Angestellte kehren ins Büro zurück, Konsumenten wagen sich in die Einkaufszentren vor, und Genießer lassen es sich bei ihrem Lieblingsitaliener schmecken: Die allmähliche Rückkehr zur Normalität nach dem Lockdown freut nicht nur Arbeitgeber, Handel und Gastronomie. Aufatmen können auch die Vermieter von Büros, Läden und Wirtshäusern.

Gleichwohl kommen Immobilienwerte mit dem Schwerpunkt Gewerbeliegenschaften an der Börse nach dem Corona-Ausverkauf nur schwer in die Gänge. Die schwächere Entwicklung gegenüber dem breiten Markt hat zwei zentrale Ursachen: Zum einen kämpfen die Betreiber von Einkaufszentren und Hotels mit Mietausfällen, zum anderen stellt die durch Corona ausgelöste Homeoffice-Bewegung eine Bedrohung für den Büromarkt dar.

Im letztgenannten Bereich droht ein Dämpfer auf hohem Niveau. Bei seit Jahren steigenden Mieten sind kaum Büroflächen frei. Das gilt insbesondere für deutsche Großstädte: In Berlin, München und Hamburg lagen die Leerstandsquoten zuletzt deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Hinzu kommt, dass gerade das Gewerbesegment in Zeiten notorischer Nullzinsen noch immer passable Renditen abwirft (siehe "Auf einen Blick").

Bei den Immobilienaktien kommen die mit Corona einhergehenden Unsicherheiten in markanten Bewertungsabschlägen zum Ausdruck. Eine zentrale Kennziffer für den Sektor ist der Net Asset Value, zu Deutsch Nettoinventarwert (NAV). Er steht für den Portfoliowert respektive das ökonomische Eigenkapital einer Immobiliengesellschaft. Natürlich geht die Krise auf die Substanz. Doch bei einer Reihe von Immobilienunternehmen könnte der Discount zu hoch ausfallen. Zusammen mit den attraktiven Liegenschaften spricht dieser Umstand für steigende Kurse.

Virtuelle Konferenz

Vorsichtigen Optimismus verbreiteten mehrere Sektorvertreter zuletzt bei einer von Kepler Cheuvreux organisierten Investorenkonferenz. Im Bürobereich sei kein struktureller Nachfrageeinbruch wegen des Homeoffice-Booms zu befürchten, lautet ein Fazit von Kepler-Analyst Thomas Neuhold. Zwar sei die Situation im Einzelhandel weiterhin fragil. "Doch momentan sieht es besser aus, als vor einigen Wochen befürchtet", berichtet der Experte von der Veranstaltung. Zu den Teilnehmern zählte unser Favorit Aroundtown. Ein Hauptaugenmerk der Gesellschaft liegt auf Büroimmobilien. Die schwerpunktmäßig in Berlin, Frankfurt und München angesiedelten Liegenschaften steuern knapp die Hälfte zum Portfolio bei. Während Aroundtown hier im April kaum Mietausfälle zu beklagen hatte, musste das Unternehmen der Hotellerie - Portfolioanteil 23 Prozent - im Lockdown mit Mietstundungen unter die Arme greifen. Langsam kehren wieder Gäste in die von namhaften Adressen wie etwa Hilton, Marriott oder Radisson betriebenen Häuser zurück. Für die Aroundtown-Aktie gibt es bislang kein überzeugendes Comeback: Obwohl der Mid Cap die Tiefststände hinter sich lassen konnte, notiert er mehr als ein Drittel unter dem NAV.

Mit 22 Prozent fällt der Abschlag von Alstria Office Reit relativ gering aus. Das Unternehmen vermietet in Deutschland eine auf 112 Gebäude verteilte Gesamtfläche von 1,5 Millionen Quadratmetern. Neben dem Firmensitz Hamburg sind Düsseldorf und Frankfurt operative Zentren von Alstria. Knapp die Hälfte der Einnahmen kommt von der öffentlichen Hand sowie von Großunternehmen. Hier hatte Alstria zunächst keine Corona-bedingten Ausfälle zu beklagen. Zu Stundungen kam es indes bei Restaurants, Einzelhändlern und Hotels, sie zählen aber zur kleinsten Mietergruppe.

Trotz sinkender Umsätze plant das Management beim operativen Ergebnis 2020 ein moderates Wachstum. Neben der Gefahr, dass die Prognose nicht hält, ist die relativ hohe Leerstandsquote von 8,1 Prozent ein Manko des Reits. Da Pro-Argumente wie eine Eigenkapitalquote von 63 Prozent oder die Dividendenrendite von 3,8 Prozent solche Risiken überlagern, raten wir zum Kauf des Mid Caps. Mit stattlichen 9,1 Prozent verzinst sich die erwartete 2020er-Ausschüttung von Deutsche Euroshop. Allerdings ist die Voraussetzung hierfür, dass der Betreiber von Einkaufszentren die Dividendenzahlung nach der aktuellen Nullrunde wieder aufnimmt. Mit der Aussetzung der Gewinnbeteiligung für 2019 hat sich das Unternehmen finanziellen Spielraum in der Krise verschafft. Eine generelle Abkehr von der Politik stetig wachsender Dividenden beabsichtigt Vorstandschef Wilhelm Wellner aber nicht.

Wieder Lust auf Shopping

Im Lockdown sind die Umsätze von Deutsche Euroshop um bis zu zwei Drittel der möglichen Einnahmen aus Mieten, Nebenkosten und Werbebeiträgen geschrumpft. Allen Unkenrufen zum Trotz zieht es die Shoppingfans aber nach den Lockerungen der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wieder in die insgesamt 21 Einkaufszentren des Konzerns: Anfang Juni lag die Besucherfrequenz laut Wellner im Schnitt bereits bei rund 73 Prozent des Vorjahresniveaus. Aus unserer Sicht notiert das SDAX-Mitglied viel zu weit unter dem NAV.

Gleiches gilt für DIC Asset. Neben den Liegenschaften im Eigenbestand verwaltet das SDAX-Mitglied Immobilien im Auftrag institutioneller Kunden. Die zweigleisige Strategie hilft in der Krise: Die Frankfurter halten sowohl an der Prognose wie auch am Dividendenvorschlag für die am 8. Juli anstehende Hauptversammlung fest. wolfgang hagl