Der Kursverlauf sieht nach einem gigantischen Produktflop aus. Den hat es aber so nicht gegeben. Im Gegenteil: Vor gut einem Jahr gelang zusammen mit Partner Incyte die Zulassung des Krebsmittels Monjuvi durch die US-Gesundheitsbehörde FDA in einer Zweitlinientherapie. Dass Investoren der Firma ihr Vertrauen entzogen haben, liegt vielmehr an zwei Gründen. Zum einen haben die Verkäufe von Monjuvi die Erwartungen noch nicht erreicht. Den Todesstoß versetzte aber der umgerechnet 1,4 Milliarden Euro schwere Kauf der US-Biotech-Firma Constellation. Die Investoren erhofften bei Morphosys bald ordentliche Gewinne. Das ist jetzt auf Jahre verschoben. Der Frust ist deshalb verständlich. Die Börsenreaktion auch?

Wer die Bausteine der Milliardenflops analysiert, könnte auf die Idee kommen, dass es zu einer Übertreibung gekommen sei. Incyte zahlte 2020 beim Einstieg in die Partnerschaft zur Entwicklung und für Vertriebsrechte an Monjuvi rund 750 Millionen Euro. Das enthält aber nur 50 Prozent der Erlöse des lukrativen US-Markts, zudem müssen noch Umsatzbeteiligungen für andere Regionen gezahlt werden. Für weitere Zulassungsfortschritte können noch Meilensteinzahlungen von 900 Millionen Euro fällig werden.

Fazit: Monjuvi könnte den aktuellen Börsenwert von Morphosys von 1,4 Milliarden Euro abdecken. Dazu gäbe es Constellation gratis. Die Firma hat zwei Mittel in fortgeschrittener Entwicklung, eines in Phase III der klinischen Tests. Gerade zahlte Pharmariese Pfizer für Trillium Therapeutics 1,9 Milliarden Euro. Der Onkologiespezialist hat keinen Wirkstoff in einer späteren Testphase. So gesehen, könnte der Constellation-Kaufpreis preiswert gewesen sein. Es würde nicht wundern, wenn auch andere beginnen nachzurechnen. So dürfte es sich für Incyte lohnen, Morphosys komplett zu kaufen.

Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.