Auch das gehört zu den Nebenwirkungen von Covid: Viele Menschen sind dick geworden. 40 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben laut einer Umfrage der Technischen Universität München in der Pandemie deutlich zugenommen. Im Frühjahr, wenn sich das Leben normalisieren wird, dürften viele Menschen wieder stärker auf ihren Körper achten - und damit auch das Geschäft der Fitnessindustrie ankurbeln.

Besonders hart getroffen hat die Pandemie die Studios in Deutschland: Allein bis Mitte vergangenen Jahres haben sie laut Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen 25 Prozent ihrer zuvor knapp zwölf Millionen Mitglieder verloren. Der Jahresauftakt ist besonders wichtig: Rund ein Drittel der Neuanmeldungen in den Studios fällt gewöhnlich auf das erste Quartal, wenn viele Menschen mit guten Vorsätzen starten. Noch immer aber wird das Geschäft von den Corona-Restriktionen überschattet: Maskenpflicht, Abstandsregeln, Impfnachweis, in einigen Bundesländern sogar Testpflicht schrecken ab. Man könne davon ausgegangen, dass das Neujahresgeschäft das zweite Jahr in Folge entfällt, warnt der Verband.

Muntermacher

Hoffnung auf ein Comeback machen Zahlen aus den USA und Großbritannien: Weil die staatlich auferlegten Beschränkungen dort nicht so rigide sind, zeigt die Formkurve bereits wieder nach oben. Bei der amerikanischen Kette Planet Fitness brach der operative Gewinn im Jahr 2020 um fast drei Viertel ein, hat sich inzwischen aber erholt und könnte nach Einschätzung der Wall Street schon 2022 das Vorkrisenniveau übertreffen. Man gehe gestärkt aus der Krise hervor, verspricht Unternehmenschef Chris Rondeau.

Als eine der wenigen börsennotierten Fitnessketten kam Planet Fitness zuletzt mit knapp 2.200 Studios auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet 6,5 Milliarden Euro. Knapp halb so groß nach Börsenwert ist die niederländische Gruppe Basic Fit, die mit 2,2 Millionen Kunden und rund 1.000 Studios im Billigbereich positioniert ist. Auch dort hat sich das Geschäft erholt.

Fitness war schon vor der Pandemie ein großer Trend. In den USA ist die Branche in der Dekade bis 2019 im Schnitt um sechs Prozent gewachsen und damit zwei Prozentpunkte stärker als die amerikanische Gesamtwirtschaft. Die Analysten von Mizuho Securities sehen als treibende Kraft eine kulturelle Evolution: Fitness sei zu einer Lebensstil geworden und nicht mehr einfach nur Aktivität. Die Pandemie dürfte das Gesundheitsbewusstsein weiter verstärkt haben, schließlich sind Menschen mit Übergewicht besonders anfällig für einen schweren Krankheitsverlauf bei Covid.

Auch die riesige Popularität der sozialen Medien animiert zu einem gesünderen Lebensstil, weil sich junge Menschen auf Kanälen wie Instagram oft über ihr Äußeres definieren. Der Fitnesstrend dürfte also bleiben - und sich ständig weiterentwickeln: Genau wie Menschen in ihrem Job zwischen Homeoffice und Büro pendeln, werden sie auch beim Sport das klassische Fitnessstudio mit dem Heimtraining kombinieren, kalkulieren die Analysten bei der Deutschen Bank. Auch die Digitalisierung wird immer wichtiger.

Fit für die Zukunft

Das Fitnessstudio der Zukunft könnte wie Peloton sein. Die New Yorker Firma verkauft Fahrräder und Laufbänder, mit denen die Kunden zu Hause schwitzen können. Die Geräte sind mit einem Bildschirm bestückt, über den Fitnesskurse aus der Peloton-Zentrale empfangen werden können. Die Firma ist also Geräteverkäufer und Dienstleister. Durch die Pandemie hat das Geschäft einen kräftigen Schub bekommen, der aber womöglich das junge Unternehmen überfordert. Schwer abzuschätzen ist auch, wie sich die Neukunden-Akquise nach dem Corona-Schub entwickeln wird. Zuletzt hat das Management die Erwartungen der Wall Street enttäuscht. Die Aktie ist abgestürzt, eine Bodenbildung steht noch aus.

Ruhiger manövriert Garmin durch die Pandemie. Die Schweizer Firma ist als Spezialist für Smartwatches in einem lukrativen Spezialgebiet aktiv. Die mit GPS ausgestatteten Uhren sind bei Läufern und Radfahrern beliebt, weil man sein Tempo, die zurückgelegte Distanz und auch die Herzfrequenz messen kann. Fitness und Outdoor sind die beiden wichtigsten Geschäftsbereiche. Auch in der Luftfahrt, unter Wasser und in Autos ist Garmin mit seinen Produkten am Start. Ein wichtiger Wachstumstreiber könnten medizinischen Anwendungen werden. So kooperiert Garmin mit dem Medizintechniker Dexcom, um Diabetikern die Möglichkeit zu geben, ihren Blutzuckerwert zu kontrollieren. Trotz der wachsenden Konkurrenz durch Apple und Samsung haben sich die Schweizer als Premiumanbieter behaupten können. Analysten sehen Umsatzsteigerungen im hohen einstelligen Prozentbereich.

Selbst klassische Sportartikelhersteller investieren in Technologie. Die kanadische Modefirma Lululemon überraschte im Sommer 2020 durch die 500 Millionen Dollar schwere Übernahme der Techfirma Mirror. Deren Kernprodukt ist ein Spiegel, in dem neben dem Spiegelbild des Nutzers ein Fitnesstrainer eingeblendet wird, der Übungen vorführt. Der Kurstreiber der Aktie ist aber weiterhin das Geschäft mit Sportartikeln. Mehr als zwei Drittel des Umsatzes werden bei Lululemon mit Frauen und damit einem überdurchschnittlich wachsenden Bereich der Sportartikelwelt erwirtschaftet. Zuletzt aber wurde das Geschäft unerwartet stark durch die Pandemie gebremst.

Die Macht des Riesen

Die Produkte der Sportartikelindustrie dringen in den Alltag ein: Turnschuhe und Kapuzensweater sind in vielen Büros längst normal. Durch die Pandemie sei die Grenze zwischen Arbeits- und Freizeit weiter verwischt worden, die Akzeptanz für bequeme Kleidung gestiegen, konstatiert die Unternehmensberatung McKinsey. Zu den klaren Profiteuren der neuen Lässigkeit gehört Sportartikelriese Nike. Dank seines großen Marketingbudget kann der US-Konzern Topstars als Werbepartner engagieren. Und dank Internet ist deren Reichweite gigantisch: Nike-Partner Cristiano Ronaldo, im Hauptberuf Fußballprofi bei Manchester United, erreicht über Instagram 388 Millionen Follower und ist damit die klare Nummer 1 der Plattform.

Das Internet wird auch als Vertriebsplattform immer wichtiger. Ohne Zwischenhändler lassen sich so höhere Margen erzielen, zugleich können die Unternehmen viele Daten über ihre Kunden sammeln. Die Corona-Krise hat Nike abgeschüttelt. Konzernchef John Donahoe: "Wir sind in einer viel stärkeren Position als vor 18 Monaten."
 


INVESTOR-INFO

Nike

Kräftiger Riese

Das Geschäft des weltgrößten Sportartikelkonzerns leidet noch immer unter Lieferengpässen und steigenden Rohstoffkosten. Die starke Marke sollte es dem Konzern ermöglichen, die Preise seiner Produkte weiter anzuheben. Schwäche in China konnte Nike in den USA ausgleichen. In dem bis Ende Mai laufenden Geschäftsjahr dürfte der Umsatz leicht steigen, dann an Tempo gewinnen. Nike ist der Branchenriese in einem strukturellen Wachstumsmarkt. Ein Basisinvestment.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 170,00 Euro
Stoppkurs: 104,00 Euro

Garmin

Starker Spezialist

Die Schweizer Techfirma, deren Aktien auch an der amerikanischen Nasdaq gehandelt werden, hat sich in einer lukrativen Nische positioniert. Die Pandemie hat die Wachstumsstory von Garmin bestätigt. Neben dem Geräteverkauf sollten auch Dienstleistungen Wachstum bringen. Analysten trauen Garmin jährliche Gewinnsteigerungen von etwas mehr als zehn Prozent zu. Die aktuelle Kursschwäche ist eine Einstiegsgelegenheit.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 150,00 Euro
Stoppkurs: 99,00 Euro

Planet Fitness

Schnelles Comeback

Die US-Firma bewegt sich in einem wachsenden, aber auch umkämpften Markt. Die Mitgliedsbeiträge bei Planet Fitness beginnen bei zehn Dollar im Monat. Nach dem Corona-Absturz hat es das Unternehmen in den ersten neun Monaten 2021 zurück in die Gewinnzone geschafft. Laut Bloomberg sehen 70 Prozent der Analysten die Aktie als Kaufgelegenheit. Wegen der geringen Umsätze an deutschen Börsen nur mit Limit ordern.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 98,00 Euro
Stoppkurs: 59,00 Euro