Seit einigen Wochen bereiten hohe Inflationsraten und der damit einhergehende Anstieg bei den Anleiherenditen den Anlegern große Kopfzerbrechen. Als relative Gewinner in so einem Umfeld gelten traditionell die Vertreter aus der Finanzindustrie. Passend dazu ist es mit der Allianz SE (ISIN: DE0008404005, 225,95 Euro) einem der global führenden Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen seit Dezember 2021 gelungen, gegenüber dem DAX eine klare relative Stärke aufzubauen.

In einem für den Sektor derzeit allgemein verbesserten Umfeld achten die Anleger stärker darauf, dass ein Konzern wie die Allianz im Grunde genommen geschäftlich gesehen recht solide dasteht und auch die Bewertungsrelationen stimmen.

So hat sich der Konzern bei einem Kapitalmarkttag am 03. Dezember 2021 als Strategieziele für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 vorgegeben, den Gewinn je Aktie um fünf bis sieben Prozent p.a. zu steigern sowie eine Eigenkapitalrendite von mindestens 13 Prozent zu erreichen. Dadurch erwartet der Versicherer in den nächsten drei Jahren zusätzliches Kapital von rund 12 Milliarden Euro zu generieren.

Diese Vorgabe basiert auf dem Fundament eines anhaltenden Wachstums in allen drei Geschäftssegmenten und einer erfolgreichen Transformation dieser Bereiche um zukünftige Bedürfnisse abzudecken. Darüber hinaus hat der Versicherer die Dividendenpolitik angepasst. Demnach ist bereits für 2021 geplant, eine Ausschüttungsquote von 50 Prozent des bereinigten Nettoergebnisses oder fünf Prozent Wachstum gegenüber dem Vorjahr umzusetzen. Voraussetzung dafür ist eine Solvabilitätsquote von zukünftig mindestens 150 Prozent (bisher: 180 Prozent; 30.09.2021: 207 Prozent).

Einstelliges KGV


Der Analystenkonsens rechnet bei der Dividende für 2021 mit einer Ausschüttung von 10,62 Euro je Aktie. Für die Jahre 2022 bis 2024 sollen sich die Zahlungen gemäß den Schätzungen dann bei 11,25 Euro, 11,80 Euro und 12,09 Euro je Anteilsschein bewegen. Daraus errechnen sich Renditen in einer Spanne von 4,7 Prozent bis 5,35 Prozent. Das ist durchaus lukrativ.

Beim Gewinn je Aktie kalkulieren Analysten im Schnitt für das Vorjahr mit 21,44 Euro. Die Schätzungen für dieses und das kommende Jahr betragen 22,18 und 24,07 Euro. Daraus ergibt sich ein nach wie vor einstelliges KGV, was als sehr moderat einzustufen ist.

Die Allianz kann folglich auf Bewertungsebene punkten. Damit die Aktien diesen Vorteil auch ausspielen können, ist heutzutage aber neben einem guten Geschäftsgang auch ein gutes Abschneiden in Sachen Nachhaltigkeit wichtig. Schließlich achten immer mehr Anleger beim Investieren darauf, dass Unternehmen bei den ESG-Kriterien keine Schwächen haben. Das heißt, man achtet zusehends darauf, das Unternehmen nachhaltig wirtschaften und sowohl ökologisch als auch sozial und ökonomisch ausgerichtet sind.

Nachhaltigstes deutsches Unternehmen laut Stern und Statista


So gesehen ist es positiv, dass die Allianz offenbar ein gutes ESG-Image innehat. Laut einem Ranking von Stern und Statista ist der Versicherungskonzern jedenfalls mit einem Gesamtscore von 90,7 das nachhaltigste Unternehmen Deutschlands 2021. Bewertet wurden dabei 2.000 Firmen mit Hauptsitz in Deutschland.

In die Scores gingen Kennzahlen zu Nachhaltigkeit aus den Unternehmensberichten (70 Prozent) sowie Umfrageergebnisse zur Unternehmenswahrnehmung in der Bevölkerung (30 Prozent) ein. Das nachhaltigste Unternehmen in der jeweiligen Kategorie bekam 100 Punkte. Der Gesamtscore berechnet sich aus den gemittelten Scores der drei Kategorien Umwelt, Soziales und Ökonomie.

Eines der führenden ESG-Unternehmen in der Versicherungsbranche


Auch bei den gängigen sonstigen Rankings fallen die Ergebnisse ansprechend so. So vergab MSCI im Jahr 2021 erneut die Bewertung AAA (auf einer Skala von AAA-CCC) im Rahmen der MSCI ESG Ratings. Die Allianz gehört damit zu den Top-Performern in der Versicherungsbranche.

Quelle: MSCI

Die Allianz sind zudem seit dem Jahr 2000 im Dow Jones Sustainability Index (DJSI) mit Spitzenplätzen vertreten. Im Jahr 2021 betrug die erreichte Gesamtpunktzahl 93 von 100 Punkten. Das reicht allgemein und in allen drei ESG-Teilbereichen für eine führende Stellung innerhalb der Versicherungsbranche, wie die beiden nachfolgenden Grafiken zeigen.

Quelle: S&P Global

Quelle: S&P Global

Darüber hinaus scheinen auch die entsprechenden Gefahren beherrschbar zu sein, denen sich die Gesellschaft ausgesetzt sind. Zumindest wenn es nach den Ergebnissen von Sustainalytics geht. Denn bei dem von diesem Institut ermittelten ESG-Risiko-Ratings, welche die Exposition eines Unternehmens gegenüber branchenspezifischen wesentlichen ESG-Risiken messen und wie gut man diese Risiken steuert, kommt die Allianz auf 15,9 Punkte. Ein Wert, der geringe ESG-Risiken signalisiert..

Quelle: Sustainalytics

Im Rahmen des hauseigenen ESG-Teste von Raiffeisen Research schneidet die Allianz mit einem Gesamtscore von 71 sehr gut ab und überzeugt laut den dortigen Analysten auch in allen ESG-Teilscores. Im Sektorenvergleich zählt das Unternehmen zu den Top 10-Prozent und auch bei den kontroversiellen Aktivitäten gibt es keine nennenswerten Verletzungen, heißt es. Daher gilt die Allianz gemäß den Kriterien aus der Sicht von Raiffeisen Research als ESG-konforme Aktie.

Anhängiger US-Rechtstreit ist ein Makel


Beim Versuch, die eigene Weste möglichst weiß zu halten, stört momentan allerdings der Punkt, dass sich die Allianz in den USA mit Klagen institutioneller Anleger konfrontiert sieht, die mit einzelnen spezialisierten Fonds signifikante Verluste erlitten haben. Es besteht laut dem Unternehmen ein relevantes Risiko, dass dadurch erhebliche negative Auswirkungen auf künftige Finanzergebnisse der Allianz entstehen könnten.

Aktuell ist es nach Einschätzung der österreichischen Erste Bank nicht möglich, die konkreten finanziellen Auswirkungen, einschließlich möglicher Strafzahlungen abzuschätzen. Solange nicht mehr Klarheit darüber besteht, welche Konsequenzen aus diesen Klagen entstehen können, geht damit ein bremsender Kurseffekt einher.

Die Notiz hat es trotzdem geschafft, sich sehr deutlich vom Zwischentief im Zuge der allgemeinen Coronavirus-Baisse abzusetzen, das am 18. März bei 119,00 Euro aufgestellt wurde. Charttechnisch gesehen wartet jetzt allerdings eine wichtige Aufgabe für den Titel. Denn der Kurs ist mit zuletzt 225,95 Euro dicht dran am Zwischenhoch von 232,00 Euro vom 17. Februar 2020.

Ein Sprung über diesen wichtigen Widerstand wäre ein bedeutsames Signal dafür, dass der mittelfristige Aufwärtstrend uneingeschränkt intakt ist. Um das zu schaffen wäre sicherlich eine Lösung beim erwähnten US-Rechtstreit sehr hilfreich. Würde das doch nicht nur ESG-Anleger beruhigen, sondern bestimmt auch andere Investorengruppen in den Titel locken.