Der Chemikalienhändler Brenntag will für insgesamt bis zu 750 Millionen Euro eigene Aktien zurückkaufen. Die Käufe sollen noch im März beginnen. Börsianer sind erfreut. Es könnte aber noch besser werden.

Der im DAX notierte Chemikalienhändler Brenntag will eigene Aktien im Volumen von bis zu 750 Millionen Euro zurückkaufen. Auf Basis eines Kursniveaus von 71,58 Euro je Aktie entspricht das rund 6,8 Prozent des Grundkapitals. Die Käufe sollen bereits im März beginnen und innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein. Weitere Details werden vor dem Start des Aktienrückkaufprogramms veröffentlicht. Am Aktienmarkt kamen die Pläne gut an. Der Titel legte an der Börse leicht zu.

Neue Fantasie in der Aktie

Dass Brenntag Aktien zurückkauft, hatten auch aktivistische Investoren bereits gefordert. So hatte schon vor geraumer Zeit das britische Investmenthaus Primestone Capital einen Aktienrückkauf vorgeschlagen. In Summe seien nach Ansicht von Primestone Capital 2,5 Milliarden Euro möglich, was rund ein Viertel des Börsenwerts ausmachen würde. Allein durch diese Transaktionen könne Brenntag den Gewinn pro Aktie um mehr als ein Fünftel steigern, prognostizierte Primestone.

Abspaltung gefordert

Wichtiger als der Aktienrückkauf war jedoch der Vorschlag, das Geschäft in zwei Teile zu zerlegen: In Grundchemikalien und Spezialitäten. Neben Brenntag soll ein zweiter Bereich an die Börse gebracht werden. Ziel dieser Transaktionen sei es, so argumentierte Primestone damals, dass das höhere Wachstumspotenzial bei Spezialitäten einen höheren Bewertungsmultiplikator an der Börse ergeben würde. Würde die Gesellschaft dieser Agenda folgen, könnte die Aktie innerhalb von drei Jahren bei 150 bis 170 Euro notieren. Aktuell notiert die Aktie bei etwas mehr als 70 Euro.

Nun ist zudem ein neuer Investor an Bord. Der angelsächsische Aktivist Engine Capital hat sich mit rund einem Prozent am DAX-Unternehmen beteiligt und verlangt ebenfalls den vollen Fokus auf die Abspaltung der Spezialitätensparte. Nach Ansicht von Engine könnte diese Maßnahme den Aktienwert verdoppeln. Aufgrund des Konglomeratsabschlags werde die Spezialitätensparte als Teil des Essener Konzerns „nicht den gleichen Bewertungsmultiplikator erzielen wie andere reine Spezialitätenunternehmen“, argumentieren die Engine-Capital-Partner Arnaud Ajdler und Brad Favreau.

Höhere Dividende und verhaltener Ausblick

Brenntag hat ungeachtet des schwierigen makroökonomischen Marktumfelds im Jahr 2022 den Gewinn erhöht, allerdings nicht so stark wie erwartet. Die Zielvorgaben für das Gesamtjahr wurden aber komfortabel erreicht. Der Blick auf das laufende Jahr fällt wegen des anhaltend schwierigen Geschäftsumfelds verhalten aus. Der Vorstand des DAX-Konzerns hält einen Gewinnrückgang für möglich. Im Vorjahr erwirtschaftete Brenntag einen Umsatz von 19,4 Milliarden Euro, ein Plus von 27,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Rohertrag stieg im Vergleich zum Vorjahr um 20,3 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro. Brenntag erwirtschaftete zudem ein operatives EBITDA von 1,81 (Vorjahr: 1,34) Milliarden Euro. Das Ergebnis je Aktie lag bei 5,74 (2,90) Euro. Analysten hatten ein operatives EBITDA von 1,85 Milliarden Euro und ein Ergebnis je Aktie von 6,26 Euro prognostiziert. Der Dividendenvorschlag liegt indes bei zwei Euro je Aktie und ist höher als im Jahr zuvor mit 1,45 Euro je Aktie.

Im laufenden Jahr rechnet der Chemikalienhändler angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einem operativen EBITDA zwischen 1,6 und 1,8 Milliarden Euro. Der Marktkonsens liegt aktuell bei 1,68 Milliarden Euro. Diese Einschätzung berücksichtigt die Ergebnisbeiträge der bereits abgeschlossenen Akquisitionen und geht davon aus, dass die Wechselkurse auf dem Niveau zum Zeitpunkt von Ende Februar stabil bleiben.

Aktie bleibt Favorit von BÖRSE ONLINE

Trotz des eher verhaltenen Ausblicks in das laufende Jahr bleibt die Aktie kaufenswert und ein Favorit von BÖRSE ONLINE. Die größte Kursfantasie liegt unserer Meinung nach in einer Aufspaltung. Nach dem Einstieg des Investors Engine ist es nicht unwahrscheinlich, dass weitere Aktivisten
in den kommenden Monaten aufspringen, zumal Brenntag mit seiner strategischen Neuausrichtung schon die ersten Schritte für eine Aufspaltung vollzogen hat. Die Aktie ist unserer Meinung ein klarer Kauf. Kursziel: 100 Euro, Stoppkurs: 54 Euro.

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