Die EU möchte den Strompreis deckeln. Doch das geht nicht ohne massive Markteingriffe. Allerdings könnten manche Unternehmen davon sogar sehr profitieren. Warum Anleger jetzt bei RWE ganz genau hinschauen sollten. Von Jörg Lang 

Um die Steigerungen bei Energiepreisen einzufangen, hat die Europäische Union einen Entwurf für Preisobergrenze von 200 Euro je erzeugte Megawattstunde (MWh) für nicht mit Gas erzeugten Strom veröffentlicht. Nun hat EU-Präsidentin in ihrer Ansprache eine Obergrenze von 180 Euro je MWh ins Gespräch gebracht. Damit werden die Markteingriffe zur politischen Realität. Auch Gasproduzenten werden davon betroffen sein. Es gibt schon regionale Abschöpfungsregime etwa in Spanien und Italien. In Frankreich gibt es einen Höchstpreis zudem der Staatsversorger EDF abgeben kann.

Wer ist profitabel? Und wer nicht?

Der von der Ratspräsidentin angesprochen Preis deckt sich in etwa mit den Terminmarktpreisen zu dem Strom im Moment etwa für 2025 gehandelt wird. Doch was bedeutet das für die Erzeuger? Alle Produzenten von Erneuerbaren Energien sind mit 180 Euro sehr profitabel. Das gleiche gilt für Kernkraftwerke, die einen hohen Spread zwischen Erzeugungskosten und Marktpreis aufweisen. Steinkohlekraftwerke der älteren Bauart dürften zu diesen Preisen nicht profitabel produzieren können, sagen Experten.

RWE-Aktie mit großem Potenzial

Eine interessante Zwitterrolle nimmt hier RWE ein. Das Unternehmen zählt schon zu den größten Erzeugern von Erneuerbaren Energien. Hier dürften die Erträge kräftig sprudeln. Spannend ist allerdings – und vom Markt wenig beachtet – die Braunkohleverstromung. Braunkohle-Kraftwerke haben eine lokale Versorgung mit Rohstoffen und deshalb eher niedrige Produktionskosten. Zudem hat RWE schon Verschmutzungsrechte zu tiefen Preisen gebunkert, so dass der Konzern bei 180 Euro je MWh Strompreis einen ordentlichen Deckungsbeitrag einfahren kann. Bis zu drei Milliarden Euro könnten zusätzlich möglich sein, sagen etwa die Analysten der Investmentbank Kepler Cheuvreux. Interessant: Der Konzern kalkulierte bisher für diesen Bereich, zudem in Organisation von RWE auch der Atomstrom gehört, hingegen nur mit maximal 0,5 Milliarden Euro. Die Differenz beschert der Aktie einiges Kurspotenzial. Die Kursziele reichen bis 60 Euro. Das entspricht einem Potenzial von mehr als 60 Prozent.