Fielmann, 1939 kurz nach Kriegsbeginn geboren, wuchs in dem Dorf Stafstedt in Schleswig-Holstein auf. Sein Vater war Oberstudiendirektor an einer Berufsschule, seine Mutter Hausfrau. Bereits früh zeigte er unternehmerisches Geschick und verdiente mit einer kleinen Fischzucht sein erstes Geld. Sein Vater hielt jedoch nichts von den merkantilen Ambitionen seines Sohnes und zwang ihn, sich voll auf die Schule zu konzentrieren. "Der Junge sollte auch keine Gedanken an schöne Dinge verschwenden. Nicht jeder könne sich Schlittschuhe oder ein Fahrrad leisten, argumentierte der gestrenge Mann, also durfte Günther Fielmann auch keine haben", schrieb das "Manager Magazin" in einem Porträt über den Unternehmer. Vielleicht erklärt dies, warum Fielmann sich später als Milliardär viele "schöne Dinge" leistete - wie Ferraris, teure Antiquitäten, ein Schloss oder Herrengüter. Schon als Junge liebte er die Natur seiner norddeutschen Heimat. Gemeinsam mit seiner Mutter zog er mit der Botanisiertrommel los, presste und ordnete Blumen. Eigentlich wollte Günther Fielmann Fotograf werden. Sein Vater aber, ganz preußischer Beamter, zwang ihn, "etwas Vernünftiges" zu lernen und drängte ihn, eine Ausbildung als Optiker zu machen. Letztlich die richtige Wahl, wie Fielmann später zugab. Er bestand die Prüfung mit Auszeichnung - sein Gesellenstück, eine prämierte Brille, verkaufte er gleich einem Kollegen - und besuchte anschließend die Meisterschule in Berlin. Die schillernde Stadt an der Spree -das war nach der dörflichen Enge seiner Jugend das Tor zu neuen Erfahrungen.

Fielmann hatte eine Freundin in Ost-Berlin, lebte ein flottes Leben, fuhr schicke Cabrios und begeisterte sich für linke Ideen. "Ich hatte in den 60er-Jahren meine revolutionäre Phase, Che Guevara und Karl Marx waren Leitbilder", gestand er in einem Interview der "Euro am Sonntag". Und er las Bücher des englischen Philosophen und Nobelpreisträgers Bertrand Russell, eine der Ikonen des Pazifismus. Die sozialistische Realität, die er in der DDR erlebte, enttäuschte ihn jedoch zunehmend. Er bekam an der innerdeutschen Grenze Schwierigkeiten, vor allem mit dem Zoll wegen seiner verbotenen Mitbringsel.

Fielmann arbeitete nach der Meisterprüfung in Hamburg als Handelsvertreter für die Optikkonzerne Essilor und Bausch & Lomb. Er erzielte Top-Umsätze, aber glücklich wurde er dabei nicht, und er überlegte, sich selbstständig zu machen. Er wusste, wie günstig Fassungen und Brillengläser im Großhandel waren und wie dreist die Optiker mehrere Hundert Prozent aufschlugen. Mit deutlich attraktiveren Preisen, so seine Überlegung, würde er schnell erfolgreich sein.

Der erste Brillen-Laden

1972 eröffnete er im Alter von 33 Jahren seinen ersten Laden im niedersächsischen Cuxhaven. Fielmann begnügte sich mit deutlich geringeren Margen, schaltete den die Gewinne belastenden Zwischenhandel aus und gab den Kunden Garantien. Das Unternehmen wuchs schnell. Zwei Jahre später hatte Fielmann bereits sieben Geschäfte. Neueröffnungen wurden gelegentlich zu spektakulären PR-Happenings, zum Beispiel mit einem Elefanten, der eine Brille trug.

Die Branche attackierte den Preisbrecher mit allen - auch illegalen - Mitteln. Fensterscheiben wurden eingeworfen, Türen wurden zugeklebt, Container vor seinem Geschäft brannten, es gab Lieferboykotte, Mitarbeiter wurden bedroht, die Konkurrenz überzog ihn mit Wettbewerbsklagen, man schmähte seine Brillen als Ramsch. "Aber die Menschen kamen zu mir, ich hatte immer viele Kunden." Der endgültige Durchbruch kam 1981. Fielmann handelte den Krankenkassen die Kassenbrille ab: Es standen damals lediglich sechs unattraktive Gestelle zur Auswahl, er ersetzte sie durch eine breite Palette von modischen Modellen, die er ohne Zuzahlung (Werbeslogan: Zum Nulltarif) anbot. "Die Kassenbrille von damals mit ihrem ‚Honecker-Image‘ empfand ich als ungerecht", erinnert sich Fielmann. "Wer sich eine teure Feinbrille nicht leisten konnte, trug sozusagen den Nachweis seines niedrigen Einkommens per Sozialprothese auf der Nase."

Die Konkurrenz überschüttete ihn daraufhin mit Häme: "König der Kassenbrille", "Rächer der Bebrillten", "Robin Hood der Fehlsichtigen". Fielmann kämpfte, die Attacken spornten ihn an: "Wenn die Branche mich in den Anfangsjahren nicht so hart angegangen wäre, dann wäre ich vielleicht so ein Optiker mit fünf, sechs Filialen geworden."

1988 heiratete er die 29 Jahre jüngere Kunst- und Germanistikstudentin Heike Eggert, die sich bei ihm als Fotomodell für Brillen beworben hatte. Aus der Ehe - das Paar trennte sich nach zwölf Jahren - gingen sein Sohn Marc und seine Tochter Sophie-Luise hervor. Marc folgte ihm 2019 als Chef nach, Sophie-Luise studierte Psychologie.

Um die Expansion der Firma zu finanzieren, entschied sich Fielmann 1994 zum Gang an die Börse. Er behielt 71 Prozent der Firma, fast alle seine Angestellten hielten Mitarbeiteraktien. Er hatte zwar zum Börsengang ein klar gegliedertes Management etabliert. Aber die wichtigsten Entscheidungen traf er noch immer selbst. Auch wenn es darum ging, welche Brillenfassungen in die Läden kamen.

"Das Leben auf dem Land hat mich geprägt", sagt Fielmann. "Schon als Kind träumte ich von einem Bauernhof." Später erfüllte er sich diesen Jugendtraum und kaufte der Verlegerwitwe Friede Springer den Herrensitz Gut Schierensee unweit von Kiel ab. Er betreibt ökologischen Landbau, züchtet dort und auf zwei weiteren Höfen Rinder und Pferde und rettet vom Aussterben bedrohte Tierarten. Anfang 2002 errichtete er ein eigenes Produktions- und Logistikzentrum in Rathenow und kaufte Schloss Plön in Schleswig-Holstein als Ausbildungsstätte.

Wie verträgt sich sein Engagement für die Umwelt mit seiner Leidenschaft für Ferraris? "Ein wenig Unvernunft darf sein", erklärt er. "Der Ferrari ist eine Urgewalt, und eine schöne dazu. Mein positives Karma sammle ich im Umweltschutz. Wir pflanzen für jeden Mitarbeiter jedes Jahr einen Baum."

Das Vermögen von Günther Fielmann und seiner Familie schätzte das Magazin "Forbes" im Jahr 2020 auf 5,7 Milliarden US-Dollar. Der von Fielmann kreierte PR-Slogan "Brille: Fielmann" ist in Deutschland längst zu einem geflügelten Wort geworden.

Heute führt Sohn Marc Fielmann als Vorstandsvorsitzender die Geschäfte von Deutschlands größter Optikerkette.