€uro am Sonntag: Herr Niehage, führen Sie beide Broker zu einem zusammen?
Frank Niehage: Nein, wir lassen beide Broker mit ihren jeweiligen Markennamen bestehen. Sie bleiben zwei Firmen - eine mit Lizenz in den Niederlanden und eine mit Lizenz in Deutschland. Unser Ziel ist es, Kunden beider Anbieter das Beste aus beiden Welten anzubieten.

Wie hat man sich das vorzustellen?
Wir schaffen für Degiro und Flatex eine übergreifende europäische Plattform; ein Kunde kann dann wählen, welche Angebote welchen Brokers er nutzt. Ein Beispiel: Degiro-Kunden können derzeit die Erlaubnis erteilen, ihre Wertpapiere zu verleihen und damit Leiheerträge erzielen. In Deutschland geht das bisher nicht. Ein Flatex-Kunde soll das künftig ebenfalls können. Oder er nutzt den Futures- und Optionshandel von Degiro.

Und wie profitieren Degiro-Kunden?
Sie sollen zum Beispiel über Flatex sowohl börsennotierte Investmentprodukte (Exchange Traded Products) handeln dürfen als auch das sogenannte Late Trading nutzen können.

Kurz nach der Ankündigung der Übernahme hat Flatex Depotgebühren von 0,1  Prozent und höhere Handelsplatzentgelte ab März bekannt gegeben. Das freut die Konkurrenz, aber nicht die Kunden.
Gebührenerhöhungen sind zwei Monate im Voraus anzukündigen. Bisher noch nicht bekannt ist, dass wir ebenfalls zum März einige Gebühren deutlich senken. So streichen wir die Provision je Dividendenzahlung von 5,90 Euro, ferner reduzieren wir die Gebühren für den Handel an Auslandsbörsen von 15,90 Euro auf 5,90 Euro. Wir führen zum 1. März einen sogenannten VIP-Club für unsere besten Kunden ein. Neben anderen Vergünstigungen wie null Depotgebühren berechnen wir diesen Kunden auch keine Negativzinsen.

Eine Plattform - zwei Broker: Übernahme» Flatex will paneuropäischen Onlinebroker formen


Mit der Übernahme des niederländischen Brokers Degiro, der auch in Deutschland eine bekannte Größe ist, möchte sich Flatex zum führenden bankenunabhängigen europäischen Onlinebroker entwickeln - mit kompletter Wertschöpfungskette unter einem Dach, Präsenz in 18 europäischen Ländern, einer Million Kunden und mehr als 35 Millionen Transaktionen im Jahr 2020. Die niederländische Aufsicht muss die Transaktion noch genehmigen.

Marken und Angebote von Flatex und Degiro sollen nebeneinander bestehen bleiben, aber über eine Plattform vernetzt werden, so Flatex-Chef Frank Niehage (siehe Interview rechts). Kunden sollen von Angeboten beider Broker profitieren. Durch verbesserte Konditionen bei Produktanbietern, Handel und Abwicklung und IT-Einsparungen erwartet Niehage Synergien von 30 Millionen Euro pro Jahr. Mittelfristig strebt der Kombi-Broker Erlöse von 300 Millionen Euro, ein Vorsteuer-ergebnis (Ebitda) von 150 Millionen Euro und einen Gewinn je Aktie von drei Euro an. Damit sieht Niehage Flatex auch gegenüber den neu gestarteten Null-Euro-Brokern gut aufgestellt.