Die Papiere des Gesundheitskonzerns Fresenius zählten in den vergangenen Jahren zu den Basisinvestments, die aufgrund ihres defensives Charakters auch in schwierigen Zeiten meist besser liefen als der Gesamtmarkt. Doch das Image hat 2018 gelitten: Während der DAX rund 18 Prozent verlor, sackte der Fresenius-Kurs um mehr als 30 Prozent ab.

Das schwebende Gerichtsverfahren um die abgesagte Akorn-Übernahme und die zweifache Prognosereduzierungen sorgten für schlechte Stimmung. Auch jetzt sieht das technische Bild unverändert angeschlagen aus: Während der DAX seine 200-Tage-Linie hinter sich gelassen hat, steht die Fresenius-Aktie noch deutlich unter dem stark beachteten Mittelwert. Klarer könnte die relative Schwäche kaum ausfallen. Mit aktuell 50 Euro kostet der Blue Chip so viel wie Anfang 2015 - für langjährige Aktionäre eine miese Bilanz, zumal die Dividendenrendite von 1,6 Prozent mager ausfällt. Doch es lohnt sich, gerade jetzt genauer hinzuschauen, der Blick in die Zukunft stimmt durchaus optimistisch.

Biosimilar-Geschäft als Hoffnungsträger


So ist die Akorn-Übernahme nun endgültig vom Tisch und stellt keinen Risikofaktor mehr dar. In der Gesundheitsholding ist der Fokus auf die Lösung der Probleme bei Helios und FMC gerichtet. Die Krankenhaussparte Helios verzeichnete bereits im vierten Quartal ein starkes organisches Umsatzwachstum, für 2019 werden zwei bis fünf Prozent erwartet. Mittelfristig wird die gute Entwicklung in Spanien die Belastungen aus dem unverändert schwierigen regulatorischen Umfeld in Deutschland aber kaum kompensieren können.

Mehr Fantasie bietet der Wachstumsmotor Kabi. Der Teilkonzern ist Marktführer für Infusionstherapien und klinische Ernährung in Nordamerika, Europa und weiteren Ländern. Vor zwei Jahren kaufte Fresenius das Biosimilars-Geschäft von Merck KGaA. Darin enthalten sind eine mittlere bis hohe einstellige Zahl an Wirkstoffen. Dank des erwarteten Volumenwachstums wird für 2019 ein Umsatz- und Ebit-Wachstum von drei bis sechs Prozent in Aussicht gestellt.

Auf Konzernebene sieht es hingegen kurzfristig nicht so berauschend aus. Den bisherigen Planungen zufolge ist für das erste Halbjahr nur eine verhaltene Geschäftsentwicklung realistisch, die Zahlen für die ersten drei Monate gibt es am Donnerstag. Neben der Bilanz werden Investoren darauf achten, ob wie bisher erhofft die Erträge ab dem Sommer wieder anziehen.

Starke Aussichten


Fresenius-Chef Stephan Sturm geht davon aus, dass auf Sicht von fünf Jahren im Jahresdurchschnitt der Umsatz um rund 1,5 bis zwei Mrd. Euro steigen wird. Aus eigener Kraft wäre so ein Umsatz von 40 Mrd. Euro möglich. Größere Zukäufe soll es in diesem Jahr nicht geben, Fresenius fokussiert sich auf das Kerngeschäft. Die mittelfristige Guidance für 2020 bis 2023 sieht eine organische, durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von vier bis sieben Prozent beim Umsatz und fünf bis neun Prozent beim Nettogewinn vor. Basis für das überproportional höhere Wachstum bilden Initiativen zur Effizienzsteigerung und die angepeilte Gewinnschwelle der Biosimilars-Aktivitäten von Fresenius Kabi.

Natürlich dürfen auch die Risiken nicht ausgeblendet werden. Etwa die Hälfte des Umsatzes entfallen auf Nordamerika, zehn Prozent auf Asien, gut 40 Prozent auf Europa. Währungsschwankungen sind somit ein wichtiges Thema. Zudem ist immer wieder mit staatlichen Eingriffen in den Gesundheitsbereich und Änderungen in der Kostenerstattung zu rechnen. Auch Akquisitionen sind nicht nur als Chance zu sehen. Oft gibt es keine geeigneten Ziele oder es besteht die Gefahr, dass ein zu hoher Preis gezahlt wird.

Aus Bewertungssicht eröffnet die Kursschwäche der Aktie dennoch interessante Perspektiven. So liegt das 2020er-KGV nur bei 14, verglichen mit einem Faktor von etwa 23 im Branchendurchschnitt. Sollte auch die Visibilität mit Blick auf die künftige Ertragskraft wieder steigen, wäre dies ebenfalls positiv. Mit der Aussicht auf nachhaltiges Wachstum steigen die Chancen, dass die Aktie ihr Nachholpotenzial ausschöpft.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 60,00 Euro
Stopp: 39,00 Euro

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. www.index-radar.de