Hereinkommende wirtschaftliche Indikatoren wie Einkaufsmanager-Indizes und andere Vertrauensindikatoren seien alle sehr stark, sehr optimistisch. "Und sie weisen auf eine starke Erholung in diesem Jahr hin."

Diese Annahmen werden Schnabel zufolge auch in den Wirtschaftsprojektionen der Notenbank sichtbar. Die jüngsten Konjunkturprognosen der Notenbank rechnen für dieses Jahr mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Euro-Zone von 4,6 Prozent. Für das nächste Jahr gehen die Notenbank-Volkswirte von einem Wachstum von 4,7 Prozent aus.

Die EZB-Direktorin machte zudem deutlich, dass die Notenbank reagieren werde, falls sich die Virus-Krise wieder verschlimmern sollte. Die EZB richte sich nach ihrem Mandat aus. "Und wenn die Lage erneut sehr schlecht wird im Herbst durch die Delta-Variante oder andere Varianten, werden wir natürlich erneut mit der gleichen Kraft antworten, wie wir es zuvor getan haben", sagte sie. Die EZB hoffe natürlich, dass dies nicht notwendig werde. Schnabel ist im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) für Marktoperationen und damit für die konkrete Umsetzung der Geldpolitik zuständig.

Die Volkswirtin äußerte sich zudem kritisch zu Überlegungen, die im Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP angelegte Flexibilität auch in andere Kaufprogramme der Notenbank einzubauen. Das sei nicht so einfach, sagte sie. "Wir können nicht einfach die volle Flexibilität des PEPP auf andere Programme übertragen", so Schnabel. Das PEPP hat insgesamt einen Kaufrahmen von 1,85 Billionen Euro und soll noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. Das Krisen-Programm ist so angelegt, dass die EZB gezielt die Kaufvolumina auf bestimmte Märkte konzentrieren und damit einzelnen Staaten besonders unter die Arme greifen kann. Bei dem älteren APP-Programm beispielsweise ist das nicht so ohne weiteres möglich.

Die Direktorin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Finanzmärkte wichtige Signale in Richtung der Haushaltspolitik von Regierungen senden würden. Es sei wahrscheinlich gar nicht möglich, diese Signale für immer zu unterdrücken, sagte sie. Andererseits habe die EZB natürlich auch ein starkes Interesse daran, eine Fragmentierung in der Euro-Zone zu verhindern.

Schnabel äußerte sich zudem zur Diskussion über die Berechnung der Inflation im Euro-Raum. Diese weise Schwachstellen auf, sagte sie. Die größte sei, dass die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum nicht berücksichtigt würden. Die EZB schaue sich das genau an im Rahmen ihrer laufenden Strategieüberprüfung, sagte sie. Im Unterschied zu anderen Währungsräumen wie etwa in den USA ist selbst genutztes Wohneigentum nicht im Warenkorb des Europäischen Statistikamts Eurostat enthalten. Bislang werden dort nur Mieten erfasst.

rtr