksgelände.

Anfänglich hatten die etablierten deutschen Gewürzhersteller wie Ostmann oder Ubena den Newcomer aus Dissen noch belächelt und die Qualität seiner Produkte bemängelt. Aber Dieter Fuchs hat sie alle überlebt. In den späten 1990er-Jahren fing er nämlich an, im großen Stil jene Wettbewerber aufzukaufen, die ihm hätten bedrohlich werden können. So schluckte er Konkurrenten wie Ostmann, Ubena, Wagner, Kattus und die Asia-Marke Bamboo Garden. Fuchs wurde in Deutschland zum Quasimonopolisten.

Gebremst hat seinen Aufstieg zum deutschen Gewürzkönig auch nicht die Auseinandersetzung mit dem Kartellamt. 2002 zum Beispiel wurde Fuchs vorgeworfen, den Marktleitern Werbekostenzuschüsse gezahlt zu haben, wenn diese die Konkurrenzprodukte auslisteten. 2006 musste er eine Viertelmillion Euro Strafe zahlen, weil er sich über das Verbot dieser Praxis hinweggesetzt hatte.

Der Eroberungszug

Auch das Auslandsgeschäft trieb Fuchs voran. Das beschauliche Dissen blieb zwar Firmensitz, aber zur Fuchs-Gruppe gehören inzwischen Firmen aus den USA, Brasilien, China, Vietnam, Österreich, Italien und Rumänien. Fuchs, ein deutscher Mittelständler wie aus dem Bilderbuch, habe zwar eine beeindruckende Erfolgsgeschichte als Unternehmer geschrieben, aber der Selfmademan sei weitgehend beratungsresistent gewesen. Auf Widerspruch habe er nicht selten cholerisch reagiert, er habe sein Imperium "mit einem sturen Kopf" regiert, wie die Presse schrieb. In der Firma habe eine Angstkultur geherrscht, die viele neu eingestellte Manager rasch wieder fliehen ließ, und der Gründer habe sich lieber mit Führungskräften umgeben, die ihn in seinen festgefügten Ansichten bestärkten.

Der Rückzug

Nach 65 Jahren an der Spitze des Unternehmens zog sich Dieter Fuchs im Alter von 85 Jahren aus der operativen Führung zurück, blieb aber noch beratend tätig. Er hatte es versäumt, rechtzeitig einen Nachfolger aufzubauen - keinem seiner vier leiblichen Kinder aus vier Ehen traute er die nötigen Führungsqualitäten zu. Der Großteil der Firmenanteile liegt heute bei der gemeinnützigen Dieter-Fuchs-Stiftung. Der Patriarch starb im Alter von 90 Jahren im März 2019.

Das neue Management unter dem Vorsitz von Nils Meyer-Pries vollzog den überfälligen Wandel in die digitale Welt. Die Fuchs-Gruppe setzt nun auch auf Facebook, Instagram, Pinterest, auf How-to-Videos und Rezeptempfehlungen. Bei der Beschaffung der Rohware ist dem Unternehmen zudem Nachhaltigkeit sehr wichtig. "Wir wollen wissen, wer die Rohwaren auf welchen Feldern herstellt, wie sie geerntet, verpackt und transportiert werden. Daher fängt unsere Qualitätskontrolle bereits beim Anbau an", erklärt Nils Meyer-Pries. Der Nachhaltigkeitsansatz sei auch ein Ergebnis der strategischen Unternehmensentwicklung.