Die EZB erhöht die Zinsen wie erwartet um 0,5 Prozentpunkte auf einen Leitzins von jetzt neu 3,5 Prozent. Doch die Börsen reagieren darauf verwirrend. Was dort passiert und was Anleger jetzt wissen sollten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihren Kampf gegen die Inflation mit einer erneuten kräftigen Zinserhöhung fort. Sie hob am Donnerstag trotz der jüngsten Börsenturbulenzen die Schlüsselsätze um einen halben Prozentpunkt an. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch von 2,50 auf 3,00 Prozent.

So reagieren die Börsen - DAX, Euro, Gold, Kryptowährungen

Vor der EZB-Entscheidung notierte der DAX 0,35 Prozent im Plus bei 14.785 Punkten. Danach sackt der DAX um etwa ein halbes Prozent auf 14.690 Punkte ab. Dabei war die Zinsanhebung um 0,5 Prozentpunkte seit Monaten so kommuniziert und erwartet worden. Vermutlich hatten Anleger aber darauf gehofft, dass die EZB infolge der Banken-Krise den Fuß vom Gas nimmt. Und grundsätzlich sind höhere Zinsen für Aktienbewertungen eher negativ. Doch plötzlich kann der DAX sich dann wieder auf rund 14.900 Zähler erholen und notiert 0,9 Prozent im Plus. Gegen 17 Uhr sind es dann sogar 1,7 Prozent Plus bei 14.990 Punkten. 

Der Euro notierte gegenüber dem US-Dollar vorher 0,1 Prozent im Plus bei 1,059 Dollar. Nach der Zinsentscheidung wurde er überraschenderweise billiger und fiel auf minus 0,2 Prozent auf 1,055 Dollar. Eigentlich signalisierte die EZB Stärke und der Euro hätte eher etwas teurer werden sollen. Vermutlich wird der Euro noch weiter zulegen, hatten Anleger doch zuletzt eher auf einen zaghafteren Kurs der EZB gesetzt. Und das zeigt sich dann auch. Denn gegen 17 Uhr kann der Euro gegenüber dem Dollar auf 0,31 Prozent zulegen.

Gold und Silber zeigten sich freundlich und notierten beide rund 0,6 Prozent im Plus. Nach der Zins-Entscheidung von Christine Lagarde tat sich hier wenig. Doch gegen 17 Uhr sackt Gold ins Minus und der Silberpreis befindet sich sogar 1,17 Prozent im Minus.

Und die zinssensiblen Kryptowährungen wie Bitcoin (plus 1,4 Prozent) und Ethereum (minus 0,2 Prozent) zeigten zuerst kein einheitliches Bild. Nach der Zinsentscheidung gaben sie erst leicht ab, konnten dann aber etwas mehr zulegen. Bitcoin notiert 2,1 Prozent im Plus und Ethereum um 0,6 Prozent. Die Kryptowährungen reagieren deutlich auf den Euro-Dollar-Wechselkurs. Ein schwacher Dollar ist grundsätzlich förderlich für die Kurse der Kryptos.

Wichtig für Anleger: In einer ersten Reaktion kommt es nach den Zinsentscheiden der EZB oft zu größeren Kursausschlägen. Das hat damit zu tun, dass sich die Investoren und Anleger erst wieder neu positionieren. Weil sie vorher eventuell spekuliert haben oder es jetzt andere Informationen gibt. Zudem gibt es ab 14:45 noch die Presse-Konferenz von Christine Lagarde, auf der die EZB-Chefin noch mehr Infos zu den Zinsen im Euroraum und zu der wirtschaftlichen Lage gibt. 

Anleger sollten die Lage zuerst ruhig beurteilen und nicht überstürzt handeln.

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Infos zur Zinserhöhung der EZB

Für die Europäische Zentralbank war dies daher keine einfache Zinsentscheidung, denn die Euro-Wächter müssen auch die Stabilität des Finanzsystems im Blick halten. Auf der anderen Seite hatten Notenbankchefin Lagarde und andere Währungshüter zuletzt wiederholt die Absicht bekräftigt, im Kampf gegen die hohe Inflation einen erneuten großen Zinsschritt um 0,50 Prozentpunkte zu gehen. Damit stand auch ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

Die Währungshüter bekräftigten zudem ihre Entschlossenheit, eine zeitnahe Rückkehr der Inflation auf das mittelfristige Zwei-Prozent-Ziel sicherzustellen. "Die erhöhte Unsicherheit verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig ein datengestützter Ansatz bei den Leitzinsbeschlüssen des EZB-Rats ist", hieß es weiter.

Denn die Inflation im Euro-Raum ließ zwar zuletzt leicht nach - sie sank im Februar auf 8,5 Prozent von 8,6 Prozent im Januar. Doch das Notenbank-Ziel einer Teuerung von 2,0 Prozent liegt damit immer noch weit entfernt. Zudem nahm die Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Energie - und Lebensmittelpreise ausgeklammert bleiben, im Februar auf 5,6 Prozent zu nach 5,3 Prozent im Januar. Das bereitet den Währungshütern Sorgen: Denn dies könnte Hinweise darauf geben, dass der starke Preisschub womöglich noch länger anhält als bislang gedacht.

(Mit Material von Reuters)